Jemen: Schiiten besiegen Sunniten

Die Armee des Landes ist in zwei verschiedene Lager zerfallen

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Im Jemen haben schiitische Huthi-Milizen in den letzten Tagen mit Toyota Technicals und Kalaschnikows mehrere Regierungs- Medien- und Militärgebäude in der Hauptstadt Sanaa erstürmt und den sunnitischen Übergangsministerpräsidenten Mohammed Salem Basindwa zum Abdanken gezwungen. Nachdem sie das Innenministerium umstellten, wies man von dort aus die Polizei an, mit den Rebellen zu kooperieren, um "im allgemeinen Interesse der Heimat Sicherheit und Stabilität" wiederherzustellen.

Als sich die jemenitische Armee am Sonntagnachmittag in Gegner und Unterstützer spaltete, übergaben die Huthi-Rebellen den Staatsfunk der Militärpolizei, deren Führung mit ihnen sympathisiert. Montag früh verkündete der jemenitische Präsident Abdu Rabbu Mansour Hadi, die Rebellen hätten sich einen Waffenstillstand akzeptiert, wenn eine neue Regierung aus "Technokraten" die Interessen der Schiiten deutlich stärker berücksichtigt, als dies bis jetzt der Fall war.

Medienberichten nach kamen bei den von Donnerstag bis Sonntag andauernden Kämpfen davor mindestens 140 Menschen ums Leben.

Der wichtigste Widersacher der Huthisten, der Sunnitengeneral Ali Mohsin al-Ahmar, befindet sich angeblich mit den Überresten einer ihm ergebenen Einheit auf der Flucht. Al-Ahmar steht der islamistischen Sunnitenpartei Islah nahe, die vor zwei Jahren den damaligen Präsidenten Saleh stürzte und der auch Übergangsministerpräsident Mohammed Salem Basindwa verbunden ist.

Karte: Telepolis.

Hintergrund des Konflikts sind religiöse Unterschiede, die sich auch geografisch niederschlagen: Während an den Küsten und im Osten des Jemen fast ausschließlich Sunniten leben, herrschen im nördlichen Hochland zaiditische Schiiten vor, die landesweit 42 Prozent der Bevölkerung stellen. Ihre Lehre verbreitete sich durch den 896 aus dem Irak gekommenen al-Hadi Yahya, der im Südwesten der arabischen Halbinsel politische Macht erlangte und eine Dynastie begründete. Zaiditen verehren als fünften Imam nicht Muhammad al-Baqir, sondern Zaid ibn Ali, der 740 im Kampf gegen die Omajaden unterlag.

Seit 2004 kämpfen Anhänger der zaiditischen Religionsführer Badr al-Huthi, Hussein al-Huthi und Abdul Malik al-Huthi - die so genannten Huthisten - gegen Truppen der Regierung des Jemen. Ihre Erweckungsbewegung "Schabab al-Mumin" ("Gläubige Jugend") gilt als Reaktion auf mit saudischem Geld finanzierte aggressive wahabitische Missionierungsversuche. Hussein al-Huthi soll die schiitische Gegenreformation 1997 nach einem Aufenthalt in Teheran mit iranischem Geld organisiert haben.

Im Süden und Osten des Landes wollen dagegen sunnitische Terrorgruppen einen eigenen salafistischen Gottesstaat gründeten. Vor drei Jahren konnten al-Qaida-Gruppen große Teile der sunnitischen Küstenprovinz Abyan erobern und dort ein Emirat ausrufen, das allerdings nur bis zum Juni 2011 Bestand hatte. Nach mehreren militärischen Niederlagen 2011 und 2012 und verhältnismäßiger Ruhe im letzten Jahr scheinen sich die Dschihadisten 2014 dort wieder neu formiert zu haben.

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