Die Menschen auf der Krim wollen den Anschluss an Russland

Wie erwartet hat anscheinend eine überwältigende Mehrheit bei einer hohen Wahlbeteiligung dafür gestimmt. Nun muss abgewartet werden, wie Russland und der Westen darauf reagieren

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Es kam wie erwartet. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der Krim hat für den Beitritt der Republik Krim zu Russland gestimmt. Mehr als 93 Prozent sollen dafür gestimmt haben, nur 7 Prozent waren offenbar dafür, dass die Krim ein Teil der Ukraine bleiben soll. In Sewastopolol sollen sich 85 Prozent für einen Beitritt zu Russland entschieden haben. Allerdings handelt es sich erst einmal nur um eine Befragung nach der Wahl, so dass unklar bleibt, ob wirklich alle die Wahrheit gesagt haben.

Spannend wird vor allem die Wahlbeteiligung sein. Der Informationsminister geht von mehr als 70 Prozent und vielleicht 80 Prozent aus. Aber das sind nur Schätzungen. Verlaufen ist der Volksentscheid, der von der Regierung in Krim nicht anerkannt wird, das Parlament in Kiew hatte gestern noch schnell das Parlament der Krim für abgesetzt erklärt, offenbar ruhig. Es sollen sich auch Tartaren beteiligt haben, sagen russische Medien. An den Wahllokalen sollen aber wenige gesehen worden sein. Mustafa Jemilew, der Ex-Vorsitzende der Krimtartaren, glaubt, dass 90 Prozent der Tartaren nicht teilgenommen haben. Der geht auch davon aus, dass die Wahlbeteiligung insgesamt deutlich unter den erklärten 70 Prozent liegen würde. Auch andere weisen auf Betrug hin.

Ob die Wahl wirklich ohne Manipulationen verlaufen ist oder Betrug stattgefunden hat, wird sich wohl letztlich nicht wirklich klären lassen. Die OSZE hatte sich geweigert, Beobachter zu schicken, weil das Referendum nicht legal gewesen sei. Die paar Parlamentarier, die aus dem Ausland auf Einladung von Russland gekommen waren, sind weder unabhängig noch eine Bestätigung.

Die Wahlzettel wurden in durchsichtige Wahlurnen eingeworfen, offenbar haben, wie Videos zeigen, viele Menschen ihre Wahlzettel nicht einmal gefaltet, um ihre Entscheidung unsichtbar zu machen. Medien berichten, dass Journalisten, auch russische, an der Beobachtung der Auszählung teils aggressiv gehindert worden seien. In Sewastopol hat jedenfalls eine riesige Menge das Ergebnis des Referendums gefeiert. In der Ukraine setzt man auch darauf, dass die Krim, die stark vom Tourismus lebt, ein böses Erwachsen erlebt.

Die prorussische, ähnlich selbsternannte Regierung der Krim wie die in Kiew, hat es jedenfalls eilig, Tatsachen zu schaffen. Schon im April soll der Rubel eingeführt warden, innerhalb eines Jahres soll dann die ukrainische Währung nicht mehr gelten. Vizepremier Rustam Temirgaliev sagte, dass nach dem Referendum die ukrainischen Soldaten auf den von "Selbstverteidigungskräften" und russischen Soldaten bewachten Stützpunkten auf der Krim entscheiden müssten, ob sie ihren Eid auf die Regierung der Krim ablegen oder das Land verlassen. Man würde eine sichere Reise in die Ukraine garantieren, nach ihm hätten sich schon 85 Prozent der ukrainischen Truppen den Streitkräften der Krim angeschlossen.

Während es auf der Krim weitegehend friedlich geblieben ist, bleibt die Situation in der Ostukraine kritisch. Dort häufen sich Auseinandersetzungen zwischen pro-russischen und pro-ukrainischen Demonstranten. Pro-russische Demonstranten fordern wie in Charkow ebenfalls ein Referendum und haben sich an Putin gewandt, ihre Rechte zu schützen. Der Ausgang des Referendums auf der Krim dürfte für zunehmende Konflikte sorgen.

Immerhin war erst heute nach dem ukrainischen Verteidigungsminister Tenjuk ein Waffenstillstand zwischen Kiew und Moskau bis Freitag vereinbart worden. Die Blockade der Stützpunkte soll so lange beendet werden, russische Soldaten würden nicht gegen ukrainische Stützpunkte auf der Krim vorgehen. Provokationen sollen damit verhindert werden. Das ist deswegen wichtig, weil für die Regierung der Krim nach dem Referendum die ukrainischen Soldaten keine Aufenthaltsberechtigung mehr haben.

Für Zenjuk wurde, wie er in einem Interview heute sagte, das Referendum "mit vorgehaltener Waffe" durchgeführt und werde von "keinem Land der Welt anerkannt". Sewastopol werden Marinestützpunkt der Ukraine bleiben. Man habe Truppen an die Ostgrenzen der Ukraine geschickt, wo sich auf dem russischen Teil bereits mehr als 20.000 Soldaten befinden sollen. Hoffnung scheint Zenjuk in die neu geschaffene Nationalgarde zu setzen. Es hätten sich bereits 40.000 Mann eingeschrieben. Das Verteidigungsministerium ruft zur logistischen und finanziellen Unterstützung der Streitkräfte auf. Gespendet werden sollen über eine SMS 5 UAH, das sind etwas weniger als 40 Cent. Man darf natürlich auch mehr mit einer Banküberweisung spenden. Jeder sei nun ein Verteidiger des Vaterlands.

Mit dem Referendum hat Putin Fakten geschaffen, hinter die er nicht mehr zurück. Mit seiner harten Haltung, unterstützt durch die weitegehend kontrollierten Medien und die Zensur von alternativen, hat er einen Großteil der Russen gegenwärtig hinter sich. Da dürfte also trotz Sanktionsandrohungen seitens der USA und der EU kein Einlenken mehr möglich sein, Russland wird sich die Krim wieder eingliedern. Offen bleibt, ob es zu weiteren Abspaltungen kommen wird und wie sich die ukrainische und russische Regierung positionieren. Hier könnte es schneller zu einem bewaffneten Konflikt kommen.