Mexiko: Folter außer Kontrolle

Amnesty International und Die Linke fordern Aussetzung der geplanten Sicherheitsabkommen

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Folter und andere Grausamkeiten sind an der Tagesordnung, wenn die Sicherheitskräfte in Mexiko ihrer Arbeit nachgehen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Sonderbericht von Amnesty International. "Diese Praktiken werden von anderen juristischen Institutionen toleriert oder ignoriert", heißt es darin. Das Ergebnis ist eine allgemeine Straflosigkeit für Gesetzesbrecher in Uniform.

Die internationale Menschenrechtsorganisation spricht von einer "allgemeinen und begründeten Angst" innerhalb der Bevölkerung, dass eine Festnahme durch die Sicherheitskräfte sofort in Folter und Misshandlungen mündet. Laut einer von Amnesty International durchgeführten Umfrage gehen mehr als zwei Drittel der Mexikaner davon aus, dass sie nach einer Festnahme gefoltert würden. Das mittelamerikanische Land unterzeichnete zwar internationale Konventionen, die es ermöglichen, gegen Folterer aus Reihen der Sicherheitskräfte vorzugehen. In der Praxis werden die dort vorgesehen Maßnahmen jedoch nicht angewendet. Dies gilt genauso für Gesetzesveränderungen, die durch den Internamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte angestoßen wurden. Sie wurden höchstens "teilweise umgesetzt".

Für den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko stellt der Bericht keine Überraschung dar. Außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Verschwindenlassen durch staatliche Sicherheitskräfte sind in Mexiko seit langem "an der Tagesordnung", so Hunko gegenüber Telepolis. Er geht sogar davon aus, dass sich die Situation weiter zuspitzt. In der vergangenen Legislatur arbeitete der Politiker der Linkspartei in der parlamentarischen Ländergruppe zu Mexiko und machte darauf aufmerksam, dass Waffen von deutschen Unternehmen illegal nach Mexiko geliefert werden.

Andrej Hunko, der für seine Fraktion inzwischen im EU-Ausschuss arbeitet, sieht auch die deutsche Außenpolitik in der Pflicht, sich für rechtsstaatliche Garantien in Mexiko einzusetzen. "All diese Verbrechen leugnet im Übrigen auch die Bundesregierung nicht", weiß der Abgeordnete. "Sie zieht daraus jedoch völlig falsche Schlüsse." So verweist Hunko darauf, dass die Bundesregierung seit einiger Zeit ein Sicherheitsabkommen mit Mexiko verhandelt. Die Behauptung, über das Abkommen könne ein positiver Einfluss auf die Situation der Menschenrechte genommen werden, betrachtet er als "reine Augenwischerei". Die Bundesregierung mache sich dadurch zum Handlanger der mexikanischen Regierung, kritisiert der Linken-Politiker zum wiederholten Mal und verweist darauf, dass die aktuelle mexikanische Regierung versuche, sich über die Verhandlungen Legitimität zu verschaffen. Bisher stand die Partei Die Linke mit der Forderung jedoch alleine, die geplante Sicherheitszusammenarbeit aufzukündigen.

In ihrem aktuellen Bericht bestätigt nun auch Amnesty International, dass die Bundesregierung von einer solchen Kooperation mit den mexikanischen Behörden Abstand nehmen sollte. "Dabei muss Deutschland sich die Frage stellen, wie mit einer Polizei kooperiert werden kann, die vielfach für Folter verantwortlich ist. Deutschland darf sich nicht zum Komplizen von Folterern machen", erklärt etwa Maja Liebing, die Lateinamerika-Expertin der Organisation in Deutschland.

Andrej Hunko hofft unterdessen, dass die SPD, die mit Frank-Walter Steinmeier immerhin den Außenminister stellt, ihre "durchaus kritischen Aussagen aus der Oppositionszeit" nicht ad acta legt, weil sie jetzt mitregiert. Als Fraktionsvorsitzender hatte Steinmeier damals in einer Anfrage darauf aufmerksam gemacht, dass die mexikanische Polizei "von der Organisierten Kriminalität unterwandert" ist. Statt Hilfe im Bereich repressiver Maßnahmen anzubieten, wäre es sinnvoller, eine Kultur der friedlichen Konfliktlösung zu fördern. Ohne eine "tiefgreifende Verbesserung der Lebenssituation" durch Bildung, Arbeit und Einkommen, insbesondere in den Armutsregionen, könne Kriminalität und Drogenhandel nicht eingedämmt werden, argumentierte der SPD-Politiker damals.