Bayerischer Datenschutzbeauftragter kritisiert Überwachung von Überweisungen

EU zwingt Banken zu Verdachtsmeldungen

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Thomas Petri, Bayerns Landesbeauftragter für den Datenschutz, kritisiert die Handhabe der Überwachung von Überweisungen durch die Banken: Diese müssen aufgrund einer EU-Vorschrift alle Überweisungen ihrer Kunden automatisiert überwachen und elektronisch gefundene "Verdachtsfälle" an das Bundeskriminalamt sowie an die jeweiligen Landeskriminalämter und Generalstaatsanwaltschaften weiterleiten. Die dazu eingesetzte Software führt offenbar dazu, dass auch die Namen von Unschuldigen auf Listen landen können, die dazu führen, dass sie bei Polizeikontrollen und Flügen herausgewunken und besonders intensiv überprüft werden.

Anlass für die Kritik war ein Fall, den der Bayerische Rundfunk gestern bekannt machte: Er betrifft einen Münchner Scherzbold mit islamischem Vornamen, der einem Freund den Finanzierungsanteil für einen gemeinsamen Urlaub in der Schweiz mit dem Verwendungszweck "danke für die nacht ... kommune1 ... bin laden" überwies und nun mindestens zehn Jahre lang auf einer Verdachtsliste der Bundesbank steht, was zu den oben geschilderten Nachteilen sowie zu weiteren Problemen bei Kreditgeschäften und Finanztransaktionen führen kann.

Dass der Mann nach Recherchen des BR offenbar weder Terrorist noch Geldwäscher ist, ändert daran nichts: Die Speicherfrist gilt sogar ganz explizit für Personen, bei denen sich ein Verdacht als unbegründet herausstellt. Wie viele Personen auf solchen Listen stehen, ist nicht bekannt, weil sie im Regelfall nicht davon informiert werden. Auch der Witzbold, der den Terroristennamen "Bin Laden" als Verwendungszweck eintrug, erfuhr nur davon, weil sich eine besorgte Mitarbeiterin der Bank bei ihm erkundigte.

Petris Ansicht nach führt die Überwachung von Überweisungen in ihrer derzeitigen Form dazu, "dass man wegen etwas, von dem man gar nicht weiß, dass es sicherheitsrelevant sein könnte, plötzlich in ein Ermittlungsraster hineinfällt". Damit sie ihre Fälle gerichtlich überprüfen lassen können müsse man die Betroffenen wenigstens über die Verdachtsmeldung informieren.

Beim bayerischen Innenministerium stößt Petri mit dieser Anregung auf taube Ohren. Lediglich Florian Ritter, der Datenschutzsprecher der SPD im Bayerischen Landtag, interessiert sich bislang für das Problem. Er fordert eine "Qualitätskontrolle", um herauszufinden, was die aktuelle Überweisungsüberwachungspraxis leistet und welche konkreten Nebenwirkungen sie hat. Angeblich ist man nämlich auch in den deutschen Landeskriminalämtern nur bedingt zufrieden mit der Software und bezweifelt, dass damit nicht nur Geldwäscher und Betrüger, sondern auch Terrorfinanziers aufgespürt werden können. Daran beteiligte Personen dürften sich eher informeller Finanztransaktionssysteme wie Hawala bedienen, die sich nur schwer elektronisch überwachen lassen.

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