Drohnen als ethischer Fortschritt

Mockup der in Entwicklung befindlichen Tarnkappen-Kampfdrohne NEUROn von Dassault Aviation auf der Luftfahrtshow Paris 2013. Bild: Aerolegende/CC-BY-SA-3.0

Die katholische Militärseelsorge macht sich für den Krieg der Zukunft stark

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Dass die Kriegsführung mittels bewaffneter Unmanned Combat Air Vehicles (UCAVs), umgangssprachlich "Drohnen", längst keine Utopie mehr ist, hat sich herumgesprochen. Jetzt ist das Thema auch bei der Katholischen Kirche angekommen. Wer aber meint, die katholischen Oberen würden sich gegen den Einsatz der technischen Todesengel aussprechen, der irrt gewaltig. Die Kirche konstruiert aus dem ethischen Dilemma ein Plädoyer für den besseren Krieg - ethische Legitimation inklusive.

Das neue E-Journal der katholischen Militärseelsorge ist das Mittel zum Zweck. Es erscheint auf Deutsch und Englisch, kommt international daher und widmet sich in seiner ersten Ausgabe dem Thema Anonymes Töten am Beispiel der autonomen Waffensysteme. Den Soldaten verortet das Magazin "zwischen Gewissen und Maschine".

Roboter - die besseren Kameraden?

Hohe Militärs sowie Akademiker aus dem In- und Ausland bilden die Autorenriege. Einige Beispiele: Professor Dr. Ronald C. Arkin, Forscher am College of Computing der Georgia Tech-University. Sein Statement: Robotik kann die Anzahl von zivilen Opfern senken und viel Leid und Elend vermeiden. Der Deutsche Generalleutnant Karl Müllner schreibt über die "moralische Pflicht", "Soldaten mit bestmöglicher Technik aus [zu]statten".

"Drohnen, Roboter und die Moral des Krieges" überschreibt Professor Dr. Daniel Statman, Philosoph an der israelischen Universität Haifa, seinen Beitrag. Mit den neuen Technologien, so ist seinem Ansatz zu entnehmen, kann der Krieg tugendhafter werden.

Auch wenn bei Annahmen über die Zukunft immer Vorsicht geboten ist, scheinen mir Feldzüge mit Drohnen im Vergleich zu den großen Schlachten der Vergangenheit weitaus menschenwürdiger zu sein. Im Vergleich zu Bomben, Marschflugkörpern und insbesondere Massenvernichtungswaffen könnte die Drohne durchaus als echtes Versprechen auf ethischen Fortschritt in die Annalen der Kriegsführung eingehen.

Daniel Statman

Das Grußwort zum Erscheinen des E-Journals schrieb Militärgeneralvikar Monsignore R. Bartmann. Co-Autor Karl Müllner, seit 2012 Inspekteur der Luftwaffe, lobt in seinem Beitrag die Geschwindigkeit, Präzision und Skalierbarkeit der neuen Waffen und bedauert aus Sicht der deutschen Streitkräfte, dass es in der gegenwärtigen ethisch-moralischen Diskussion eine "Schablone der problematischen Einsatzpraxis anderer Staaten" gebe, die offensichtlich unseren Blick trübe; man komme "an bewaffneten ferngesteuerten Luftfahrzeugen faktisch kaum vorbei". Müllner gilt als der erste hochrangige General der Bundeswehr, der sich öffentlich für die Anschaffung bewaffneter Drohnen aussprach.

Damit scheint die Katholische Militärseelsorge den Schulterschluss mit den Befürwortern des modernen Drohnenkriegs zu vollziehen - rechtzeitig, bevor im Verteidigungsausschuss des Bundestages die Expertenanhörung zum Thema "Kampfdrohnen" anberaumt ist. Bei der Anhörung am kommenden Montag soll es um völker-, verfassungsrechtliche sowie sicherheitspolitische und ethische Fragen im Zusammenhang mit "unbemannten Luftfahrzeugen gehen, die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben".

Notfalls Psychopharmaka

Herausgeber des neuen katholischen E-Magazins ist das Hamburger "Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften" (ZEBIS), das gemeinsam mit der evangelischen Konkurrenz den für Soldaten der Bundeswehr konzipierten "Lebenskundlichen Unterricht" bestreitet. Was kirchlicherseits hier unter dem Schlagwort "Sicherheitskultur" propagiert wird, könnte als Werbung für die Beschaffung und den Einsatz von Kampfdrohnen verstanden werden, deren "Präzision" gelobt wird und die nach Meinung der Autoren den Krieg humaner machen.

"Im Vergleich zu Bomben, Marschflugkörpern und insbesondere Massenvernichtungswaffen könnte die Drohne durchaus als echtes Versprechen auf ethischen Fortschritt in die Annalen der Kriegsführung eingehen", so der Philosoph Statman. Als "Gegenstrategien" gegen Stresssymptome bei Drohnenpiloten (vor allem die Posttraumatische Belastungsstörung, PTBS) empfiehlt ein Special das systematische "Trainieren" seelischer "Widerstandsfähigkeit" sowie die Behandlung mit Psychopharmaka.

Frau Gertrud Maria Vaske von zebis wirft dem Autor des Telepolis-Artikels "Falschbehauptungen" vor. Um eine kritische Auseinandersetzung zu ermöglichen, veröffentlicht die Redaktion im Folgenden die Einwände:

"Das zebis oder die Katholische Kirche wirbt im neuen E-Journal www.ethikundmilitaer nicht für bewaffnete Drohnen. Ausgewogene Berichterstattung ist uns wichtig. Fünf von acht Essays im aktuellen E-Journal sind gegen den Einsatz von Drohnen. Telepolis erwähnt nur die Beiträge "pro Drohnen".

Bitte entnehmen Sie der Website: www.ethikundmilitaer.de im Impressum, dass das zebis n i c h t die Meinung der Autoren oder Artikel vertritt. Dies gilt ebenso für die Katholische Soldatenseelsorge. Ebenso handelt es sich nicht um ein zebis-Special, sondern um ein PTBS-Special, dass die Artikel zweier Autoren nur zusammenfasst. Wir möchten lediglich den Diskurs um ethische und militärethischen Themen anstoßen."