Gaza: Türkische Organisation plant "Freedom Flotilla II"

Der Vorsitzende der umstrittenen Hilfsorganisation IHH kündigt an, Schiffe mit Hilfsgütern und türkischem Geleitschutz nach Gaza zu schicken

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zu den Forderungen der Hamas für längerfristigen Waffenstillstand gehört die Öffnung der Grenzen (Ja. Nein. Vielleicht), später soll auch ein Hafen gebaut werden. Für die israelische Regierung ist dies ein besonders heikler Punkt, weil man befürchtet, dass dies auch den Übergang von Menschen und Material erleichtert, die mit israelischen Sicherheitsmaßgaben nicht zu vereinbaren sind. Auch die ägyptische Regierung sperrt aus Sicherheitsinteressen die Grenzübergänge nach Gaza rigoros ab. Gaza war schon vor dem erneuten Krieg ein Ort, der oft mit einem Gefängnis verglichen wurde, dessen Bewohner mit miserablen Lebensbedingungen zurechtkommen müssen (vgl. "Die Wut der Verdammten der Erde).

Trotz Bemühungen der israelischen Behörden, die Versorgung der Bewohner als ausreichend darzustellen, gibt es immer wieder Berichte und Aufrufe, die auf das Gegenteil hinweisen und Solidaritätsbekundungen in Gang setzen. Für großes Aufsehen sorgte im Mai 2010 die Organisation Free Gaza mit dem Vorhaben, Schiffe mit Versorgungsmaterial vor die Küste Gazas zu bringen (Wer bestimmt darüber, was die Palästinenser brauchen?). Israels Regierung empfand dies als Provokation und die Marine warnte, man werde das Landen der Schiffe an der Küste verhindern.

Aus dem Propaganda-Scharmützel über die Free-Gaza-Flotte wurde bekanntlich tragischer Ernst. Israelische Marinesoldaten enterten in einem umstrittenen Einsatz ein Schiff der Flottilla und töteten neun türkische Passagiere/Aktivisten an Bord des Schiffes Mavi Marmara, sie machten Notwehr geltend, weil sie nach ihren Angaben mit Eisenstangen angegriffen wurden. Auf der Mavi Marmara machte man dagegen auf den brutalen Vorgang des Enterns aufmerksam, man reklamierte ebenfalls Notwehr.

Aus den unterschiedlichen Sichtweisen, Zeugenaussagen; Bildaufnahmen und Rechtsauffassungen entwickelte sich in der Öffentlichkeit ein hitziger und langwieriger Streit über den unangemessenen Einsatz der israelischen Marinesoldaten, aber auch über die Mission der Flottilla, der vorgeworfen wurde, dass sie im Dienste "fundamentalistischer Polit-Aktivisten" stünde. In besonderem Verdacht stand die türkische IHH, eine NGO, die als Mitorganisatorin fungiert und der Verbindungen zu islamistischen Organisationen vorgehalten werden.

Eindeutig war die Folge: eine dramatische Verschlechterung der Beziehungen der "strategischen Partner" Türkei und Israel. Selbst eine späte telefonische formelle Entschuldigung Netanjahus, erfolgt 2013 unter Druck Obamas, konnte den Riss nicht mehr kitten. Dass der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan jüngst den derzeitiigen Militäreinsatz der IDF mit der Barbarei des III.Reichs verglich, ist ein offenkundiges Zeichen dafür, dass zwischen der türkischen und der israelischen Regierung Eiszeit herrscht.

In dieses Spannungsfeld hinein trifft die Ankündigung des Vorsitzenden der türkischen NGO IHH, Bulent Yildrim, dass er der den Bewohnern des Gazastreifens mit einer "Freedom Flotilla II" Hilfsgüter schicken wolle. Bislang wurde ihm vor allem in israelischen Medien Aufmerksamkeit zuteil, aber das könnte sich angesichts der katastrophalen Lage der Bevölkerung in Gaza ändern. Der Zeitpunkt der Ankündigung spricht dafür.

Wann Yildrim die Flotte losschicken will, hält er offen. Er bekundet einzig, dass es nicht an ihm liege; die Organsiation sei schon weit gediehen, er warte noch auf die Papiere der türkischen Behörden. Und Yildrim fügt dem ein interessantes "Detail" hinzu: Schiffe der türkische Marine würden die Hilfsflotte begleiten - zum Schutz und nicht etwa zur Provokation, wie man das auch sehen kann. Ohne dass der türkische Premierminister Erdogan dies bestätigen oder dementieren muss, kann er sich so über eine gut lancierte öffentliche Spitze gegen die israelische Regierung freuen.