Griechenland: Zahlenspiele um Steuern und Rettung

Der griechische Regierungschef Samaras. Bild: W. Aswestopoulos

Von 2010 bis heute hat sich die Besteuerung der Einkommensempfänger versiebenfacht

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Die europäische Politik betont immer wieder, dass die griechische Krise bald vorbei sei. Es wird gepredigt, dass die Zeit des Aufschwungs nach knapp sieben Jahren Rezession endlich gekommen sei. Von einer Rückkehr des Landes an die Finanzmärkte ist die Rede, obwohl die theoretisch ermittelten Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen erneut stiegen und mit 8,67 Prozent auf einem weiterhin hohen Niveau sind.

Die von der griechischen Statistikbehörde ELSTAT nun gelieferten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Demnach sank das Gesamteinkommen der angestellten Griechen von 33 Milliarden Euro auf 30,4 Milliarden Euro. Dies wurde hauptsächlich durch durchschnittliche Gehaltskürzungen von 9,9 Prozent und Einsparungen bei den Sozialleistungen in Höhe von 8,2 Prozent verursacht. Trotz allem verlangt die Kreditgebertroika weiterhin neue Maßnahmen, um ein Etatloch mit Entlassungen, Steuern, Abgaben und Gehaltskürzungen zu decken.

Weil die Mathematik einer solchen Rettung nicht aufzugehen scheint, hat sich die Wissenschaftsabteilung des griechischen Parlaments der Sache etwas genauer angenommen.

Die Wirtschaftsprofis fanden heraus, dass Griechenland mittlerweile zu den am höchsten besteuerten Ländern der Eurozone zählt. Sie widersprechen damit Aussagen des Finanzministers Yannis Stournaras, der behauptete, "Griechenland hat weniger Steuerbelastungen als das übrige Europa".

Insbesondere liegt der Mehrwertsteuersatz für die Griechen bei 23 Prozent, während er im europäischen Durchschnitt bei 21,5 Prozent angesiedelt ist und innerhalb der Eurozone durchschnittlich nur 20,5 Prozent beträgt. Seit 2010 wurde der Mehrwertsteuersatz viermal angehoben. Die Steuern sind in Griechenland bereits bei einer Rechnungsstellung und nicht erst bei der Begleichung derselben fällig. Ein säumiger Zahler belastet somit auf jeden Fall den Leistungserbringer.

Der Höchststeuersatz für Einkommen natürlicher Personen liegt für die ab dem ersten Euro besteuerten Hellenen bei 46 Prozent. Innerhalb der EU sind es 39,5 Prozent und für die Länder der Eurozone 44,5 Prozent. Anzumerken ist, dass die Griechen seitens des Finanzamts mit Einkommensschätzungen leben müssen. So muss ein Arbeitsloser auch ohne soziale Gelder seitens des Staats per anno 5.000 Euro Einkommen deklarieren. Verfügen sie gar über ein Kraftfahrzeug, dann sind unabhängig davon, ob das Gefährt durch die Verwandtschaft finanziert wird, weitere Einkommensdeklarationen nötig.

Doch auch für Investoren gibt es trotz der unternehmerfreundlichen Einkommenskürzungen relativ hohe Steuern. Im Schnitt zahlen Firmen in der Eurozone 25,9 Prozent Steuern, in der EU sind es 21,8 Prozent und in Griechenland 26 Prozent.

Tatsächlich war das Land vor der Krise mit niedrigeren Steuern gesegnet. Von 2010 bis heute hat sich die Besteuerung der Einkommensempfänger versiebenfacht. Freiberufler müssen gar das Neunfache an Steuern aufbringen, berichtet die "Büro des Parlaments" genannte Finanzabteilung. Bewerkstelligt wurde dies mit der Streichung sämtlicher Steuerfreibeträge und der Herabsetzung der Staffelwerte.

Die berühmten "Greek Statistics" kaschierten einst Etatlöcher und bei prominenten Steuerflüchtlingen wurde tunlichst weggesehen. Greek Statistics gibt es jetzt auch. Denn zum amtlich angegebenen Steuerhöchstsatz muss eine "Sonderangabe" von einem bis vier Prozent addiert werden. Damit kommen Spitzenverdiener real auf fünfzig Prozent Steuern.

Wirklich erschreckend werden jedoch die Ergebnisse bei der Energiebesteuerung. Fürs Heizöl müssen die Griechen 2014 stolze 450 Prozent mehr Steuern als noch 2010 zahlen. Im gleichen Zeitraum stiegen die KFZ-Steuern zweimal und die Spritsteuern wurden dreimal angehoben. Die vom Büro des Parlaments nicht erfassten Mautgebühren haben sich verdoppelt. Für eine einfache Fahrt über knapp 550 km Autobahn genannte, größtenteils einspurige Verkehrswege von Athen nach Thessaloniki sind für einen PKW 55 Euro fällig. Busse und LKWs zahlen ein Vielfaches davon.

Keine Fortschritte gibt es dagegen von der Front der Steuerfahndung für schweizerische Konten zu vermelden. Die Schweiz selbst verweigert den Griechen eine Zusammenarbeit bei der Suche nach griechischen Steuersündern.

Dabei könnten die Eidgenossen getrost ihr Bankgeheimnis verletzten. Den Sparern winkt kaum Gefahr. Denn von 54.000 Namen, denen Nummernkonten zugeordnet wurden, wurden seit 2011 erst knapp 50 kontrolliert. Der letzte Sünder, dessen Name sich auf der den Griechen zugespielten Liste befindet, würde bei diesem Fahndungstempo in mehr als fünf Jahrhunderten erwischt.