Boko-Haram-Doppelanschlag mit mehr als hundert Toten

Bundesregierung verabschiedet neues Afrikakonzept

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Die salafistische Anti-Bildungs-Sekte Boko Haram lässt sich offenbar nicht davon beeindrucken, dass sich nach der Entführung von 276 Schulmädchen (von denen 53 flüchten konnten) und einem Gipfeltreffen in Paris US-amerikanische, britische, französische, kamerunische, nigerische, tschadische und beninische Geheimdienste und Militärs am Kampf gegen die salafistische Terrorgruppe beteiligen: Bei zwei kurz aufeinanderfolgenden Sprengstoffanschlägen in der zentralnigerianischen Stadt Jos tötete sie gestern mindestens 118 Menschen, darunter zahlreiche Frauen. Weil viele Trümmer noch nicht weggeräumt sind, fürchten die Behörden, dass die Zahl der Toten im Laufe der nächsten Tage noch deutlich steigt.

Der Doppelanschlag auf dem belebten Markt im Zentrum der Stadt erfolgte nach einem Muster, nach dem die Terrorgruppe mittlerweile standardmäßig arbeitet: Erst tötet eine Autobombe zahlreiche Menschen - und kurz danach ein zweiter Sprengsatz Rettungskräfte und Helfer. Im aktuellen Fall war die erste Bombe in einem LKW und die zweite in einem Minibus deponiert. Zwischen den beiden Explosionen vergingen etwa 20 Minuten.

Jos. Karte: Telepolis

Jos ist die Hauptstadt des Plateau State, in dem mehr als vierzig Volksgruppen leben. Weil die Halbmillionenstadt relativ nahe am Hausa-Siedlungsgebiet liegt, ließen sich dort viele Angehörige dieser großen moslemischen Volksgruppe nieder. Ihre Sprache konkurriert in dem Gebiet mit dem Englischen als Verkehrssprache und ihre Religion mit dem Christentum, dem die meisten der kleineren einheimischen Völker anhängen. 2001, 2004 und 2008 gab es in Jos schwere Unruhen zwischen Christen und Moslems, bei denen mehr als tausend Menschen ums Leben gekommen sein sollen.

Auch in den Tagen davor hatte Boko Haram Terrorakte verübt: Am Sonntag kamen bei einem Autobombenattentat in einem Christenviertel in der nordnigerianischen Stadt Kano mindestens fünf Menschen ums Leben. Neben drei Männern und einem zwölfjährigen Mädchen wurde angeblich auch der Verursacher der Explosion selbst von der Bombe zerrissen.

In Waza, im Norden Kameruns, griffen in der Nacht von Freitag auf Samstag etwa 200 Boko-Haram-Terroristen eine Baustelle an und entführten zehn chinesische Ingenieure. Ein kamerunischer Soldat kam bei dem Überfall ums Leben, außerdem wurden zahlreiche Fahrzeuge gestohlen. Waza ist nur 15 Kilometer von der nigerianischen Grenze entfernt.

Der Boko-Haram-Terror beeinflusste auch ein neues Afrikakonzept, das die deutsche Bundesregierung heute verabschiedet und das die Beziehungen zu den 55 Staaten Afrikas "auf eine neue Grundlage stellen" soll. Die Leitlinien sehen unter anderem vor, dass bewaffnete Konflikte "notfalls" mit Soldaten" "frühzeitig vermieden" werden. Derzeit ist deutsches Militär in sieben afrikanischen Gebieten im Einsatz: Vor der Küste Somalias, wo Handelsschiffe vor Piraten geschützt werden, im benachbarten Djibouti, in Mali, wo Tuareg-Separatisten und Salafisten 2012 die Regierung zu stürzen drohten, im Südsudan, wo sich die die Volksgruppen Dinka und Nuer bekämpfen, im westsudanesischen Darfur, im gescheiterten Staat Kongo, und in der Westsahara, wo sich Araber mit Arabern streiten.

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