Der Strom-Volumentarif - eine Chance für den Smart Meter?

Der Einsatz von Smart Metern kommt in Deutschland kaum vom Fleck. Vielleicht hat man einfach nur den falschen Ansatz gewählt.

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In verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten haben sich sogenannte Smart Meter in der Stromversorgung inzwischen flächendeckend durchgesetzt. Dazu zählen Portugal und Italien. Der Erfolg elektronischer Zähler mit Fernübertragung hat in diesen Ländern offensichtlich mindestens ein Problem gelöst: Er hat sich wirtschaftlich gerechnet und wurde daher akzeptiert.

So hatte die Stromversorgung in Italien vor der Einführung der Smart Meter oft mit dem Phänomen zu kämpfen, dass sich das Nutzerverhalten nicht im Zählerstand widerspiegelte. Das Überbrücken des Zählers war Volkssport. Mit einem elektronischen Zähler, der die Verbrauchsdaten in regelmäßigen Abständen zum Stromversorger überträgt, lässt sich sehr schnell erkennen, wenn der Stromverbrauch plötzlich dramatisch einbricht. Im Grunde handelt es sich bei diesen Zähler-Systemen nicht um besonders smarte Geräte. Ihre Besonderheit besteht in der Fernauslesung, die beispielsweise über Powerline vom Ortsnetztrafo aus erfolgen kann. Die Investition hat sich für den Stromversorger offensichtlich gelohnt.

In Deutschland scheint die Nachfrage nach einer solchen Messstellenlösung nicht so groß zu sein und so versucht man hierzulande immer wieder dem Endkunden einen Nutzen darzustellen. Den praktischen Vorteil für den Endverbraucher verspricht vor allem die Politik. Es gelingt bei der derzeitigen Preisgestaltung der Stromtarife jedoch nicht, Verbraucher dazu zu bewegen, bis zu 170 € Zählermiete pro Jahr für einen Smart Meter zu bezahlen, um dann mit einigem Aufwand ein jährliches Einspartpotenzial von 20-40 € nutzen zu können.

Auf der anderen Seite muss jemand für den Aufbau und Betrieb der Infrastruktur aufkommen, die benötigt wird, um die Smart Grids zu installieren, die für eine bessere Einbindung kleiner Stromerzeuger wie PV- und Windkraftanlagen sorgen können. Diese Kosten würden Versorger und Industrie gerne auf die Tarifkunden abwälzen.

Bild Intelligenter Zähler: EVB Energie AG. Illustration: TP. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Mit den derzeitigen Angebotsmodellen ist der Smart Meter eine Totgeburt. Die Daten, die ein Smart Meter im Privathaushalt ermittelt, will auf der einen Seite keiner haben, auf der anderen Seite fühlen sich deutsche Stromkunden etwas unwohl, wenn ihr Stromverbrauchsverhalten von Dritten beobachtet wird. Und wenn die Messstellenbetreiber von sich aus nur ein Mindestmaß an Daten abrufen dürfen, wie vom Europäischen Parlament gefordert (nämlich nur die Daten, die für die Bereitstellung von Energie absolut erforderlich sind) werden alle Tarife, die eine Datenübertragung des aktuellen Verbrauchs in Echtzeit voraussetzen, recht schnell zu Makulatur.

Dabei gäbe es eine Möglichkeit, dass sich der Einsatz von Smart Metern innerhalb von Smart Grids für alle Beteiligten rechnet, dass die Messgeräte mit den gewonnenen Daten sparsam umgehen und dass sich ein solches System mittelfristig im Markt durchsetzt.

Vor dem Hintergrund, dass mit einer Zunahme der Strombereitstellung aus erneuerbaren Quellen der Anteil der Fixkosten im Vergleich zu den Brennstoff- und Betriebskosten immer weiter ansteigt, wird heute schon an eine Umstellung der Tarifstrukturen gedacht. Künftige Tarife müssen dem sinkenden Betriebskostenanteil Rechnung tragen. Damit werden die Strompreise immer weniger durch den aktuellen Verbrauch, als durch die vorhandene Infrastruktur und deren Finanzierung bestimmt.

Dem Kunden könnte dabei, basierend auf seinen bisherigen Verbräuchen, ein Volumentarif vorgeschlagen werden. Mit diesem Volumentarif wäre ein Stromkontingent verbunden, das der Kunde innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens - beispielsweise innerhalb eines Monats - beziehen kann. Bei Bedarf enthält der Vertrag auch eine Spitzenlastbegrenzung. Bleibt der Kunde innerhalb des vereinbarten Bandes, bezahlt er jeden Monat den gleichen Preis. Überschreitet er die vertraglich gesetzten Grenzen, muss er einen Strafpreis bezahlen. Dies kann für den jeweiligen Monat gelten oder fakultativ auch zu einer Heraufsetzung seines Stromkontingents und des Preises seines Volumens führen.

Für die Stromversorger besteht der klare Vorteil darin, dass sie monatliche feste Zahlungen ihrer Kunden erhalten und diese Zahlungen, anders als die heutigen Abschlagszahlungen, zum Ende des Abrechnungszeitraums bei Minderabnahme nicht zurückgezahlt werden müssen. Auch für den Netzbetreiber besteht der Vorteil in den regelmäßigen Einnahmen, weil die Netzgebühren im Normalfall nach den vereinbarten Kontingenten berechnet würden. Für den Kunden besteht nun einerseits der Anreiz, sein Stromkontingent möglichst auszunutzen, auf der anderen Seite sollte er sein Strombudget nicht überschreiten.

Die Strombudgets wären bei einem solchen Modell im Smart Meter gespeichert und der Smart Meter würde am Monatsende nur die Nachricht versenden, dass die Strommenge nicht überschritten wurde. Wird die budgetierte Menge jedoch überschritten, so meldet dies der Smart Meter und meldet zum Ende des Abrechnungsintervalls, also üblicherweise zum Monatsende, die Menge, um die der festgelegte Bezug überschritten wurde.

Deutlich umfangreicher könnte die Datenkommunikation dagegen innerhalb des jeweiligen Kundenhaushalts ausfallen. Wurde beispielsweise eine Begrenzung der Spitzenlast vereinbart, so könnte das Überschreiten durch die Abschaltung von Geräten mit nachrangiger Priorität verhindert werden. Im normalen Betrieb könnte eine Warnung auf ein entsprechendes Ausgabegerät (TV/PC/Smartphone) übertragen werden, die darüber informiert, falls der bisherige Stromverbrauch höher, als üblich ausgefallen ist, und damit eine Überschreitung des Kontingents in diesem Monat droht. Hier öffnet sich eine ganze Reihe an Möglichkeiten für IT-Anwendungen, die dem Verbraucher dabei helfen, unter seinem Verbrauchslimit zu bleiben oder dies sogar noch abzusenken.

Die für ein solches Volumentarif-Modell benötigten Vertragskonstruktionen sind im Bereich der Lieferverträge mit Privathaushalten bislang nicht üblich, gleichwohl verfügen Händler im Bereich der leitungsgebundenen Energie über umfangreiche Erfahrung mit derartigen Bezugskonditionen. Mindestmengen, die bezahlt werden müssen, auch wenn sie nicht abgenommen werden und Strafzahlungen bei Überschreitung der vereinbarten Abnahmemenge sind heute durchaus gängige Vertragsbestandteile.

Im Bereich des Handels zwischen Energieversorgern gibt es zudem die Möglichkeit, auch eine maximale Bezugsmenge festzulegen, die keinesfalls überschritten werden darf. Da derartige Bezugsmodelle vor allem im Bereich des Gashandels heute übliche Praxis sind, bietet sich die Übertragung des Volumentarif-Models auf den Bereich der Haushaltsversorgung mit Gas geradezu an.

Mit einem Energie-Volumentarif für den privaten Haushalt könnten zahlreiche Herausforderungen für die leitungsgebundene Energieversorgung gemeistert werden, ohne dass dafür Daten in großer Menge gesammelt, verschickt und auf fremden Systemen abgelegt werden müssten. Für Lieferanten und Endverbraucher bietet das Modell deutliche Vorteile bei der Abschätzung ihrer Einnahmen und Kosten. In der Konsequenz dürfte das Modell zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs führen und die permanente Abfrage der Verbrauchsdaten könnte sich auf die Bereiche konzentrieren, die sinnvoll sind: Großkunden und (regelbare) Ortsnetzstationen.

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