Warum werden wir immer dicker?

Nach einer Studie ist Nahrung einfach zu billig geworden, mehr Bewegung und mehr Obst und Gemüse zu essen, sei keine Lösung

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Seit Jahren ist die Rede von der Fettleibigkeitsepidemie. Immer mehr Menschen werden seit Jahrzehnten immer dicker. In Deutschland sind 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen übergewichtig und 23 bzw. 24 Prozent adipös. In den USA sind mehr als Zweidrittel der Erwachsenen übergewichtig und 34,9 Prozent adipös.

In den letzten Jahren erfolgte allerdings keine Zunahme mehr, womöglich hat die Fettleibigkeitsepidemie einen Scheitelpunkt erreicht. Die Frage bleibt allerdings weiterhin, welche Ursachen dafür verantwortlich sind. US-Wissenschaftler haben nun eine zumindest für die meisten wohl überraschende Korrelation gefunden.

Untersucht wurden mögliche ökonomischen und gesellschaftlichen Ursachen, die hinter den Veränderungen der Ernährung und der körperlichen Bewegung stehen könnten. Gemeinhin wird empfohlen, sich mehr zu bewegen und gesündere Nahrung zu sich zu nehmen. Es werden staatliche Regeln gefordert, beispielsweise eine höhere Besteuerung von zuckerhaltigen Getränken oder Junk Food, um die Menschen zu ihrem Glück bzw. zur vermeintlichen Gesundheit zu zwingen. Verantwortlich wird letztlich vieles gemacht: die sesshafte Lebensweise mit Fernsehen, Fast Food, Internet und Autos. Armut könnte auch eine Ursache sein, vielleicht auch die Größe der Portionen, der Preis oder der Umstand, dass mehr Frauen arbeiten und deshalb weniger kochen.

Vieles davon sei einfach falsch, sagen die Wissenschaftler und weisen darauf hin, dass die zunehmende Fettleibigkeit parallel mit der Zunahme an Freizeit, an der Verfügbarkeit von Früchten und Gemüse und an körperlicher Betätigung laufe. Letztlich gebe es eine wesentliche Korrelation für die Fettleibigkeitsepidemie in den USA: So billig waren Lebensmittel noch nie: "Die Amerikaner geben einen kleineren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus als jede andere Gesellschaft in der Geschichte, aber sie kriegen mehr dafür." So hätten die US-Bürger in den 1930er Jahren ein Viertel ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, in den 1950er Jahren war es nur noch ein Fünftel, heute sei es weniger ein Zehntel. Verheiratete Frauen brauchten in den 1960er Jahren mehr als zwei Stunden zum Kochen und Putzen, 30 Jahre später nur noch weniger als eine Stunde.

Zwar gebe es auch einen Zusammenhang mit dem zunehmenden Besitz an Autos, dem Leben in Städten, der Zunahme an elektronischen Geräten oder an Berufen, die keine körperliche Leistung mehr benötigen, aber der stärkste Zusammenhang mit dem Anstieg der Fettleibigkeit liege mit der Verfügbarkeit an Lebensmitteln vor, allen voran mit der Zunahme an Kohlehydraten seit den 1980er Jahren und kalorienhaltigen Süßstoffen.

Nach ihren Ergebnissen glauben die Wissenschaftler, dass die üblichen Ratschläge, mehr Obst und Gemüse zu essen und sich mehr zu bewegen, nicht viel versprechend sind, um den Trend zur Fettleibigkeit zu begegnen. Viel wichtiger sei es, die Kalorienaufnahme zu begrenzen, vor allem weniger zuckerhaltige Getränke und salzhaltige Snacks zu sich zu nehmen. Fruchtsäfte unterscheiden sich beispielsweise kaum von zuckerhaltigen Getränken. Die meisten Menschen würden einfach zu viele Kalorien zu sich nehmen. Mehr Obst und Gemüse zu essen, sei zwar löblich, würde daran aber nicht viel ändern.