Der kleinste gemeinsame Nenner

Foto: israelisches Presseamt

Noch vor wenigen Wochen stand Israels Koalition kurz vor dem Zusammenbruch. Nun hat der Krieg sie fest zusammen geschweißt. Könnte man meinen

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Mehr als 700 Menschen sind seit Beginn der Auseinandersetzungen im Gazastreifen und in Israels ums Leben gekommen; darunter sind auch mindestens 28 israelische Soldaten und drei Zivilisten in Israel. Im Gazastreifen sind bis zu einer viertel Million Menschen auf der Flucht, während sich Kämpfer der Essedin al-Kassam-Brigaden und israelische Soldaten schwere Kämpfe liefern, die Luftwaffe unermüdlich Angriffe auf Ziele in dem dicht bevölkerten Landstrich fliegt.

In Israel selbst leidet vor allem die Wirtschaft schwer unter dem Raketenbeschuss: Mitte dieser Woche stellte ein Großteil der Fluggesellschaften ihre Flüge nach Tel Aviv ein; unklar ist auch, wie die immensen Kosten für den High Tech-Krieg gestemmt werden sollen. Die Gesellschaft reagiert auf die Situation ambivalent: Ein Großteil der Öffentlichkeit steht hinter dem Militäreinsatz gegen Gaza, weil man hofft, Feuer mit Feuer bekämpfen zu können. Dies hat Regierungschef Benjamin Netanjahu, der mit einer zerstrittenen Koalition im Rücken regieren muss, zunächst einmal eine Ruhepause verschafft. Aber: Seine Kritiker schweigen zwar. Aber verstummt sind sie nicht.

Eine Gemeinschaft, geformt durch Krieg

Einheit, könnte man meinen, herrscht. Eine Gemeinschaft, geformt durch Krieg. Kaum ein kritisches Wort, schon gar nicht, ein laut ausgesprochenes kritisches Wort, ist an diesem Donnerstag zu hören, an dem sich, während im Gazastreifen weiter gekämpft wird und Raketen auf israelische Städte abgeschossen werden, internationale Diplomaten um einen Waffenstillstand bemühen, im Parlamentsgebäude in West-Jerusalem die Abgeordneten versammelt haben, um der Vereidigung des neuen Präsidenten beizuwohnen. Viel wird heute über die Krieg gesprochen, oder vielmehr die Notwendigkeit Israel zu schützen; auch ein paar Tränen werden geweint, wenn Redner das Opfer erwähnen, das die Soldaten gebracht haben, die seit Beginn der Bodenoffensive getötet oder verletzt wurden.

Und Regierungschef Benjamin Netanjahu, das ist sehr deutlich zu sehen, sonnt sich an diesem feierlichen Moment, der immer noch recht spektakulär wirkt, obwohl die Zeremonie in Anbetracht des Krieges deutlich zurückgefahren wurde. Netanjahu tut heute das, worin er wirklich ist: Er hält eine Rede, wohl gemerkt nicht von ihm selbst geschrieben, in der er schwört, mit ernstem, entschiedenem Blick, das Problem Hamas endgültig zu beseitigen. Und er nickt zufrieden, als Reuven Rivlin, so heißt der neue Präsident des Staates Israel, die Regierung für ihre Entscheidungen lobt.

Einheit, könnte man meinen, herrscht auch zwischen den beiden. Eine Gemeinschaft, geformt durch Krieg, die allerdings deutliche Makel hat. Rivlin und Netanjahu können sich nicht ausstehen; dass Rivlin an diesem Nachmittag die Hand hob, wird in Israels Berufspolitik als Offenbarungseid für das handwerkliche Geschick des Regierungschefs gesehen.

Machtkämpfe: Netanjahus Kartenhaus

Monatelang, zuerst im Verborgenen, dann ganz offen, hatte Netanjahu versucht Rivlins Wahl zum Präsidenten zu verhindern, war sogar soweit gegangen, dass er seine Mitarbeiter losschickte, um auszutesten, ob es im Parlament eine Mehrheit dafür geben könnte, die Präsidentschaft ganz abzuschaffen. Aber nein, die gab es nicht: Israelis wollen ein Staatsoberhaupt, das staatsmännische Reden hält, und in gut sitzenden Anzügen über rote Teppiche läuft. Vor allem wollen sie ein Gesicht, eine Person, die länger ein Amt bekleidet als nur für ein paar Jahre. Israelische Regierungschefs haben seit den 1990er Jahren eine durchschnittliche Haltbarkeit von durchschnittlich zwei Jahren.

Dass Netanjahu es schaffte, zur Ausnahme zu werden, und nicht nur fast eine volle Amtszeit durchhielt, sondern auch noch trotz eines Wahlergebnisses von 13,37 Prozent eine zweite Regierung hinterher schieben konnte, liegt daran, dass die Arbeiterpartei vor einigen Jahren damit begann, alle paar Monate die Parteivorsitzenden/Spitzenkandidaten auszutauschen.

Gleichzeitig tauchten auf der politischen Landkarte Neugründungen auf, die meist aus einem bekannten Spitzenkandidaten und vielen komplett irrelevanten Listenkandidaten bestehen, und mit dem Versprechen, Zentrum sein zu wollen, um Wähler buhlen, wobei Zentrum in Israel für Einheit der politischen Lager steht; ein Konzept, das vielen Wählern, die sich je nach Thema mal zur einen Seite, mal zur anderen Seite hingezogen fühlen, reizvoll erscheint, weil dadurch das Versprechen im Raum steht, alle Themen, die den Menschen wichtig sind, in einer Partei abdecken zu wollen.

In einer solchen Situation wird derjenige Premierminister, der die meisten Leute kennt und bei Gleichstand weniger Feinde hat als die anderen. Außerdem muss der Premierminister auch noch allen alle Forderungen erfüllen können, ohne irgend jemandem wehzutun.

Und so wurde Bibi III (Netanjahu war Ende der 90er schon einmal für kurze Zeit Premierminister gewesen) zu einer Regierung in der sehr viel diskutiert wurde, aber bis jetzt auch wenig ins Parlament geschickt wurde: Nur sehr wenige der Vorlagen, über die die Knesseth abstimmt, sind Regierungsinitiativen. Denn die schaffen es selten dahin: Das Kabinett bekam einen eigenen Gesetzgebungsausschuss, der nichts anderes tut, als Gesetzesvorlagen zu beschließen, und es dann nach außen so zu tun, als sei das Gesetz beschlossen worden, was aber tatsächlich nicht der Fall ist, weil das Gesetz dann sehr oft auf dem Weg von der Kaplanstraße in Jerusalem, wo der Premierminister sein Büro hat, ins Parlament irgendwo hängen bleibt. Denn sehr oft besteht die Gefahr, dass die oft kontroversen Gesetzesinitiativen im Parlament durchfallen.

Rivalitäten

Denn die Abgeordneten der Neuparteien sind ziemlich unzuverlässig. Zwar sind sie an die Koalitionsdisziplin gebunden, dürfen bei der kommenden Wahl nicht mehr antreten, wenn sie gegen eine Regierungsinitiative stimmen. Doch wenn man mit diesen Parlamentariern spricht, dann ist sehr oft offener Unmut zu hören: Man will eigentlich nicht in dieser Regierung sein, die viel verspricht, und nichts gibt. Und man weiß, dass die eigene Partei bei der nächsten Wahl auf Falafelgröße zusammengestampft wird, weil man nichts bringt. Dementsprechend wirkt auch die Drohung, beim nächsten Mal auf die Bank zu müssen, nicht.

Die Wahl Rivlins hat dies öffentlich gemacht. Auf der einen Seite gehört er zum alten Adel des rechtskonservativen Likud-Blocks, stellt er sich gegen die Rückgabe der 1967 von Israel besetzten Gebiete; eine Ein-Staaten-Lösung sei leichter zu erreichen, als ein tragfähiger Deal mit den Palästinensern oder gar Syrien, sagt er immer wieder. Doch auf der anderen Seite tritt er vehement für möglichst weit reichende bürgerliche Freiheiten und Pluralismus ein.

Die Dissonanz zwischen Netanjahu und Rivlin ist weit mehr als nur ein politischer Krach: Es geht um Werte. Rivlin macht keinen Hehl daraus, dass er Netanjahu für einen "Karrieristen" hält, der die eigentlichen Werte des Likud-Blocks aufgegeben hat: Es sei nie das Ziel des Likud-Blocks (Block übrigens, weil der Likud keine Partei, sondern ein Parteienbündnis ist) gewesen, ein anderen Volk dauerhaft zu unterdrücken, sagte Rivlin in der Vergangenheit immer wieder.

"Die Araber sind ein untrennbarer Teil dieses Landes"

Als Parlamentssprecher hatte er sich bis Anfang 2013 immer wieder gegen Netanjahu und seine Koalition gestellt. So wandte er sich gegen die Bestrebungen, die arabische Abgeordnete Hanin Zoabi aus der Knesset auszuschließen, nachdem sie 2010 an der Gaza-Hilfsflotte teil genommen hatte. Aber vor allem: Er sprach sich gegen die Forderung aus, die Palästinenser müssten als Bedingung für einen Friedensschluss Israel als jüdischen und demokratischen Staat anerkennen, und stellte sich gegen Außenminister Avigdor Lieberman, Vorsitzender des einstigen Likud-Bündnispartners Jisrael Beitenu, der die Landesteile mit arabischer Bevölkerungsmehrheit zum Teil des Staates Palästina machen will.

"Die Araber sind ein untrennbarer Teil dieses Landes. Sie sind eine Gruppe mit einer sehr definierten nationalen Identität. Wir können nicht von ihnen verlangen, zu akzeptieren, dass die Nationalhymne ihres Landes die Worte ,So lange noch im Herzen eine jüdische Seele wohnt' enthält," sagte er vor einigen Monaten, und forderte, das Verhältnis zwischen Arabern und Juden im Lande müsse sich fundamental ändern:

"Wir brauchen eine Partnerschaft, ein Miteinander, ein bilaterales Anerkenntnis. dass andere anders sind"

Selbst seine Vorstellungen von einer Ein-Staaten-Lösung decken sich nur auf den ersten Blick mit der Haltung des Likud: Für ihn ist Teil des Konzepts, Palästinensern alle Rechte als Staatsbürger in einem pluralistischen Staat zu übertragen - auch wenn dies das Ende der jüdischen Bevölkerungsmehrheit bedeuten würde.

Dies sorgte bei seiner Wahl zum Präsidenten für eine verkehrte Welt: Ein großer Teil der arabischen Parteien, sowie der Parlamentarier von Arbeiterpartei und Meretz stimmte nach eigenen Angaben für Rivlin. Die Siedlerpartei "Jüdisches Heim" sowie Jisrael Beitenu stimmten im zweiten Wahlgang für seinen eigentlich eher im Zentrum verorteten Gegenkandidaten Meir Schitrit, weil der vehement gegen Siedlungsräumungen ist. Auf Grund des Wahlergebnisses ist davon auszugehen, dass nur wenige Likud-Abgeordnete für Rivlin stimmten.

An diesem Donnerstag also wird Rivlin inmitten des Krieges vereidigt. Er stellt sich hinter den Militäreinsatz, genauso wie sein Vorgänger Schimon Peres, die beide von ihren politischen Ansichten her unterschiedlicher nicht sein könnten. Und sich dennoch ähneln: Beide haben sehr genaue Vorstellungen davon, wie eine dauerhafte Lösung aussehen sollte, könnte.

Visionen?

Als Netanjahu dann das Wort ergreift, schreibt jemand aus dem Umfeld Rivlins er vermisse "Vision, Perspektive". Netanjahus größter Erfolg sei, dass seine Regierung noch bestehe.

Denn das war alles andere als in Stein gemeißelt: Noch vor wenigen Wochen, noch Stunden vor dem Beginn der Bodenoffensive sah es so aus, als werde diese Regierung bald zusammen brechen. Lieberman hatte nach einem öffentlichen Krach mit Netanjahu das Wahlbündnis aufgekündigt, und Naftali Bennett, Vorsitzender der rechten "Jüdisches Heim", drohte massiv mit dem Auszug aus der Regierung, falls keine Bodenoffensive begonnen werden sollte.

Dass kurz darauf israelische Soldaten in den Gazastreifen vorrückten, wirkte auf ziemlich viele Beobachter, als habe Netanjahu bei der Entscheidung eher auf den Fortbestand der Koalition geschielt. Denn der Generalstab selbst hatte bis zuletzt die Notwendigkeit einer Bodenoffensive bestritten. Die Tunnel, deren Zerstörung nun eines der erklärten Ziele des Einsatzes ist, waren selbst zu diesem Zeitpunkt noch kein maßgebliches Thema. Sie tauchten bestenfalls mal am Rande auf.

Die Öffentlichkeit steht weitgehend hinter der Offensive. Umfragen zufolge stimmen mehr als 70 Prozent der Bevölkerung der Entscheidung zu. Doch nur knapp 30 Prozent sind der Ansicht, dass dadurch die Sicherheitslage dauerhaft verbessert wird. Und gerade einmal 24 Prozent sind der Ansicht, dass die Regierung seit ihrer Bildung gute Arbeit geleistet hat.

70 Prozent sind der Ansicht, dass die Offensive nicht liefern wird, was sie bringen soll

Die letzten beiden Werte, sind jene, die für Netanjahu wirklich wichtig sind: Denn die Zustimmung zu Militäreinsätzen ist in Israel grundsätzlich immer hoch. Man stellt sich dabei aber nicht hinter die Regierung sondern hinter das Militär, das sehr tief in der Gesellschaft verankert ist. Der zweite Wert hingegen deutet darauf hin, dass Regierung und Militärführung unter Umständen raue Zeiten bevor stehen könnten: Mehr als 70 Prozent der Befragten sind also der Ansicht, dass die Offensive nicht das liefern wird, was sie bringen soll.

Sollten sie am Ende Recht bekommen, der Raketenbeschuss nicht bald weniger werden, der Flugverkehr weiter eingeschränkt bleiben, die Zahl der Opfer auf der israelischen Seite zu hoch werden, ist damit zu rechnen, dass nach Kriegsende wie schon nach dem Libanonkrieg 2006 die Entrüstung der Öffentlichkeit über die Regierung hereinbrechen wird. In Kombination mit dem allgemeinen Zustimmungswert, dem zweitniedrigsten seit Beginn der Zustimmungsmessung in Israel 1981 (nur die Regierung von Ehud Olmert hatte mit drei Prozent einen geringenen Zustimmungswert), würde dies das Ende der Regierung Netanjahu bedeuten. Ein Bibi IV würde es wohl nicht geben.

Denn der Krieg hat auch noch etwas anderes mit der Öffentlichkeit getan: Die Wähler aus der Mittel sind in die Ecken zurück gegangen, aus denen sie einst kamen, als Ariel Scharon gemeinsam mit Schimon Peres die erste Zentrumspartei Kadima gründete, und damit den Wählern das Gefühl beibrachten, die politischen Lager würden sich nun vereinen, um die Probleme des Landes anzugehen.

Der Krieg polarisiert auch in Israel

Zwar stehen die Menschen hinter dem Militäreinsatz. Aber Vision und Perspektive sind Begriffe, die auch auf der Straße immer wieder thematisiert werden: Denn ein Militäreinsatz ist nur so gut, wie das, was danach kommt. Damit leben aber auch die klassischen Lager aus Falken und Tauben wieder auf: Man weiß, dass das Militär nicht einfach abrücken und die Tür zum Gazastreifen verriegeln kann - Not und Vertreibung in den Nachbarländern, vor allem in Syrien, bewegen auch in Israel die Gemüter.

Nur hat man im Moment noch die Hamas, die man dafür verantwortlich machen kann. Sollten Regierung und Militär erklären, dass die Operation ihr Ziel erreicht hat, die Raketen und die Tunnel zerstört seien, dann wird es für viele Israelis inakzeptabel sein, die Tür zuzusperren und die Menschen sich selbst zu überlassen. Schon jetzt wird immer wieder gefordert, Israel solle dafür sorgen, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza gelangt.

Falken und Tauben unterscheiden sich in ihrer Vision derzeit dadurch, dass die einen eine diplomatische Lösung wollen, mit einer starken Regierung in Gaza, und dass die anderen eine Wiederbesetzung des Gazastreifens fordern - das zweite Lager ist allerdings recht klein und beschränkt sich im Grunde auf den rechten Rand des Likud-Blocks und "Jüdisches Heim". Denn insgesamt ist man sich bewusst, dass eine vollständige, dauerhafte Besetzung des Gazastreifen Israel sehr teuer käme: Man müsste für die Infrastruktur ebenso wie für die soziale Absicherung der Menschen aufkommen.

Losgelöst vom Gaza-Krieg sind die beiden Lager allerdings ausgeglichener: Die einen wollen künftig stärker auf Verhandlungen und Diplomatie setzen, die anderen bevorzugen weiterhin militärische Optionen.

Hoffnungen rechts von Netanjahu

Sehr problematisch für die aktuelle Regierung ist dabei, dass sich die Lager auch in innenpolitische Fragen hinein ziehen: Die demnächst wieder sehr viel stärker auf der Agenda stehen werden - vom reformbedürftigen Sozialsystem über den Wehrdienst für Ultraorthodoxe bis hin zum Wohnungsbau und den Lebenshaltungskosten. Traditionell war es so, dass jede Bevölkerungsgruppe eine Partei oder ein Parteienbündnis hatte, dass die Partikularinteressen dieser Bevölkerungsgruppe vertrat. Durch die Neuparteien hatte sich dies geändert.

Nun jedoch suchen die Wähler wieder etablierte Parteien, die ihre Interessen abbilden. Und die etablierten Parteien suchen wiederum Themen, die zu ihnen passen. So tritt ausgerechnet die rechte "Jüdisches Heim" für die Legalisierung von Cannabis ein, während die linke Meretz im religiösen Bevölkerungssektor um religiöse Juden wirbt, die politisch eher linke Ansichten pflegen.

Das Potential ist groß: Gerade im streng religiösen Bereich finden derzeit umfangreiche Debatten über Homosexualität, über das israelisch-palästinensische Verhältnis, über die Frage der Migranten aus Afrika statt - und recht oft ist das Ergebnis dieser Debatten vor dem Hintergrund religiöser Auslegungen, dass das Judentum eher im linksliberalen Bereich angesiedelt ist. Was wiederum auch ein Grund dafür war, warum Schas im vergangenen Jahr das Lager wechselte.

Als mathematischer Verstärker fungiert dabei allerdings ausgerechnet eine der wenigen Parlamentsentscheidungen, die den Weg vom Kabinettstisch in die Knesseth fand: Die Wahlhürde wurde auf 3,25 Prozent herauf gesetzt. Dadurch wird sich die Zusammensetzung des Parlaments bei den nächsten Wahlen stark verändern.

Momentan ist der Krieg das, was Netanjahus Koalition zusammen hält. Der Krieg ist aber auch der Faktor, der am Ende verhindern dürfte, dass er weiter an der Macht bleibt. Denn im Grunde ist der Krieg das, was notwendig war, um die Rechte in der Regierung zu halten, während die eigentlich eher im Verhandlungslager verorteten Neuparteien in der Regierung zu bleiben, wenn nicht demnächst Visionen und Perspektiven auf den Tisch gelegt werden - in den Fraktionssitzungen, ist zu hören, ist es mächtig am Krachen. Man möchte endlich Notlösungen und Pläne für die Zeit nach dem Krieg sehen, bekommt aber stets nur ein lapidares "da verhandele man grade darüber" zu hören.

Dass die Rechte so sehr auf den Krieg setzt, ist dabei auch Eigennutz: Man hofft darauf, bei den Wählern als durchsetzungsstark vor einem schwachen Regierungschef dazustehen. Vor allem im Hause Lieberman ist dabei die Rechnung, dass, wenn Netanjahu 13,37 Prozent (die allerdings mit der Hilfe von Liebermans Partei auf 23,34 Prozent aufgepumpt worden waren) reichten, ihm das auch genügen könne, um Regierungschef zu werden - und dazu würden ihm nur an die drei Prozent fehlen.

Aus Netanjahus Umfeld ist zu hören, dass er seine Regierung am liebsten umbilden würde. Nur: Es geht nicht. Denn es herrscht Krieg, und wie die Wähler reagieren würden, weiß niemand, weil es noch nie gemacht wurde.

Bibi III ist fast fertig Olmerts Winograd Entstehung einer Moraldebatte Gaza: Bis hierhin, wohin weiter?