"Die echte kaputte Elite bricht gar keine Gesetze"

Benedikt Herles über die Fehler im System der Manager-Kaste

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Der junge Unternehmensberater Benedikt Herles war bei einem renommierten Consulting-Unternehmen tätig und hat den Alltag in der obersten Etage des internationalen Business kennen gelernt. Methoden und Gebaren seiner Kollegen fand er aber mit der Zeit so grundlegend falsch, dass er eines Tages dort seinen Job aufgab. In seinem Buch Die kaputte Elite - Ein Schadensbericht aus unseren Chefetagen schildert er seine Erfahrungen.

Herr Herles, wann haben Sie Erfahrungen mit der Elite unseres Landes sammeln dürfen und was hat Sie bewogen das Buch zu schreiben?

Benedikt Herles: Ich habe zehn Jahre in der Tretmühle der selbsternannten High Potentials verbracht. Als Business School-Student und Unternehmensberater musste ich mir immer öfter die Frage stellen, ob die Grundsätze und Regeln meines Umfeldes letzten Endes gut für mich, für unsere Wirtschaft und am Ende auch für unsere Gesellschaft sind. Es gab nicht diesen einen Moment der Einsicht. Aber es gab viele Situationen in denen mir immer deutlicher wurde: So kann es nicht weiter gehen.

Von der Deutschen Bank bis zur Bayern LB werden die deutschen Manager derzeit an den Pranger gestellt. Zurecht? Geht diese Kritik Ihrer Einschätzung nach weit genug? Warum sind gerade solche Leute in verantwortungsvolle Positionen gerückt?

Benedikt Herles: Sie sprechen zwei Banken an. Die Finanzbranche steht ja auch im Zentrum der allgemeinen Kritik. Und das mit Recht. Aber es sind nicht nur die gierigen Investmentbanker, die uns die aktuelle Glaubwürdigkeits- und Stabilitätskrise der Marktwirtschaft beschert haben. Wir erleben vielmehr ein ganz allgemeines ökonomisches Elitenversagen. Die Kommandobrücken unserer Wirtschaft werden von gefährlichen Mechanismen und Grundsätzen geprägt. Eine falsche Ausbildung und Selektion des Führungspersonals ist dabei ganz entscheidend. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir wirklich etwas ändern wollen.

Sie schreiben, dass die Wirtschafts-Elite generell in einer Krise steckt. Können Sie das genauer erklären?

Benedikt Herles: Große Teile unserer ökonomischen Eliten sind kaum noch in der Lage, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme unserer Zeit zu lösen. Viele Chefetagen werden von glattgeschliffenen Technokraten regiert. Unternehmerische Tugenden wie Intuition, Mut oder Vorstellungskraft spielen in der modernen Managementlehre kaum noch eine Rolle. Das verhindert Innovation und schafft letztlich eine unmenschliche Wirtschaft.

Wie tickt denn überhaupt die deutsche Managerkaste? Für wie gehirngewaschen halten Sie diese Leute? Sind das hauptsächlich Blender oder gibt es dort noch Menschen, die eines komplexen Gedankengangs fähig sind?

Benedikt Herles: Naja, etwas differenzierter muss man es schon sehen. Der prototype deutsche Manager ist top ausgebildet, extrem intelligent und ein Weltenbürger. Die Erfolgsfaktoren im chinesischen LKW-Markt kann er im Halbschlaf auflisten. Er hat tausende von Cases geknackt und das nächste Konzern-Projekt stellt er in wenigen Tagen auf die Beine. Doch ihr Werdegang macht viele Entscheider zu Menschen, die sehr gut im Optimieren und Rationalisieren sind, nicht jedoch im Erneuern. Sie können sich perfekt in bestehende Systeme einfügen und Regeln anwenden. Große Visionen sind aber nicht ihre Sache. Neue Antworten liefern sie kaum.

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