Etappensieg im Gaskrieg

Unerwartet hat die EU in der Konfrontation mit Russland um das Pipeline-Projekt "South Stream" einen Etappensieg errungen, wohl mit amerikanischer Hilfe

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bulgarien, das russlandfreundlichste und ärmste Land der EU (Brückenkopf oder Trojanisches Pferd?), kündigte am Sonntag an, die Bauarbeiten an der South-Stream-Gasleitung einzustellen. Die geplante Pipeline des russischen Konzerns Gazprom soll Erdgas nach Bulgarien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Österreich und Italien leiten, die ersten Lieferungen sind auf das Jahr 2015 kalkuliert (Great Game um Geo- und Energiepolitik). Auch Serbien, das weitere Land, in dem Bauarbeiten laufen, kündigte am Montag einen vorläufigen Baustopp an.

Die Europäische Kommission ist gegen das Projekt in seiner jetzigen Gestalt, da ein Unternehmen (Gazprom) nach EU-Recht nicht gleichzeitig die Pipeline betreiben und ein Monopol auf die Gaslieferung haben darf. Zudem gilt die Annexion der Krim als Grund für die Verzögerung. EU-Energie-Kommissar will eine Zusage vom Verhalten Russlands in der Ukraine abhängig machen.

Bis vor kurzem zeigte sich das Kabinett in Sofia, das von der "Bulgarischen Sozialistischen Partei" dominiert wird, fest entschlossen, jeglichen Druck der EU auszuhalten und die Bauarbeiten weiterzuführen.

Der parteilose Premier Plamen Oresharski gab die Entscheidung zum Baustopp nach einem Treffen mit drei amerikanischen Senatoren, darunter John McCain, der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner, bekannt. McCain hat seit längerer Zeit Osteuropa als Thema entdeckt und nennt Russland eine "Tankstelle, die von der Mafia betrieben wird, die sich als Land maskiert hat".

Nach lokalen Zeitungen in Bulgarien hätten die drei Senatoren erklärt, dass der Russe Gennadi Timtschenko, der das Unternehmen Stroytransgaz besitzt, von amerikanischen Sanktionen aufgrund der Krim-Annexion betroffen sei. Der Konzern leitet die Bauarbeiten in Bulgarien.

Bulgarische Firmen, die an dem Projekt mitwirken, könnten ebenso von amerikanischen Sanktionen betroffen werden, so vermittelte es die amerikanische Botschafterin Marcie Ries in Sofia der Zeitung Dnevnik.

Am 13 Juni wird Oreshaki EU-Energiekommissar Günther Oettinger treffen, den EU-Leiter einer Arbeitsgruppe, in dem Mitglieder der Europäischen Union und der Russischen Föderation seit Januar über die Gaspipeline verhandeln. Bulgarien hat Zeit bis Anfang Juli, alle Fragen der Europäischen Kommission zu beantworten, ansonsten droht dem Land ein Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Projekt, so der bulgarische Premier, soll nur weitergeführt werden, wenn die Europäische Kommission keine Einwände mehr habe.

Die EU ist nicht allein aus formalen und politischen Gründen gegen das Gazprom-Projekt, sondern man will sich auch von russischen Energielieferungen unabhängiger machen. Das war auch das Ziel des Projekts der Trans-Adria-Pipeline, mit dem Gas aus Aserbaidschan über die Türkei, Griechenland und Italien nach Westeuropa geliefert werden sollte. Doch um dieses Vorhaben ist es sehr ruhig geworden.

Für Russland steht viel auf dem Spiel, soll doch das neue Pipeline-Projekt Europa weiterhin an russisches Gas binden und die Lieferungen von der Ukraine unabhängig machen. Ukrainische Nationalisten könnten die Pipelines sabotieren, so die Argumentationslinie.

Die russische Zeitung Kommersant geht davon aus, dass die USA nicht allein aus politischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen interveniert haben. Die Zeitung beruft sich auf ungenannte Quellen, nach denen die Ukraine ihr Gasleitungssystem unter die Kontrolle amerikanischer und europäischer Konzerne stellen will.

Die Regierung in Kiew verhandle bereits mit Shell, ExxonMobil und Chevron. Würde man das Projekt South Stream verhindern, so sei Gazprom weiterhin auf das Transitland Ukraine angewiesen, so die russische Zeitung. Auch das ukrainische Gasunternehmen Naftogaz wird umstrukturiert und EU-Richtlinien angepasst.

Dass nun gleich auch das ebenfalls russlandfreundliche Serbien mit einem Baustopp nachzog, gilt als weitere Schlappe, schließlich ist das Land nicht an EU-Gesetze gebunden. Die Verkehrsministerin Zorana Mihajlović erklärte, man wolle erst die Gespräche zwischen Bulgarien, der EU und Russland abwarten.

Während Gazprom bislang schweigt, ist der englischsprachige Auslandssender "Russia Today" bemüht, das auf 3600 Kilometer Länge und 70 Milliarden Dollar Kosten angelegte Bauprojekt als nicht gefährdet einzustufen. "Alles wird so laufen wie geplant", zitiert Russia Today den serbischen Premier Aleksandar Vucic.