Deutsche Soldaten sollen nach Mogadischu

Die Bundesregierung macht klar, dass die Auslandseinsätze in "temporären kleinen Modulen" ausgeweitet werden sollen

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Den Worten auf der Sicherheitskonferenz (Wir sind die Guten), dass sich Deutschland "außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und substantieller einbringen" müsse (Steinmeier) sollen nun auch Taten folgen. Offenbar war schon länger an Plänen gearbeitet worden, nicht nur mehr deutsche Soldaten nach Mali zu schicken, sondern auch nach Somalia, also in ein Land, das schon seit Jahrzehnten ein "failed state" und hochgefährlich ist.

Vor 20 Jahren wurde die 1992 gestartete UN-Mission UNOSOM, die nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs zunächst unter amerikanischer Führung den Frieden und die Lebensmittelhilfe sichern sollte, drei Jahre später abgebrochen. Die USA zogen sich bereits 1993 zurück, nachdem mehrere US-Soldaten in Mogadischu getötet worden. Die Schlacht von Mogadischu hat die USA tief getroffen, das Trauma der Supermacht in Afrika wurde in dem Film "Black Hawk Down" verarbeitet oder sollte weg gearbeitet werden (Retuschierung im 35mm Format, Was, zur Hölle, ist ein Antikriegsfilm?).

Die Niederlage eröffnete nach dem Ende des Kalten Krieges das neue Szenario der asymmetrischen Kriege, der Bedrohung durch den Terrorismus und den Zerfall staatlicher Strukturen. Somalia wurde schließlich nach Afghanistan zur Bastion islamistischer Rebellen und es wurde auch ein Musterland, in dem die neuen Missionen getestet wurden. Man setzte keine eigenen Truppen mehr ein, sondern bezahlte lieber Söldnertruppen aus armen Ländern (Die Mietregimenter der UN, Wie westliches Geld und afrikanisches Blut zusammenkommen). Seit 2007 finanzierten die USA, die sich zunächst der äthiopischen Armee bedient hatte, und die EU die UN-Mission AMISOM. Die EU hat alleine mehr als 580 Millionen Euro für AMISOM bezahlt. Die Soldaten wurden großenteils von den privaten Sicherheitsfirmen ausgebildet, die schon mit dem Jugoslawien-Krieg, vor allem aber seit dem Afghanistan-Krieg florierten. Von 2010 bis 2013 trainierten auch Bundeswehrsoldaten im Rahmen von EUTM SOM in Uganda somalische Soldaten, die die Übergangsregierung in Somalia stärken sollten. Insgesamt wurden 3600 Soldaten ausgebildet. An EUTM SOM beteiligten 12 EU-Mitgliedsstaaten und Serbien mit insgesamt 128 Soldaten. Die Mission wurde Anfang 2013 bis März 2015 verlängert. Nachdem die Lage in Somalia, vor allem in Mogadischu, sicherer wurde, weil die Kämpfer der islamistischen al-Shabab zurückgedrängt werden konnten, sollte die Ausbildungsmission nach Somalia verlegt werden. Eine Entscheidung war aber noch nicht getroffen worden

Jetzt also sollen nach dem Willen der schwarz-roten Bundesregierung deutsche Soldaten in Mogadischu im Rahmen von EUTM stationiert werden. Nach Spiegel-Informationen, die, so die Tagesschau, im Prinzip von einem Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigt wurde, laufen die Planungen bereits seit einigen Wochen. Schon im April könnten die ersten Soldaten nach Mogadischu verlegt werden. Neben der "Operation Atalanta", die vor der Küste Somalias Piraten bekämpft, soll EUTM SOM die somalische Regierung und die somalischen Institutionen stärken, um den Frieden zu fördern und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, versicherte schon einmal die Zustimmung zu den Plänen. Es gehe nur um "temporäre kleine Module", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung: "Wenn das ausschließlich in einem gesicherten Umfeld stattfindet und unsere anderen europäischen Partner diesen Weg gehen, gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, dass die Deutschen sagen, den Weg gehen wir nicht. Wir reden ja nicht von Kampfeinsätzen, sondern von Ausbildung. Man muss die Somalier in die Lage versetzen, wieder mehr und mehr für eine eigene Staatlichkeit zu sorgen."

Die Strategie scheint zu sein, mit dem Abzug in Afghanistan die Teilnahme der Bundeswehr an vielen kleinen Missionen zu erhöhen. Die werden dann schnell unübersichtlich und intransparent, zumal wenn sie in scheinbar gesichertem Umfeld stattfinden und natürlich nur die besten humanitären Ziele verfolgen, gleichzeitig aber in Verbund mit der EU und den USA geopolitische Interessen verfolgen und die Sicherheit Deutschland nun auch in Somalia sichern. Die deutschen Bürger sind allerdings nach Umfragen weniger davon angetan, die Auslandseinsätze auszudehnen.

"Krisen und Konflikte", so heißt es bei der Bundeswehr mit Verweis auf die Verteidigungspolitischen Richtlinien vom Mai 2011, können 'ein schnelles Handeln auch über große Distanzen erforderlich machen', um 'Auswirkungen von Krisen und Konflikten auf Distanz zu halten und sich aktiv an deren Vorbeugung und Einhegung zu beteiligen'." Gerade wird Deutschland noch in Afghanistan, im Kosovo, in der Türkei, im Südsudan und Sudan, im Mittelmeer, im Libanon, in Mali und Senegal, in der Westsahara und am Horn von Afrika im Einsatz. Das sind weniger als 5000 Soldaten, aber zunehmend Möglichkeiten, um in kriegerische Konflikte verwickelt zu werden. Eine Leistungsbilanz der militärischen Missionen fehlt. Mit Blick auf Afghanistan würde sie wohl nicht gut ausfallen.