"In Libyen handeln!"

Der französische Verteidigungsminister macht sich für ein militärisches Eingreifen im Süden des Landes stark

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Der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian macht sich in einem heute erschienen Interview für ein Eingreifen Frankreichs in den libyschen Konflikt stark: "Frankreich muss in Libyen handeln und die Internationale Gemeinschaft mobilisieren."

Le Drain kündigte an, sich mit seinen europäischen Kollegen bei einem heute angesetzten informellen Treffen die Frage zu erörtern, auch die UN-Vollversammlung soll dazu einberufen werden. Frankreich spielte unter Präsident Sarkozy beim Nato-Einsatz 2011 eine maßgebliche Rolle (vgl. Der absurde Libyenkrieg).

Bemerkenswert ist, dass der französische Verteidigungsminister in diesem Zusammenhang auf den Militäreinsatz Frankreichs in Mali (Doppelte Mission in Mali) verweist, den er als erfolgreichen Kampf zur Befreiung des Landes gegen die dschihadistische Bedrohung beschreibt und als Unterstützung für den demokratischen Prozess. Die unsichere Lage in Libyen gefährde, was in Mali erreicht wurde, so die Argumentation Le Drians. Dabei verweist er zunächst auf den Süden des Landes.

Den schildert er als Drehkreuz, Rückzugsraum und Versorgungsgebiet terroristischer Gruppen und von Dschihadisten. Sein Vorschlag besteht darin, die französischen Einheiten, die seit August unter dem Operationsnamen "Barkhane » (zuvor "Serval") in der Sahelzone und in Mali eingesetzt sind, zur libyschen Grenze aufrücken zu lassen.

Ein neuer Schwerpunkt des Terrorismus

Ein Vorschlag, der in ähnlicher Form bereits Anfang des Jahres vom Chef des Generalstabes, Edouard Guillaud, angedeutet wurde, als er im Kontext des Einsatzes französischer Militärs in der Sahelzone davon sprach, dass im Süden Libyens möglicherweise ein neuer Krieg nötig sei - "im Rahmen einer internationalen Operation in Abstimmung mit der libyschen Regierung" .

Davon gibt es derzeit zwei, wobei angemerkt werden muss, dass die Unterstützung westlicher Staaten, wie von den USA, Großbritannien oder auch Frankreich klar bei der durch Wahlen, wenn auch mit minimaler Beteiligung und durch einen Putschversuch angestoßen, legitmierten Regierung des Abgeordnetenhauses in Tobruk liegt (Libyen und die ratlose Nato). Interessant ist hierzu, dass die Spitzen der Tobruk-Regierung derzeit, also kurz nach ihrer Nominierung, in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist sind. Im Gepäck haben sie eine neues Anti-Terror-Gesetz, das internationale Militärhilfe erleichtert.

Der französische Generalstabschef Guillaud bezeichnete die Region im Süden Libyens als "neuen Schwerpunkt des Terrorismus". Diskutiert wurde damals übrigens auch ein "größeres deutsches Militärengagement in Afrika". Steinmeier hatte Mitte Januar geäußert, dass man über Möglichkeiten stärkerer Unterstützung, etwa in Mali, "nachdenken müsse". (Die Freiheit Deutschlands in der Sahelzone verteidigen?).

Ein knappes dreiviertel Jahr später ist in Deutschland davon keine Rede mehr; der französische Verteidigungsminister setzt derzeit besonders auf enge Kooperation mit Algerien, was den Süden Libyens anbelangt, und andere Staaten in der Region, die man bei der Operation Barkhane einbinden wolle.

Auch für die Vorgänge im Norden Libyens, in den "politischen und wirtschaftlichen Zentren des Landes" greift Le Drain zum gleichen Bild der Bedrohung durch Dschihadisten ("menace jihadiste"), die dabei sind, die Kontrolle zu übernehmen oder dies beabsichtigen.

Vereinfachungen und komplizierte Realitäten

Dies ist, wie Beobachter der Situation unentwegt anmerken (vgl. Krieg in Libyen - "das nächste Afghanistan"?), eine Vereinfachung der Lage, die eben auch stark durch lokale Machtkämpfe von Milizen, Ansprüche von Stämmen, hybriden Verquickungen der Milizen mit Teilen der Regierung oder Karriereambitionen von Warlords (vgl. Khalifa Haftar) gekennzeichnet ist - Rivalitäten, bei denen religiöse Motivationen die zweite Geige spielen (ein illustres Beispiel für die verzwickten Verhältnisse, die viel mit Stammesansprüchen zu zu haben, geben die Föderalisten ab).

Vereinfachungen komplizierter Verhältnisse haben auch den Nato-Militäreinsatz im Jahr 2011 geleitet. Zu den Komplikationen gesellen sich Einmischungen anderer Staaten (Libyen: Luftangriffe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten), die sich neuen Frontbildungen gegenüber sehen.

Anmerken kann man dazu auch, dass das Label "Kampf dem islamistischen Terror/Bedrohung durch Dschihadisten" sich auch als nützlicher Vorwand für Ordnungs- und Machtinteressen erweist, der mit dem viel strapazierten "demokratischen Übergang" wenig zu tun hat, wie das Beispiel Ägypten zeigt, das auch starkes Interesse an den Vorgängen in Libyen zeigt.

Auch der "Erfolg" des französischen Militäreinsatzes in Mali zeigt sich nicht ohne Einschränkungen (siehe etwa im Mai die Meldung: Kidal in der Hand von Rebellen oder im August: Konflikt in Mali: Zurück auf Start).