Waren doch Militärübungen für das Verschwinden von Zivilflugzeugen von Radarschirmen verantwortlich?

Slowakische Behörden sprechen von einer Übung in elektronischer Kriegsführung, die zu zweimaligen großflächigen Störungen der Transpondersignale geführt hatten - Nato hüllt sich in Schweigen

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Am 5. und am 10. Juni war es kurzzeitig zu Störungen der Flugsicherung in Österreich, Deutschland, Tschechien und der Slowakei gekommen. Dabei waren Flugzeuge von den Radarschirmen der Fluglotsen verschwunden, weil das Transpondersignal gestört war, das Daten zur Kennung oder über die Flughöhe übermittelt. Betroffen waren allerdings nur wenige Flugzeuge, an beiden Tagen 13 im österreichischen Luftraum, insgesamt nach Schätzungen um die 50.

Interessant ist der Vorfall auch deswegen, weil das Flugzeug MH 370 der Malaysian Airlines mit 239 Insassen am 8. März ebenfalls von den Radarschirmen verschwunden war, aber danach noch Stunden in anderer Richtung weitergeflogen war. Bislang wurde es trotz intensiver Suche nicht gefunden, unklar bleibt weiterhin, was die Ursache des Verschwindens war. Diskutiert wurden eine technische Panne, Sabotage, Entführungsversuch oder Selbstmordwunsch eines Piloten.

Auch die Ursache der kurzen, aber großflächigen Störungen, die von Austro Control gegenüber österreichischen Medien bestätigt wurden, ist letztlich noch unbekannt. Zuerst kam der Verdacht auf, dass die Störungen am 5. Juni durch ein Nato-Manöver in Ungarn verursacht worden sein könnte, auf dem elektronische Kriegsführung geübt wurde, also auch die Störung der Signale von Flugzeugen. Davon war man aber wieder abgekommen, weil am 10. Juni die Militärübung bereits beendet war. Ausgeschlossen wurde, dass eine ähnliche Übung in Italien in der Lage gewesen wäre, Signale noch bis weit nach Deutschland zu stören.

Diskutiert wurde nun, ob die großflächigen Störungen möglicherweise von einem Satelliten verursacht wurden. Dazu in der Lage wären aber angeblich nur Satelliten der USA, von Russland, China und Indien. Neben technischen Pannen, für die aber nichts zu sprechen scheint, könnten womöglich Hacker verantwortlich sein (Schon zum zweiten Mal angeblich großflächige Störungen der Flugsicherung).

Auffällig war jedoch das Schweigen der Nato. Rotzig hat angeblich ein hoher Nato-Offizier auf eine Anfrage der österreichischen Presse geantwortet: "Wir diskutieren unsere Möglichkeiten der elektronischen Kriegsführung grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit." Man arbeite aber eng bei Übungen mit den lokalen Behörden zusammen.

Die Deutsche Flugsicherung bestätigte schließlich die Vorfälle ebenfalls gegenüber der dpa. "Die Radaranlagen wurden von einer externen Quelle gestört, es hat kein technisches Problem innerhalb der Deutschen Flugsicherung gegeben", sagte die Sprecherin und ließ dabei die wichtige Frage nach der Ursache weiterhin offen. Bislang sei eine solche Störung noch nie aufgetreten, so die Deutsche Flugsicherung. Auch Markus Pohanka von Austro Control erklärte gegenüber dem Standard, dass es so etwas noch nie im österreichischen Flugraum gegeben habe. Austro Control hat nun die europäische Luftfahrtbehörde Euro Control und die EU-Agentur für Flugsicherheit (Easa) gebeten, die die Vorfälle zu untersuchen.

Ausgefallen waren die Signale für das Sekundärradar, auf dem Primärradar seien die Flugzeuge weiterhin zu sehen gewesen. Ebenso wie die österreichische versicherte auch die deutsche Flugsicherung, dass die Sicherheit nicht gefährdet gewesen sei. Dennoch würde man gerne wissen, um welche externe Quelle es sich handelt oder wer hier herumspielt und eventuell doch die Sicherheit der zivilen Luftfahrt willkürlich und ohne Ankündigung gefährdet.

Die Presse will nun von einem nicht näher benannten "Informanten", der Zugang zu Informationen der europäischen Flugsicherung besitzen soll, erfahren haben, dass die Störung doch vom Militär ausgegangen sei. Am 5. Juni soll es sich um ein AWACS-Aufklärungsflugzeug in Norditalien gehandelt haben, am 10. Juni um ein "noch nicht identifiziertes Objekt" in der Nähe der Ramstein Air Base., dem Hauptquartier der United States Air Forces in Europe und des Allied Air Command Ramstein der Nato. Von Ramstein aus sollen auch Drohnenangriffe in Pakistan, im Jemen oder in Afghanistan geplant und geleitet werden.

Die slowakische staatliche Firma Air Traffic Services hatten nach Reuters mitgeteilt, dass "das Verschwinden von Flugzeugen vom Radarschirm in Zusammenhang mit einer geplanten Militärübung am 5. und 10. Juni steht, deren Ziel die Störung von Funkfrequenzen war". Während die Flugzeuge von den Radarschirmen verschwunden gewesen seien, seien die Piloten in Funkkontakt mit den Fluglotsen gestanden. Als man das Problem erkannt habe, sei man sofort in Kontakt mit den Verantwortlichen getreten, die die Übung gestoppt hätten. Nicht mitgeteilt wird, wer der Verursacher war und warum das Militär so leichtsinnig war, die Signale für die zivile Luftfahrt willkürlich oder versehentlich zu stören.

Während am 5. Juni die Flugzeuge nur für 25 Minuten von den Radarschirmen verschwunden waren, dauerte dies am 10. Juni immerhin eineinhalb Stunden. Immerhin gehört der europäische Luftraum zu den weltweit am dichtesten benutzten. Man sollte eigentlich erwarten, dass die für die Übungen verantwortlichen Militärs bzw. die Verantwortlichen in den Ministerien auch gegenüber der Öffentlichkeit die Ursachen der Vorfälle bekannt machen und zu ihrer Verantwortung stehen.