Griechenland: Die programmierte Wiederauferstehung

Alles ist gut für Merkel und Samaras. Bild: W. Aswestopoulos

Merkel in Athen: Wie der Aufschwung zu Ostern und wegen der Ukraine-Krise herbeigebetet werden soll

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"Wir müssen uns auch auf andere Probleme, wie die Ukraine konzentrieren." Mit diesen Worten erklärte die Kanzlerin offen und ehrlich, wieso die griechische Staatsfinanzkrise nun endlich vorbei sein soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel weilte am Freitag für knapp sechs Stunden in Athen. Ihre Stippvisite fand genau einen Tag nach ihrem vierzehnjährigen Jubiläum als CDU-Vorsitzende und einen Tag nach Griechenlands Rückkehr zu den Finanzmärkten statt. Grund zum Feiern?

Für den Samstag steht sowohl in den westlichen Kirchen als auch für die Orthodoxie das Fest des heiligen Lazarus auf dem Plan. Bekanntlich wurde dem Neuen Testament nach Lazarus durch seinen Cousin Jesus mit "Lazarus komm heraus" aus dem Grab geholt. -Ein Wunder also!

Nicht anders ergeht es nun Griechenlands Wirtschaft. Ein Wunder muss her, damit es mit dem verkündeten Ende der Krise auch kommt, wie es aus Politikermund bereits erklärt wurde. Glaubt man der griechischen Regierung ist es bereits passiert. Zweifler sehen indes nur ein weiteres Potemkinsches Dorf.

"Wieso soll es gut sein, dass sich ein Land mit 4,95 Prozent Zinsen Geld auf dem freien Markt leiht, während es vom Europäischen Rettungsschirm viel niedrigere Zinsen bekommt", wollte bei der abschließenden Pressekonferenz im Megaron Maximou ein Kollege von der Süddeutschen Zeitung wissen. Nichts anderes fragt die griechische Opposition, die an der demonstrativen Feierlaune der Regierung nur Schlechtes finden kann. Während die griechische Opposition und die Einheimischen von ihrer Regierung nur ein: "Aha, also seid ihr doch für die Sparmemoranden" entgegengeschmettert bekommen, erklärte Angela Merkel geduldig den Sinn des teuren Leihens.

Es sei, erklärte die Kanzlerin, ein Schritt zu mehr Selbständigkeit. Selbständig könnten sich die Griechen dann um ihre eigenen Probleme kümmern und die EU hätte, wie erwähnt, mehr Ressourcen, um sich der Ukraine anzunehmen. Samaras hingegen betete erneut seine Erfolgsgeschichten herunter. Seine Regierung, meint er, habe das Unmögliche geschafft, und Griechenland über den Berg gebracht.

Kaum erwähnt wurde, dass die mehrfach überzeichnete und heiß begehrte Staatsanleihe im Gegensatz zu den bis 2010 emittierten Papieren gleich mehrfach abgesichert ist. Die Investoren können auf Garantien der EU und Deutschlands setzen. Sie sind zudem über englisches Schuldrecht juristisch auf der stärkeren Seite. Einen Schuldenschnitt wie für die einst nach griechischem Recht verteilten Staatsschuldscheine kann es so nicht geben.

Die erfolgreiche Testrückkehr an die Märkte bringt jedoch den griechischen Unternehmern einen kleinen, wenn auch bislang psychologischen Vorteil. Die "Wir sind wieder zurück"-Meldung des Finanzministers soll auch ihnen endlich Zugang zu dringend benötigten Investitionskrediten verschaffen. Dieses Unterfangen scheiterte in der Vergangenheit trotz Milliardenspritzen an die einheimischen Geschäftsbanken. Ob es diesmal klappt, muss sich erst noch zeigen.

Bevor die Presse zum Fragen kam, hatten beide Regierungschefs in ihren Reden die üblichen Erklärungen verlesen. Von dem, was die Griechen brennend interessierte, die Frage nach den Kriegsreparationen und der Rückzahlung eines seit 1945 von Deutschland nicht mehr bedienten Zwangskredits, fiel öffentlich kein Wort. Hinter verschlossenen Türen soll dies dennoch geschehen sein, erfuhr die griechische Öffentlichkeit. Die weitere Diskussion zum Thema soll, so wurde seitens der Griechen an die Presse verlautbart, zwischen dem Vizepremier und Außenminister Evangelos Venizelos und seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier stattfinden.

Nichts sollte vom eigentlichen Sinn des Treffens ablenken. Für Samaras stand fest, dass die Situation vor knapp eineinhalb Jahren beim letzten Besuch Angela Merkels in Athen vollkommen anders war. Damals habe Griechenland am Boden gelegen. Heute sei alles anders. Schließlich stehen die Europawahlen vor der Tür.

Podiumsdiskussion im Hilton-Hotel. Bild: W. Aswestopoulos

Was brachte der Besuch?

Wer zu Besuch kommt, bringt gewöhnlich Gastgeschenke mit. Was hatte Angela Merkel im Gepäck? Zunächst einmal dient der Besuch dem Gastgeber und Parteifreund in der Europäischen Volkspartei als willkommene Wahlkampfhilfe. Dazu sollte auch etwas Handfestes präsentiert werden. Ein Schuldenschnitt etwa?

Die Kanzlerin wich der Frage danach geschickt aus. Zunächst einmal müssten die endgültigen Zahlen der Eurostat vorliegen, dann erst wüsste man, was es mit dem Primärüberschuss der Griechen genau auf sich hat. Danach, so die Kanzlerin, könne über weitere Maßnahmen diskutiert werden. Ebenso wie 2012 schon prophezeite die deutsche Regierungschefin ihren griechischen Parteifreunden einen noch langen Weg. Fast wie aus der Retorte klang die Aufforderung zu weiteren Reformen. Dies hören die Griechen seit mehr als vier Jahren von jedem EU-Politiker. Was also hat sich wirklich seit 2012 geändert?

Die Presse vermeldete als greifbare Gabe Kredite für kleine und mittelständische Firmen. Eine Art Kreditanstalt für Wiederaufbau soll für Griechenland geschaffen werden. So neu ist, wie sie dargestellt wird, die Idee allerdings nicht. Sie wurde bereits 2012 vom EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz ins Spiel gebracht. Schulz argumentierte bereits damals, dass es ohne Wachstumsfördernde Maßnahmen keine Lösung des bestehenden Dilemmas geben könne. Ein knappes Jahr später war eine griechische KFW das Mitbringsel von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.