Abwrackprämie für Kühlschränke

Leistungsempfänger erhalten einen 150-Euro-Gutschein, müssen dafür aber ein teures Gerät der höchsten Energieeffizienzklasse kaufen

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Das Bundesumweltministerium bezuschusst das vom Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen (eaD) und dem Deutschen Caritasverband ins Leben gerufene Programm Stromspar-Check PLUS, das Empfänger von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Wohngeld mit einem Gutschein im Wert von 150 Euro dazu bewegen will, sich einen neuen Kühlschrank zu kaufen. Die dazu eingesetzten Mittel der Nationalen Klimaschutzinitiative sollen dafür sorgen, dass in den nächsten zwei Jahren 16.000 Geräte ausgetauscht werden.

Wer Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Wohngeld bezieht und in einer von 150 deutschen Teilnehmerkommunen lebt (die er auf der Stromspar-Check-Website nachsehen kann), der muss zur Inanspruchnahme des 150-Euro-Gutscheins einen von rund 800 "Stromsparhelfern" in seinen Haushalt einladen. Der prüft dort unter anderem, ob das vorhandene Gerät noch funktioniert, ob es älter als zehn Jahre ist und ob durch das vom Interessenten ins Auge gefasste Neugerät mindestens 200 kWh Strom im Jahr gespart werden können. Zudem darf das neue Gerät nicht größer sein als das alte – damit will man "Bumerang- oder Rebound-Effekte vermeiden".

Eine weitere Voraussetzung ist, dass das neue Gerät die höchste Energieeffizienzklasse A+++ hat. Die preisgünstigsten A+++-Geräte kosten um die 350 Euro – ein ALG-II-Empfänger wird deshalb möglicherweise Schwierigkeiten haben, den Rest der Kaufsumme aufzubringen, auch wenn das Umweltministerium lockt, er könne mit der Anschaffung 60 bis 120 Euro im Jahr an Stromkosten sparen. Im monatlichen Regelsatz sind nämlich nur etwa 30 Euro für Stromkosten enthalten. Was darüber hinausgeht, muss nach einem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 29. Dezember 2006 (S 58 AS 518/05) zu den Kosten der Unterkunft nach Paragraf 22 Abs. 1 SGB II gerechnet und von der Kommune getragen werden.

Hinzu kommt, dass ein Verbraucher den 150-Euro-Zuschuss nur dann erhält, wenn er nachweist, dass er seinen alten Kühlschrank "fachgerecht entsorgt" hat, was ebenfalls erhebliche Kosten nach sich ziehen kann. Außerdem muss ein Kaufinteressent mit langfristig schlechten Einkommensaussichten berücksichtigen, dass neuere Geräte oft deutlich weniger lange haltbar sind, als alte und teilweise schon nach drei Jahren garantiefrei ihren Geist aufgeben (vgl. Geplante Obsoleszenz). Ob die "Geldbeutel armer Menschen" durch einen Kühlschrankaustausch wirklich "entlastet" werden – wie der Caritas-Generalsekretär Georg Cremer verlautbart – wird sich deshalb erst in einigen Jahren zeigen. Ähnliches gilt für die Förderung der Klimaschutz- und Energiewendeziele, die der stellvertretende eaD-Vorstandsvorsitzende Rainer Schüle in einer Pressemitteilung hervorhebt.

Der Stromsparhelfer, der den alten und den neuen Kühlschrank prüft, ermittelt bei seinem ersten Hausbesuch auch den Verbrauch anderer Geräte in der Wohnung des Antragstellers. Bei einem zweiten Termin bringt er Energiesparlampen, schaltbare Steckerleisten und Durchflussbegrenzer mit (die der Leistungsempfänger nicht bezahlen muss) und belehrt über "energieeffizientes Verhalten im Alltag".

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