Norwegen reguliert Vorhautbeschneidung

Krankenschwesternverband hatte Verbot gefordert

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Der norwegische Gesundheitsminister Bent Høie hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der regelt, dass Vorhautbeschneidungen künftig nur noch in Kliniken und Arztpraxen und von dafür ausgebildeten und staatlich lizenzierten Personen durchgeführt werden dürfen. Diese Regelung soll sowohl für Kinder als auch Erwachsene gelten.

Høie, der der Konservativen Partei angehört und mit einem Mann verheiratet ist, orientiert sich in diesem Entwurf an der Rechtslage im benachbarten Schweden, wo seit 2001 ähnliche Einschränkungen gelten. Dort erhalten auch rituelle Beschneider, so genannte "Mohalim", eine Lizenz, wenn sie ausreichend Fachkunde nachweisen. In Deutschland erlaubt der Absatz 2 des 2012 neu in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommenen Paragrafen 1631d religiösen Zeremonienmeistern, die keine Ärzte sind, Beschneidungen nur in den ersten sechs Monaten nach der Geburt.

Anlass für den norwegischen Gesetzentwurf war unter anderem eine Forderung des Krankenschwesternverbandes: Dessen Vorsitzende Astrid Grydeland Ersvik wollte medizinisch nicht notwendige Vorhautbeschneidungen vor dem 15. oder 16. Lebensjahr ganz abschaffen, um die körperliche und seelische Unversehrtheit von Zustimmungsunfähigen zu schützen. Außerdem sieht sie Knaben diskriminiert, wenn die Vorhautbeschneidung erlaubt, aber die Schamlippen- und Klitorisbeschneidung verboten ist.

Gegner eines Verbots hatten vor allem mit der religiösen Bedeutung des Brauchs argumentiert. Das spiegelt sich auch in der Presseerklärung des norwegischen Gesundheitsministeriums zum Gesetzentwurf wider, in der es heißt, dass die rituelle Vorhautbeschneidung "für die jüdische und die muslimische Bevölkerung in vielen Teilen der Welt […] eine Tradition mit tiefer religiöser Bedeutung" und in keinem Land der Welt komplett verboten sei. Gegenüber der Presse hatte Høie außerdem betont, er halte seinen Kompromissvorschlag für den "realistischsten Weg, kleine Jungen vor Schaden zu bewahren".

In Dänemark, dem südlichen Nachbarn Norwegens, veröffentlichte die Gesundheitsbehörde letzte Woche neue Richtlinien für legale Vorhautbeschneidungen. Dort hatte die Ethikkommission der Ärztekammer des Landes vergeblich gefordert, das Ritual wegen des Risikos ernster medizinischer Komplikationen zu verbieten.

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