Österreichischer Mad Max II

Monochrom verfilmt die Postapokalypse nach einem dritten Weltkrieg zwischen China und Google

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Die Künstlergruppe Monochrom erregte in der Vergangenheit unter anderem mit André-Hitler-Plattencovern, der Aktion Eigenblunzn, dem Computerspiel Sowjet Unterzögersdorf und einer ISS-Weltraum-Sitcom Aufsehen. Nun hat sie mit der Gstettensaga ihren ersten (zumindest halbwegs) abendfüllenden Spielfilm fertiggestellt – nach eigenen Angaben eine "No-Budget-Produktion", die nur 5000 Euro gekostet hat.

Die gnostisch angehauchte Groteske spielt auf dem Gebiet Österreichs nach einem dritten Weltkrieg zwischen den beiden Supermächten China und Google. Wie es sich für ein postapokalyptisches Szenario gehört, sind zahlreiche jetzt selbstverständliche Technologien verloren gegangen, so dass der Mogul Thurnher von Pjölk mit dem wiedererfundenen Druck mit beweglichen Lettern die öffentliche Meinung in der Megacity Schwechat beherrschen kann.

Dieses Monopol sieht er von "Nerds" bedroht, die mehr Interesse an der Technologie "Fern-Schau" als an seinen Zeitungen haben. Deshalb schickt er den speichelleckerischen Reporter Fratt Aigner zusammen mit der (von Sophia Grabner überraschend überzeugend gespielten) "Fern-Schau"-Bastlerin Alalia Grundschober los, um den sagenhaften Untergrund-Erfinder Echsenfriedl zu finden und ein Interview mit ihm zu machen.

Dabei geraten sie unter anderem in eine von der Österreichischen Post beherrschtes Gebiet in dem ein "Reformsteirisch" gesprochen wird, das in seiner beeindruckenden Schroffheit das Zeug hat, zum neuen Klingonisch zu werden. Die Dialoge in Reformsteirisch sind ebenso wie die in Deutsch durchgehend englisch untertitelt – wobei die Untertitel nicht nur Übersetzungen sind, sondern Konterinformationen, die durch offensichtliche Diskrepanzen häufig für Witze genutzt werden. Außerdem entkommen sie Bauern mit Gemüsehüten, die EU-Förderanträge als Heilige Schriften aufbewahren, und lernen, wie man Zombies in Erzminen ablenkt und mit Raiffeisenhändlern ohne Strom verhandelt.

Selbstverständlich ist am Ende der Geschichte natürlich nichts so, wie es scheint – aber hier mehr zu verraten, könnte die Freude am Film trüben, auch wenn dessen Hauptreiz nicht im Spannungsbogen, sondern in den in zahlreichen Details untergebrachten Scherzen steckt. Je mehr kulturell einschlägiges Hintergrundwissen ein Zuschauer hat, desto besser funktionieren diese Gags: Wer beispielsweise Ursula K. Le Guins Erzählung Rocannons Welt oder Josef Haslingers Opernball kennt, wird die Schlussszene des Films wahrscheinlich anders wahrnehmen als jemand, dem diese Titel nichts sagen.

Der vom ORF mitvertriebene Film soll in den nächsten Monaten auf Filmfestivals und Hacker-Kongressen laufen, ist aber auch schon in Tauschbörsen zu finden. Ein besonders treffender Scherz im Film ist deshalb ein vielen Internetnutzern von Screenern her bekannter Einblendungshinweis, der informiert, dass die vorliegende Kopie nur einer Wettbewerbsjury zugänglich sein sollte – und dazu auffordert für 1,09 Euro in der Minute eine 0900-Nummer anzurufen, um eine Schwarzkopie zu melden. Dem Regisseur, Drehbuchautor und Mitproduzenten Johannes Grenzfurthner kam durch dieses "Crowdratting" tatsächlich etwas Geld in die Kasse.

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