Der Islamische Staat gilt in Deutschland nicht als Terrororganisation

Dafür aber die PKK, obgleich die Kurden von der EU mit Waffen versorgt werden sollen

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Der UN-Sicherheitsrat hat in der Resolution 2170 die Menschenrechtsverletzungen verurteilt, die vom Islamischen Staat, aber auch von anderen islamistischen Gruppen wie der al-Nusra-Front in Syrien und dem Irak begangen werden. Sanktionen wurden über sechs Personen verhängt, die die Terrororganisationen unterstützen, ansonsten soll Finanzierung und Rekrutierung unterbunden werden. Hingewiesen wird darauf, dass IS und al-Nusra Splittergruppen von al-Qaida seien und daher unter die Sanktionen fallen, die für al-Qaida und deren Unterstützer verhängt wurden.

Verlangt wird etwas weltfremd, dass sich der Islamische Staat und andere islamistische Terrororganisationen auflösen und entwaffnen. China, so der Redebeitrag des chinesischen UN-Botschafters, sieht im Gebrauch der Kommunikationstechniken durch den Islamischen Staat eine Bestätigung, das Internet zu zensieren. Das Assad-Regime findet die Verurteilung auch gut, beklagt sich aber darüber, dass IS mit dem Verkauf von Öl gute Profitmöglichkeiten hat. Die Resolution beinhaltet die Aufforderung, dass die Staaten dafür sorgen sollen, dass der Zustrom an Rekruten an die Terrororganisationen möglichst eingeschränkt wird. Fraglich bleibt, was die Sanktionierung von sechs Personen bewirken soll.

Seltsam bleibt vorerst auch, dass der Islamische Staat derzeit in Deutschland noch nicht explizit verboten ist, obgleich die deutsche Regierung die Lieferung von Waffen zur Bekämpfung von IS befürwortet und es nicht prinzipiell ablehnt, auch selbst Waffen an die Kurden zu schicken. Auf deren Seite kämpfen allerdings auch die Verbände der PKK, die in Syrien an Einfluss gewonnen haben. Die PKK wird allerdings von der EU und von den USA als Terrororganisation gelistet. Ausgerechnet diese Terrororganisation leistet nun Hilfe gegen IS und könnte auch Waffen von der EU in Zusammenhang mit der Hilfe der irakischen Kurden erhalten.

Erstaunlicher ist freilich noch, dass der Islamische Staat in Deutschland noch nicht verboten ist. Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken, hatte die Bundesregierung angefragt, ob diese ein solches Verbot anstrebt, mit dem sich auch Werbung und Rekrutierung erschweren ließen. Das Bundesinnenministerium antwortete:

Der Bundesminister des Inneren hat über die Organisation Islamischer Staat bislang kein Verbot verhängt. Zu Verbotsüberlegungen äußert sich der Bundesminister prinzipiell nicht, unabhängig davon, ob hierzu im Einzelfall Anlass besteht.

Ulla Jelpke kritisiert:

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie schnellstmöglich ein Verbot dieser Mördertruppe in die Wege leitet. Bislang kann der IS seine schwarze Fahne in Deutschland offen zeigen und für Unterstützung werben. Hunderte junger Männer wurden so bereits für den Krieg im Irak und in Syrien rekrutiert. Dort begehen sie nachweislich schwerste Kriegsverbrechen einschließlich Massakern an vermeintlich Ungläubigen. Ein Verbot des IS würde dazu beitragen, dass Syrien-Rückkehrer nicht mehr öffentlich für die Organisation werben können. Dies brächte mehr als die sich teilweise an der Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit bewegenden Vorschläge mancher Unionsinnenpolitiker, Djihadisten die deutsche Staatsbürgerschaft wieder abzuerkennen, um ihre Wiedereinreise zu verhindern.

Ulla Jelpke

Jelpke kritisiert überdies, dass die PKK, deren Kämpfer den Islamischen Staat zurückgedrängt hatten, weiterhin als Terrororganisation geführt wird:

Auch hier in Deutschland stellen die Anhänger des IS eine Gefahr dar. Erst letzte Woche attackierten rund hundert teilweise bewaffnete IS-Anhänger syrische Flüchtlinge in einem Asylheim in Berlin-Marienfelde und verletzten mehrere von ihnen schwer. Umso unverständlicher ist es, dass die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), deren Kämpfer in den letzten Tagen Zehntausenden der vom IS verfolgten Jesiden, Christen und Turkmenen im Nordirak das Leben gerettet haben, weiterhin verboten ist und als Terrororganisation geführt wird.

Ulla Jelpke

Wenn man die Kurden unterstützt, befördert man auch die Bildung eines autonomen kurdischen Staats. Der lang erwartete Rücktritt von al-Maliki als irakischer Regierungschef könnte nun allerdings dazu führen, dass auf Kosten der Kurden die irakische Zentralregierung gestärkt wird. Aber man wird erst einmal abwarten müssen, ob der Schiit Haider al-Abadi tatsächlich eine Regierung der nationalen Einheit zusammenbringen wird, die auch die Unterstützung des Islamischen Staats seitens der Sunniten schwächt.