Das Teuflische wegbombardieren

Ein Spiegel-Redakteur erklärt uns die Frontlage

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Margot Käßmann hat in einem Spiegel-Interview in Frage gestellt, ob die Bundesrepublik denn überhaupt einer militärischen Ausstattung bedürfe. Solch eine Idee passt nicht in den herrschenden deutschen Diskurs. Die hiesigen Medien sind doch ganz überwiegend gerade dabei, dem Volk die Militärmuffeligkeit auszutreiben.

Bild: Hans Memling

Und so hat sich Spiegel-Redakteur Jan Fleischhauer in seiner Kolumne daran gemacht, die "deutschlandweit bekannte Theologin Käßmann" zurechtzuweisen - mit einem schwerwiegenden, Transzendenz zur Hilfe nehmenden Vorwurf: Offenbar fehle der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden "das Verständnis für die Natur des Teuflischen". Wie sonst auch wäre es möglich, dass sie pazifistischen Irrlehren verfallen ist, an der Möglichkeit eines gerechten Krieges zweifelt...

Fleischhauer malt aus, wo das Böse verkörpert ist, man ahnt es schon: die IS-Miliz im Irak. In der Tat tritt diese durch besonders extreme Greueltaten hervor, wer würde da Fleischhauer widersprechen. Aber sind diese "Gotteskrieger" ein Beleg für die Existenz des Satanischen in den Metzeleien auf dieser Erde?

Fleischhauer ist bisher nicht durch einen Hang zu außerirdischen Politikdeutungen auffällig geworden. Es geht ihm auch jetzt um eine sehr konkrete, durchaus profane Absicht: Die Soldaten der USA, schreibt er, setzen die Terroristen im Irak schon "unter Beschuss", nun sei es an der Zeit, dass auch die Bundesrepublik von ihrem friedenssüchtigen "Provinzialismus" ablasse.

Gemeint sind Einsätze der Bundeswehr nicht nur im Irak. Das Gottseibeiuns führt Fleischhauer in einen Diskurs ein, der jede deutsche militärische "Zurückhaltung" endlich beiseite räumen möchte. Originell ist die Argumentation des Spiegel-Redakteurs insoweit, als er nun Satan auftreten lässt, den die Theologin nicht wahrnehmen wolle.

Wer das Teuflische gesichtet und im Visier hat, muss nach den Umständen nicht mehr fragen, aus denen heraus nebenstaatlicher politischer Terrorismus (in diesem Fall islamistischer) expandieren konnte und derzeit agiert. Nicht nach den staatlichen Förderern und Nutznießern desselben, nicht nach den Waffenlieferanten, nicht nach den geopolitischen Interessenten an scheiternden Staaten. Auch nicht nach der Verhältnismäßigkeit der kriegerischen Mittel gegen den Terrorismus. Die Frontlage ist dann eindeutig: Nur dort ist das Böse; hier nur das Gute. Wer wollte da noch zögerlich sein, nach den Waffen zu greifen?