OSZE bestätigt trotz der Probleme im Osten weitgehende Korrektheit der Wahl

Der Oligarch Poroschenko will seine Unternehmen verkaufen, die Milizen auch im Westen entwaffnen, in einen Dialog mit dem Osten eintreten und die "Antiterroroperation" schnell zum Erfolg führen

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Die Wählerbefragung hat die richtige Tendenz gehabt. Nach dem Wahlleiter der Ukraine lag die Wahlbeteiligung bei 62,7 Prozent, in Donezk allerdings nur bei 15,4 und in Lugansk bei 39 Prozent.. Nach Auszählung von mehr als 60 Prozent der Stimmen liegt der Schokoladenkönig Poroschenko mit 53,7 Prozent an der Spitze, was bedeuten würde, dass tatsächlich keine Stichwahl abgehalten werden müsste. Timoschenko liegt abgeschlagen auf 13 Prozent, aber Oleh Liashko von der rechtsnationalistischen Partei hat immerhin 8,8 Prozent der Stimmen erhalten.

Die OSZE hat heute versichert, dass die Wahl weitgehend "in Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen und mit einem Respekt für die fundamentalen Freiheiten im Großteil des Landes" abgehalten wurde. Es habe eine hohe Wahlbeteiligung gegeben. In Donezk und Lugansk hätten bewaffneten Gruppen die Wahl zu stören versucht. Unruhe und Gewalt hätten dort ebenso wie die "Antiterroroperation" die Durchführung der Wahl behindert und zu Menschenrechtsverletzungen geführt.

Ansonsten hätten die Wahlkommissionen gut gearbeitet, auch wenn es vor dem Wahltag einige "Transparenzprobleme" und Entscheidungen gegeben habe, die über die Befugnis der Wahlkommissionen hinausgingen. Die Wahl selbst sei transparent und trotz mancherorts langer Schlangen korrekt verlaufen. Der Beginn der Auszählung sei aber "weniger positiv" bewertet worden, meist habe es sich aber um "technische Probleme" gehandelt wie einen Angriff auf das Computersystem der Zentralen Wahlkommission.

Das Problem mit den Milizen im Westen wie im Osten

Der ehemalige Journalist Liashko zog 2006 als Abgeordneter für die damalige Timoschenko-Partei BYT in die Rada ein und wurde 2010 aus der Fraktion ausgeschlossen. 2011 wurde er Chef der Radikalen Partei und wurde 2012 erneut in die Rada gewählt, schloss sich aber keiner Fraktion an. Er forderte nach der Abspaltung der Krim die Todesstrafe für Separatisten, Spione, Verräter und Saboteure, ein Verbot der Kommunistischen Partei und der Partei der Regionen oder den Entzug der Staatsangehörigkeit für Teilnehmer an separatistischen Demonstrationen.

Zwei Tage vor der Wahl übernahm er die Verantwortung für die Erstürmung des Verwaltungsgebäudes in Torez durch seine Miliz "Ukraine". Diese erschoss einen Unterstützer der "Volksrepublik Donezk", ein anderer wurde schwer verletzt. Möglicherweise hat er dafür mehr Stimmen erhalten. Da die Übergangsregierung die Bewaffnung von "Patrioten" und Pro-Kiew-Milizen von Oligarchen oder Parteien wie dem Rechten Sektor zur Unterstützung der "Antiterroroperation" legalisiert hatte, dürfte er auch unbehelligt davon kommen.

Man darf gespannt sein, wie Poroschenko das Problem mit den Milizen lösen wird, die auch im Westen wohl nicht einfach ihre Waffen niederlegen werden. Das haben auch schon etwa die Militanten des Rechten Sektors, die als Teil der Selbstverteidigungskräfte des Euromaidan angetreten waren, nicht gemacht. Mittlerweise mischen auch dessen "Bataillone", die als die "Schwarzen Männer" tituliert werden, in der Ostukraine auf.

Poroschenko hat gleichwohl verkündet, er werde dafür sorgen, dass die Milizen ihre Waffen niederlegen. Vitali Klitschko, der Poroschenko unterstützt und seine Präsidentschaftskandidatur zurückgezogen hatte, wurde zum Bürgermeister von Kiew gewählt. Er fordert nun die Abbau der Barrikaden auf dem Maidan, deren Funktion erfüllt sei. Auch hier sind Konflikte mit der noch verbliebenen Maidan-Bewegung zu erwarten. Regierungschef Jazenjuk soll vorerst im Amt bleiben.

Poroschenko: Antiterroroperation muss "in Stunden erfolgreich beendet werden"

Die Kämpfe gehen allerdings erst einmal weiter. Separatisten haben den Flugplatz von Donezk besetzt und werden von Kampfhubschraubern des ukrainischen Militärs angegriffen. Poroschenko will die "Antiterroroperation" fortsetzen, aber gleichzeitig mit den friedlichen Menschen im Osten in Dialog treten. Selbst den Bewaffneten hat er Amnestie angeboten, sofern sie niemanden getötet haben.

Andererseits sagte er, mit Kriminellen und Terroristen werde er nicht sprechen und erklärte, die "Antiterroroperation" dürfe nicht in Monaten, sondern müsse in Stunden erfolgreich beendet werden. Die Soldaten würden ab jetzt besser ausgerüstet sein, sie würden höhere Gehälter und eine Lebensversicherung erhalten. Wie das alles im Pleiteland finanziert werden soll, sagte er nicht.

Man habe den Menschen im Donbass etwas anzubieten, angeblich würden neue Arbeitsplätze geschaffen. Er versprach, dass Russisch auch in den Behörden weiter frei gesprochen werden kann und die Minderheitenrechte garantiert werden.

Beeilen will sich Poroschenko mit der Integration der Ukraine in die EU, er kündigte aber auch noch im Juni einen Besuch in Moskau an. Der russische Außenminister Lawrow erklärte, zu Gesprächen mit Kiew bereit zu sein, eine Vermittlung sei nicht notwendig. Er kritisierte aber weiterhin die angekündigte Fortsetzung der "Antiterroroperation" im Osten.

Gespannt darf man auch darauf sein, ob Poroschenko tatsächlich seine Unternehmen mitsamt seinem Fernsehsender an einen Investor verkaufen wird, um so Unabhängigkeit zu demonstrieren. Während seiner Zeit als Vorsitzender des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats 2006 soll er seine Unternehmen auch schon mal einem Investmentfonds übergeben haben. Vor allem im Gassektor, mit dem er nichts direkt zu tun hatte, will er mit der Korruption aufräumen.