"Agent-Orange-Pflanzen" vor Zulassung

In den USA sollen genveränderte Soja- und Maissorten auf den Markt kommen, die gegen 2,4-D resistent sind

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Die Entwicklung der genveränderten Pflanzen, die immun gegen bestimmte Herbizide, vor allem Glyphosat, sind, ist längst in das vorhersehbare Stadium eingetreten, dass sich Immunität auch bei den bekämpften "Unkräutern" ausbreitet und immer mehr Gift eingesetzt werden muss, um die Ernten zu garantieren. Gegen das biologische Wettrüsten trat die Gentech-Industrie mit der Entwicklung multiresistenter Genpflanzen an (EU-Kommission lässt die umstrittene Maissorte SmartStax als Futter- und Lebensmittel zu). Und nun stehen Pflanzen in den USA und in der EU zur Genehmigung an, die gegen das Herbizid 2,4-D (Dichlorphenoxyessigsäure) resistent sind, ein Bestandteil des Giftcocktails und Entlaubungsmittels Agent Orange, das die Amerikaner mit verheerenden Folgen für die Menschen im Vietnamkrieg eingesetzt hatten.

Sojapflanzen. Bild: Usda.gov

Gerade erst hat das Bundesinstitut für Risikobewertung im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung trotz mancher Studien (Gier, Gift und kranke Kinder) eine industriefreundliche Entwarnung für Glyphosatz (RoundUp) gegeben. Es gebe "keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat bei den Versuchstieren. Sie geben auch keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte, insbesondere der täglich duldbaren Aufnahmemenge (ADI) wesentlich zu verändern. Bestehende Rückstandshöchstgehalte sind nach wie vor sicher für Verbraucher. "

Ähnliches wird nun auch für 2,4-D befürchtet, gegen das eine Mais- (DAS-40278-9) und zwei Sojasorten (DAS-68416-4 und DAS-44406-6) von Dow Agrosciences resistent sind – zudem gibt es eine Resistenz gegen Glyphosat, möglicherweise auch gegen das Herbizid Quizalofop. Eine Genehmigung dieser wieder multiresistenten "Enlist"-Sorten würde auf jeden Fall bedeuten, dass größere Mengen des Herbizids 2,4-D eingesetzt werden. Das Herbizid wird in den USA jetzt schon immer mehr eingesetzt.

Introducing Enlist™ — a new weed control system featuring Enlist Duo™ herbicide plus innovative traits that provide tolerance in Enlist corn and soybeans. It’s a highly effective solution to modern weed control challenges. Only Enlist Duo™ herbicide, featuring Colex-D™ Technology, includes glyphosate and 2,4-D choline for exceptional performance on hard-to-control weeds plus two modes of action for superior resistance management. It’s protection of what’s important–plus advanced flexibility, convenience and drift control

Dow Agrosciences

Das US-Landwirtschaftsministerium hat schon signalisiert, die Enlist-Sorten zulassen zu wollen, wie dies in Kanada bereits im Oktober 2013 geschehen ist. Zwar räumt es ein, dass es auch hier wieder zur Resistenzbildung kommen wird, aber weil es schon so viel verwendet würde, könne man dies letztlich sowieso nicht mehr verhindern. Die Sorten hätten zudem den Vorteil, dass die Bauern nicht nur ein Herbizid einsetzen müssen, sie könnten also abwechselnd Glyphosat und 2,4-D verwenden, was die Immunität zumindest langsamer ansteigen ließe. Allerdings erfolgt vor der Zulassung, die spätestens bis Sommer erwartet wird, auch noch eine Prüfung der US-Umweltschutzbehörde EPA. Verbote sind nach vorhergehenden Prüfungen nicht zu erwarten.

Agent Orange soll deswegen toxisch für Menschen gewesen sein, weil es neben 2,4-D noch das Herbizid 2,4,5-T enthielt. Und weil dieses mit Dioxin kontaminiert war, sei Agent Orange für Menschen gefährlich gewesen, 2,4-D stelle hingegen, so die Befürworter, kein Gesundheitsrisiko dar. Allerdings enthält auch 2,4-D Spuren von Dioxin.

Das geht auch aus einem gestern von Testbiotech, GeneWatch UK und dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Europa veröffentlichten Bericht hervor, der in Auftrag gegeben wurde, weil auch in der EU Anträge auf Zulassung gestellt wurden. Er zeige, so Hans Muilerman von PAN Europa, dass "in manchen Mischungen von 2,4-D immer noch Dioxin gefunden werden" kann. Überdies würden Studien belegen, dass 2,4-D "Geburtsschäden und Erbgutveränderungen verursachen sowie hormonell wirksam sein kann".

Problematisch sei nicht nur, dass mit einer Zulassung der genveränderten Sorten mehr 2,4-D gespritzt werde, sondern auch, dass das Herbizid in vielen verschiedenen Mischungen angeboten wird, die nicht alle geprüft worden sind. So seien 2,5-Herbizide beispielsweise in Australien gefunden worden, die hohe Mengen an Dioxin enthalten. Die Risiken für Mensch und Umwelt würden bislang jedenfalls unterschätzt, so auch die Aufnahme über die Haut beim Verspritzen des Herbizids. Zwingend sei, dass das Herbizid kein Dioxin enthalten darf. Vor einer Zulassung müssten die Risiken umfassender geklärt werden.