Sky mahnte unberechtigt ab

Der Sender behauptete Exklusivrechte an einer "öffentlichen Wahrnehmbarmachung" von Zweitliga-Fußballspielen, die er gar nicht hat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wer teuer abmahnt und dazu Rechte behauptet, die er tatsächlich gar nicht hat, der hat in Deutschland in der Praxis bislang kaum negative Konsequenzen zu fürchten. Dieser seit Jahrzehnten ignorierte gesetzgeberische Handlungsbedarf zeigt sich nicht nur bei halbseidenen Firmen und Kanzleien, sondern auch bei solchen, die einen eher bekannten als berüchtigten Namen haben: Aktuelles Beispiel ist der Pay-TV-Anbieter Sky, für den eine Anwaltskanzlei in den letzten Wochen "rund 100" deutschen Gaststätten Unterlassungserklärungen zuschickte, in denen sich diese unter Androhung einer hohen Vertragsstrafe verpflichten sollten, keine Live-Spiele der Zweiten Fußball-Bundesliga mehr in ihren Schankräumen laufen zu lassen.

Die dort gezeigten Zweitligaspiele liefen zwar gar nicht auf Sky, sondern im kostenlosen Sender Sport1, der zur Constantin Medien AG gehört - aber die Anwälte behaupteten trotzdem, ihr Auftraggeber sei Exklusivrechteinhaber für die "öffentliche Wahrnehmbarmachung". Deshalb sollten die Wirte Schadensersatz in (mindestens teilweise) vierstelliger Höhe leisten. Bemerkenswert daran war das Angebot, dass sich diese Forderung verringern würde, wenn ein Wirt ein Sky-Abonnement abschließt.

Stadion des Zweitligavereins FC Ingolstadt. Foto: Public Domain.

Die Abmahnungen kamen manchen Wirten ausgesprochen seltsam vor – und tatsächlich musste Sky mittlerweile zugeben, dass sie unberechtigt versandt wurden, weil der Sender gar keine Exklusivrechte für die "öffentliche Wahrnehmbarmachung" von deutschen Zweitliga-Fußballspielen hat. Die im Zusammenhang mit den Forderungen gemachte gegenteilige Behauptung sei – so Sky - auf einen "Fehler" von Juristen zurückzuführen, über dessen Zustandekommen man sich gegenüber Telepolis nicht näher äußern möchte, weil es dabei um "komplexe" und "teilweise vertrauliche" Vertragsdetails gehe.

Darüber, wie viele Unterlassungserklärungen bislang unterzeichnet eingingen, hat der Pay-TV-Sender angeblich keinen Überblick, verspricht aber, dass diese als "gegenstandslos" betrachtet würden. Bereits geleistete Schadensersatzzahlungen würden zurückerstattet und Abonnements, die auf eine rechtswidrige Abmahnung hin abgeschlossen wurden, könnten Wirte "sofort auflösen".

Die Betroffenen, denen man möglicherweise einige schlaflose Nächte bescherte, könnten in den nächsten Tagen mit einer Kontaktaufnahme und einer Entschuldigung rechnen. Außerdem wolle man ihnen eine individuell gestaltete "Wiedergutmachung" anbieten, über die man nichts Näheres sagen will. Auch nicht dazu, ob es sich vielleicht um ein Angebot für ein Sky-Abonnement handelt.

Die Adressen der Wirte hatte der Sender aus Kontrollen, von denen er jährlich etwa 100.000 durchführen lässt, um Gastronomen zu ermitteln, die Sky-Programme ohne ausreichende Lizenz ausstrahlen. Diese Lizenzen für Gastwirte sind mit meist mehreren Hundert Euro im Monat deutlich teurer als Abonnements für Privatkunden. Im letzten Jahr veränderte Sky sein Preismodell außerdem so, dass eine Gaststätte um so mehr zahlen muss, je größer ihr Besucherpotenzial geschätzt wird.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.