Gegenwind für Frankreichs Rüstungsgeschäft mit Russland

Mistral-Schiff, vor Brest, 2005. Foto: Yannick Le Bris; Lizenz: CC BY-SA 3.0

In Washington wächst der Widerstand gegen den Verkauf zweier Mistral-Hubschrauberträger an die russische Seekriegsflotte

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Der von Absatzschwierigkeiten der französischen Unternehmen geplagte Staatspräsident Hollande will an dem 1,2 Milliarden schweren Waffengeschäft mit Russland festhalten, wie er beim Pressetermin vergangenes Wochenende in Stralsund mit der deutschen Kanzlerin zu Protokoll gab. Eine Ausstiegsmöglichkeit wurde lediglich vage angedeutet. Was Angela Merkel darüber denkt, behielt sie vertraulichen Kreisen vor. Weder in französischen noch in deutschen Medien fällt dazu eine prononcierte Meinung der Kanzlerin auf. Sie muss auch keine Stellungnahme abgeben: Washington sorgt für den Druck auf die Abweichler aus Paris. Sie kann zwischen den Positionen lavieren.

In der amerikanischen Regierung gilt der Verkauf von Mistral-Hubschrauberträgern an Russland mittlerweile als Angelegenheit von größerer Bedeutung, als "major issue", wie die New York Times heute berichtet. Außenminister Kerry bezeichnet das Geschäft als "nicht hilfreich" und sucht laut Informationen der Zeitung nach Möglichkeiten, es zu verhindern. Offiziell hat er allerdings vom französischen Außenminister nicht verlangt, vom Geschäft zurückzutreten.

"Frankreich lässt sich nicht schulmeistern"

Fabius war Anfang der Woche zu Besuch bei seinem US-Amtskollegen; in einer offiziellen Stellungnahme bestand er darauf, dass Verträge einzuhalten seien. Dass der Ton in dieser Angelegenheit mitunter scharf gewesen sein könnte, zeigt sich an der Erklärung Fabius, wonach Frankreich sich von niemandem über Standfestigkeit schulmeistern lassen müsse, weder über die Ukraine noch über andere Länder.

Über vage Formulierungen Hollandes und Äußerungen nachgeordneter Spitzenbeamte hat Frankreichs Führung jedoch auch andere Signale ausgesandt; sie lassen verstehen, dass die Standfestigkeit zum Vertrag mit Russland durchaus ins Rutschen geraten kann. Eine endgültige Entscheidung falle erst im Oktober, wird verlautbart.

1.000 Arbeitsplätze und 1,2 Milliarden Euro

Im Oktober dieses Jahres soll laut Vertrag, der 2011 unter der Präsidentschaft Sarkozy ("Der kalte Krieg ist vorbei") mit Russland geschlossen wurde, die "Waldiwostok", das erste französische Mistral-Schiff, an Russland geliefert werden, im nächsten Jahr dann mit der "Sewastopol" das zweite. Kostenpunkt insgesamt 1,2 Milliarden Euro.

Den Auftrag dafür bekam eine Werft in Saint-Nazaire, die zuvor in großen Schwierigkeiten steckte; 1.000 Arbeitsplätze hängen an dem Geschäft. Zwei weitere Mistral-Schiffe sollen nach der Lieferung aus der französischen Produktion später in Russland gebaut werden.

Der kolportierte Spruch, der in fast jeden Artikel zum Mistral-Geschäft auftaucht, stammt angeblich vom ehemaligen Oberkommandierenden der russischen Seekriegsflotte, Admiral Wladimir Sergejewitsch Wyssozk - ihm zufolge hätte Russland seine Militär-Operationen 2008 in Georgien mit Mistral-Schiffen in "40 Minuten statt in 26 Stunden" durchführen können.

Die Schiffe können angeblich bis zu 700 Landungstruppen, 13 Panzer, 60 gepanzerte Fahrzeuge, mehrere Landungsboote und bis zu 16 Hubschrauber transportieren. Ursprünglich wurden auch Ausstattungswünsche Russlands beim elektronischen Steuerungs- und Radarsystem akzeptiert, Paris wollte dazu auch Verschlüsselungssysteme beigeben, was aber von Washington abgelehnt wurde.

Konkurrenten auf dem Waffenmarkt

Während der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian betont, dass man die Schiffe in einer zivilen Version, also ohne Bewaffnung liefere, argumentiert man in Washington mit militärischen Möglichkeiten, die Russland mit diesen spezialisierten Schiffen zukommen. In Frankreich wird der Widerstand gegen die Lieferung jedoch nicht nur im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise verstanden; Publikationen verweisen auch darauf, dass die USA und Frankreich in Konkurrenz auf dem Waffenmarkt stehen und Washington gewissermaßen aus Geschäftsprinzip gegen Deals mit französischer Beteiligung agiert.

Russlands Vizepremier Dmitri Rogozin machte derweil darauf aufmerksam, dass ein Nichteinhalten der Verträge seitens Frankreich wirtschaftliche Folgen haben würde; der russische Außenminister Lawrow äußerte gestern die Ansicht, dass Frankreich wie alle seriösen Geschäftspartner die gegenseitigen Verpflichtungen erfüllen werde.