Lauschen der US-Geheimdienste: Wann ist genug?

Ein bisschen Rhetorik investiert die deutsche Regierung, dabei wird es bleiben

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Der Bundespräsident gibt sich angesäuert. Nachdem bekannt wurde, dass ein BND-Mitarbeiter vermutlich für die CIA spioniert hat, ausgerechnet auch noch den NSA-Untersuchungsausschuss, ist mal wieder Reaktion aus Berlin gefordert. Zumindest rhetorisch.

Mutig spielte also Bundespräsident Gauck einen Aufschlag und sagte im ZDF-Sommerinterview: "Jetzt reicht's. Das ist schön gesagt, er blieb aber schuldig, die Konsequenzen zu benennen.

Schön war die gemütliche Runde bei Günter Jauch gestern Abend. Jauch hatte Hillary Clinton und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu Gast. Clinton tat so, als habe sie als Ex-Außenministerin nichts gewusst, sie versicherte in der Märchenstunde, dass Obama sowieso schon vor Snowden die Kontrolle der Geheimdienste verstärken wollte, vergaß aber zu sagen, dass daraus eigentlich bis heute nichts wurde. Und sie verwies permanent und nichtssagend auf die Gespräche auf hoher Ebene, die statt konkreter Vereinbarungen für eine Verständigung sorgen sollen, also auf den unverbindlichen Cyber-Dialog, den die US-Regierung anstelle eines No-Spy-Abkommens angeboten hat. Ansonsten umschiffte sie jede klare Aussage, meinte nur, dass die Beziehung zu Deutschland für die USA wichtig seien und deswegen nicht riskiert werden dürften.

Jauch hatte offenbar mit von der Leyen vereinbart, sie zu diesem heiklen Thema ebenso wie zur Ukraine nicht zu fragen, was er auch einhielt, dafür umschwärmte von der Leyen Clinton, die das natürlich huldvoll akzeptierte. Den dritten Gast, Margot Käßmann, die immerhin verhalten Kritik am Irak-Krieg und der Exekution von Bin Laden äußern durfte, wozu sie auch geladen war, um das Schauspiel nicht noch peinlicher zu machen, wurde zum Lauschangriff auf Deutschland schon sicherheitshalber gar nicht gefragt. Das ist öffentlich-rechtliches Fernsehen mitsamt den "Stars", die sich geflissentlich an die Regeln halten.

Dass von der Leyen zum Lauschangriff nichts sagen wollte, spricht Bände. Zwar tönte auch Innenminister de Maizière, dass er nun dringend Aufklärung verlange, aber auch er kündigte nicht an, was geschieht, sollte Washington blocken. Symbolisch auch die Einladung des Botschafters ins Auswärtige Amt zu einem "Gespräch", man verzichtete darauf, ihn zu zitieren. Man arbeitet mit Samthandschuhen, schließlich wird der Bundestag vermutlich von der US-Botschaft ausspioniert, der BND-Mitarbeiter stand auch in Kontakt mit Agenten, die in der Botschaft arbeiten. Außenminister Steinmeier ist sowieso kein Garant für souveräne deutsche Politik und hat die Zusammenarbeit von BND und US-Geheimdiensten als Kanzleramtschef verstärkt, während er die Verschleppungen der US-Regierung gedeckt hatte, etwa im Fall Kurnaz (Mangelndes Rechtsbewusstsein). Jetzt sprach er davon, dass es sich nicht um Kleinigkeiten handelt.

Wie immer schweigt die Bundeskanzlerin. Offensichtlich will man auch diesen Skandal aussitzen. Man ist ja in Gesprächen und man darf die für Deutschland angeblich so wichtige Kooperation zwischen den Geheimdiensten nicht gefährden. Was wird geschehen? Bis auf ein wenig aufgeblasene Rhetorik nichts, steht zu vermuten. Das ist halt so mit den Geheimdiensten.

Update: Die Bundeskanzlerin hat auf einer Pressekonferenz nach einer Frage Stellung genommen, was aber wieder bedeutet, dass sie gerne alles verschieben will:

"Es handelt sich, wenn das so ist, um einen sehr ernsthaften Vorgang. Der Generalbundesanwalt ermittelt. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so steht das für mich in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Diensten und auch von Partnern verstehe. Jetzt müssen wir die Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten.

Was Wirtschaftsspionage ganz allgemein und Cyber-Attacken anbelangt, so lehnt die Bundesrepublik Deutschland dies ab - egal, von wem das kommt. Wir haben auch als Staat die Aufgabe, unsere Wirtschaft vor solchen Attacken zu schützen."

So lange der US-Regierung keine Konsequenzen angedroht werden, werden die Geheimdienste ungeniert weiter machen, da die Kritik seitens der Bundesregierung nur als oberflächliche Rhetorik zu verstehen ist, zumindest war dies bislang so.