Verfassungsbeschwerde gegen Bankenunion

Finanzwissenschaftsprofessor Markus C. Kerber sieht neue Haftungsrisiken

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Der Berliner Finanzwissenschaftsprofessor und Rechtsanwalt Markus C. Kerber hat Verfassungsbeschwerde gegen den am 13. Juni 2013 vom Bundestag genehmigten Aufbau einer europäischen Bankenunion eingelegt. Der von der Politik für den Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism - SSM) herangezogene Artikel 127 der EU-Verträge, in dem es heißt, dass die Finanzminister der EU-Mitgliedsländer der Europäischen Zentralbank (EZB) "besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute […] übertragen" können, reicht seiner Ansicht nach nicht als Rechtsgrundlage aus.

Zweiter juristischer Angriffspunkt Kerbers ist, dass in der EZB den Vertragsgrundlagen nach nur der 24-köpfige Rat der Zentralbank Entscheidungen treffen darf. Für den SSM hat man jedoch ein neues Gremium ins Leben gerufen, dessen Entscheidungen der EZB-Rat nur übernehmen oder blockieren kann. Gegen den Einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism - SRM) und die europäischen Fonds zur Abwicklung von Pleitebanken und zur Einlagensicherung plant der Ex-Mitarbeiter der EU-Kommission und mehrerer Banken gesonderte Verfassungsbeschwerden. Auch für diese Einrichtungen fehlt seiner Ansicht nach die Rechtsgrundlage

Der ehemalige Europareferent des Bundeskartellamtes ist davon überzeugt, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor der Öffentlichkeit neue Haftungsrisiken für den deutschen Steuerzahler verschleiert: Der offiziell für marode Mitgliedsländer eingerichteten Euro-Rettungsfonds ESM könnte seinen Befürchtungen nach bald zur Direktsubvention von Pleitebanken eingesetzt werden.

Der Frankfurter Eurotower, in dem die Europäische Bankenaufsicht ab November residieren soll. Foto: Epizentrum. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Kerber, der sich auch in seinen Lehrveranstaltungen ausführlich mit der EZB befasst, habilitierte 2001 mit einer Arbeit über die "finanzpolitische Verantwortlichkeit von Parlament und Regierung" und die "Rolle des Bundes als Hüter der finanzwirtschaftlichen Souveränität". Vor zwei Jahren erregte er mit dem Vorschlag Aufsehen, dass die EU-Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen (Deutschland, Österreich, Luxemburg, die Niederlande und Finnland) eine "Guldenmark" als Parallelwährung einführen.

In diesem zweiten gesetzlichen Zahlungsmittel könnten dann Deutsche und Österreicher ihre Vermögen anlegen, ohne eine unmäßige Inflation fürchten zu müssen. Mit solch einer Parallelwährung, wie es sie in der Geschichte immer wieder gab, könnte Kerbers Meinung nach der grundlegende Geburtsfehler des Euro ausgeglichen werden: Dass er für wenig wettbewerbsfähige Länder wie Spanien zu teuer ist.

Sechs Jahre vorher hatte der Absolvent der Pariser Elitehochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA) Schlagzeilen gemacht, als der den Suhrkamp Verlag dazu zwang, ein jahrelang liegengelassenes und dann als nicht mehr aktuell abgelehntes Buch herauszubringen, in dem Kerber sich fragt, ob eine EU ohne Frankreich nicht die bessere Option wäre.

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