"Das ist kein Terrorismus, das ist Krieg"

Die ukrainische Regierung begrüßt neue Sanktionen von USA und EU, will Verhandlungen mit den Separatisten meiden und wirft Russland aktive Einmischung vor

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die US-Regierung hat wie üblich kurz vor der Sitzung des Europäischen Rats weitere und schärfere Sanktionen gegen Russland verhängt, die EU zieht unter dem Druck der USA und vor allem der osteuropäischen Länder nach, ist aber zerrissen und hat deswegen nur beschlossen, dass die Europäische Investitionsbank und die Europäischen Bank für Wiederaufbau keine Projekte mehr in Russland fördern sollen. Gegen die russischen Unternehmen und Personen, die materielle oder finanzielle Hilfe zur "Destabilisierung" der Ostukraine oder der Annexion der Krim beigetragen haben, werden ebenfalls Sanktionen verhängt, beschlossen wurde aber noch nicht, um welche es sich handelt.

Die USA verhängten gegen vier weitere Personen aus der Ostukraine, darunter Alexander Borodai, den "Regierungschef" von Donezk, Sanktionen, was nicht gerade die Motivation steigern dürfte, in Verhandlungen mit der ukrainischen Regierungen einzutreten, wie das vor allem die EU und auch Russland unterstützen. Die US-Regierung ist weiterhin deutlich mehr auf Konfrontation ausgerichtet. So werden finanzielle Geschäfte der Bank des staatlichen Energiekonzerns Gazprom, der russischen Bank für Außenwirtschaft und der Energiekonzerne Rosneft und Novatek in den USA beschränkt. Die Vermögenswerte werden aber nicht eingefroren, schließlich hält der russische Staat mit 50,002 Prozent eine knappe Mehrheit an Gazprom, fast 30 Prozent gehören aber der Bank of New York Mellon und 23 Prozent anderen Shareholdern. Rosneft kooperiert beispielsweise stark mit ExxonMobil. Nach Ansicht von Experten wird dies keine große Wirkung haben, da sich die Unternehmen außerhalb der USA Kredite holen können. Eingefroren werden jedoch die Konten von 8 russischen Rüstungskonzernen, darunter auch der Kalaschnikow-Konzern, womit man sich auch Konkurrenten wegschafft, zumal die Ukraine-Krise die Geschäfte der westlichen Rüstungskonzerne verbessern könnte. Die US-Regierung drängt ebenso wie die von den USA dominierte Nato darauf, dass die Rüstungsausgaben der Mitgliedsländer steigen sollen. US-Präsident Obama erklärte, Russland müsse erneut sehen, dass seine Aktionen in der Ukraine Konsequenzen haben.

Das russische Außenministerium reagiert wie gewohnt: "Wir haben wiederholt hervorgehoben, dass es nutzlos ist, mit Russland eine Sprache der Sanktionen - von welchem Ausmaß auch immer - zu sprechen. Auf diesem Weg kann nichts Gutes erreicht werden. Dasselbe gilt für Ansprüche auf Aktiva russischer Unternehmen. Auf diejenigen, die an ihre Ausschließlichkeit und ihr Recht glauben, der übrigen Welt ihren Willen zu diktieren, warten bittere Enttäuschungen", warnt das Außenministerium." Sanktionen seien ein "zweischneidiges Schwert". Der russische Regierungchef Medwedew erklärte, die Sanktionen würden der Ukraine nicht helfen, aber Russland müsse jetzt mehr Geld in die Aufrüstung investieren.

Vorgeworfen wird Russland von den USA und der EU, es unternehme nicht genug dagegen, dass Waffen und Kämpfer über die Grenze in die Ukraine gelangen können. Angeblich haben die Geheimdienste Beweise dafür gesammelt. Die Nato hat ein Papier veröffentlicht, in dem versucht wird, Behauptungen Russlands zu widerlegen:

All of NATO’s deployments have taken place on NATO territory, with the intention to deter threats to NATO territory. Russia, on the other hand, has illegally annexed Crimea, allowed mercenaries and heavy weapons to flow across its border into Ukraine, and refused to condemn the aggressive and illegal actions of armed separatists in Ukraine, as it committed to do in Geneva in April. Recruiting efforts for separatist fighters are also expanding inside Russia.

Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, den Separatisten alte Waffen aus dem Armeebestand zu übergeben und diese auch mit Soldaten und "Söldnern" zu unterstützen. Zudem wird nun auch vom Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat behauptet, dass ein ukrainisches Transportflugzeug von einem russischen Flugzeug abgeschossen worden sei. Russland streitet dies ab und verweist darauf, dass die Separatisten erklärt hätten, diese Maschine und ein Kampfflugzeug abgeschossen zu haben.

Es werde zudem aus Russland auch in die Ukraine gefeuert. So kursiert auf ukrainischer Seite gerade ein Video als angeblicher Beleg dafür, dass von einem Mehrfachraketenwerfer aus der Region Rostow über die Grenze in die Ukraine gefeuert wird.

Die ukrainische Regierung sagt, dass "russische Söldner und Terroristen" weiter Grenztrupps mit Granaten und Mehrfachraketenwerfern des Typs Grad beschießen würden. Russland würde weiterhin Truppen an der Grenze zusammenziehen und mit Drohnen die Position der Grenztruppen und der Streitkräfte erkunden. Der ukrainische Regierungschef Jazenzuk hat heute die Verhängung der Sanktionen begrüßt. Das zeige die Einheit von USA und EU, Russland habe es nicht geschafft, die EU zu teilen. Russland müsse dafür zahlen, einen Krieg gegen die Ukraine begonnen zu haben. "Das ist kein Terrorismus, das ist ein Krieg." Allerdings wurde in der Ostukraine die kriegerische Auseinandersetzung durch den Start der militärischen "Antiterroroperation" befördert, wenn nicht ausgelöst. Jazenzuk lehnt trilaterale Verhandlungen ab und besteht darauf, dass nur Vierergespräche im Genfer-Format mit Vertretern von der Ukraine, der USA, der EU und Russland. Man will also vor allem die Amerikaner mit am Tisch haben und versucht weiterhin, direkte Verhandlungen mit den Separatisten abzuwürgen. Derweil hat Präsident Poroschenko ein Gesetz unterzeichnet, dass allen Beteiligten an der "Antiterroroperation", also auch den vielen Milizen, den offiziellen Status eines Kombattanten zukommen lässt.