Chemie, Mathe, Geschichte, soziale Fächer: Erstmal alles streichen!

....und sogar den islamischen Religionsunterricht: Der Lehrplan des Islamischen Staates

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Welcher Art Unterricht die Kinder in den Gebieten folgen, die unter der Kontrolle der IS-Dschihadisten stehen, ob sie regelmäßig zur Schule gehen, wer sie unterrichtet, ist nicht bekannt. Aus dem syrischen Raqqa, das häufig als "Hauptstadt" des IS genannt wird, gibt es mehrere Berichte, die auf eine "generelle Direktive für alle erzieherischen Institute" aufmerksam machen, das von der für Lehrpläne zuständigen Behörde des Islamischen Staates herausgegeben wurde.

Das Dokument ist in Arabisch verfasst und trägt einen Amtsstempel. Übersetzungen ins Englische finden sich in größeren Teilen hier und in Ausschnitten in einem Bericht der Washington Post.

Ein Foto aus einem Bericht über den Schulunterricht in Raqqa zeigt lächelnde Mädchen vor der schwarzen IS-Flagge, ein Rucksack deutet darauf hin, dass sie Schülerinnen sind. Die iranische Webseite al-Alam, die ebenfalls von Schulen in Raqqa berichtet, illustriert ihren Einblick in die "abweichlerische Version des islamischen Erziehungssystems" unter der Leitung der "Takfiri Terroristen" mit einem Bild komplett schwarz verhüllter Schülerinnen. Ob das Foto authentisch ist, ist, wie in dem oben genannten Fall, nicht nachprüfbar.

Das Dokument zum Curriculum der Schulen im Kalifat, das Ende August datiert ist, scheint mit einiger Wahrscheinlichkeit echt zu sein, darauf weisen nicht nur die übereinstimmenden Berichte hin, sondern auch die Glaubwürdigkeit der angestrebten Veränderungen im Schullehrplan angesichts dessen, was bisher an ideologischen Inhalten des IS bekannt wurde.

Es geht zunächst einmal, wie bei allen Herrschaftsübernahmen, in diesem Fall der Hoheit des syrischen Staates, um Streichungen, damit beschäftigt sich die Nummer 1 der Direktive. Die Liste ist lang: Gestrichen wird Musik, Kunst, Sport, soziale Fächer, Geschichte, Geografie, Mathematik, Chemie, Philosophie und erwartungsgemäß christliche Religionserziehung, überraschenderweise auch der islamische Religionsunterricht - allerdings nur auf den ersten Blick.

Denn die Streichungen sollen später mit einem besseren Angebot kompensiert werden, wie aus den Bericht der Washington Post und eines Reporters hervorgeht, der früher in Raqqa gelebt hat und noch Verbindungen zu seiner Heimstadt hat. Wahrscheinlich ist, dass die naturwissenschaftlichen Fächer, die in ihrer Substanz auch für die Sekte unverzichtbar sein dürften, einer Revision unterzogen werden, die alles, was gegen deren Koranauslegung spricht, so gut es geht aus dem Unterrichtsstoff tilgt.

In einer anderen Tilgungswelle, die bereits im Gange ist, werden alle Verweise auf eine nationale Verbindung gelöscht. Das geht über das Streichen jeglicher Referenzen zum syrischen Staat hinaus. So wird auch das Wort "watan", das für Heimatland steht und im arabischen Raum eine große Rolle spielt, gestrichen. Der Islamische Staat, so die Botschaft, hat nichts mit dem nationalen Patriotismus zu tun. Er strebt nach Universalerem.

Zum großen Herrschaftsanspruch gehört natürlich auch die arabische Sprache: Wörter, die sich nicht mit dem Geist der Gesetze und der Politik des Islamischen Staates vereinbaren lassen, werden gestrichen, so die Direktive.