Hat der Islamische Staat Angst vor Frauen?

Der von Islamisten anvisierte Gottesstaat ist nur ein Vehikel für die Geschlechterpolitik der verunsicherten Männer

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Der Islamische Staat ist nicht nur ein Projekt, einen möglichst großen islamischen Gottesstaat zu errichten, es ist auch ein Versuch, die Herrschaft des Mannes wieder zu etablieren. Zu Zeiten von Mohammed war die Gesellschaft männerdominiert, die Frauen hatten nichts zu sagen. Das wollen die muslimischen Fundamentalisten, bei denen nur Männer im Vordergrund stehen, gerne wieder herstellen, der Gottesstaat ist nur ein Vehikel für die Geschlechterpolitik der verunsicherten jungen Männer.

Den bartzotteligen Islamisten, die Frauen nicht einmal die Hand geben mögen, ist eines der primären Anliegen, dass die Frauen sich verhüllen, also ihre Individualität verlieren. Die Einstellung teilen die salafistischen Terroristen im Übrigen mit den autoritären Machthabern der Golfstaaten, die nun unter der Führung der USA den Islamistischen Staat angreifen dürfen oder müssen. Das dürfte aber einschließen, dass der von diesen Staaten zum Machterhalt der führenden Elite ausgelegte Islam unverändert erhalten bleibt. So kämpfen also die guten Islamisten gegen die Bösen.

Die bösen Islamisten des Islamischen Staats verschleiern nur weniger ihren Macho-Anspruch. So wurde die Rechtsanwältin Sameera Salih Ali al-Nuaimy letzte Woche verschleppt, mehrere Tage gefoltert und nach Angaben der Vereinten Nationen schließlich getötet. Ihr Verbrechen war, dass sie für die Frauenrechte eingetreten war und öffentlich auf Facebook die "barbarische" Zerstörung von Moscheen und Grabmälern in Mossul kritisiert hatte. Ein Scharia-Gericht des Islamischen Staats, der Schein von Rechtstaatlichkeit wird aufrechterhalten, hat sie zum Tode verurteilt.

Wie ihr geht es auch anderen Frauen, die sich nicht der Männerherrschaft des Islamischen Staats unterwerfen. Nach den Vereinten Nationen wurden bereits mehrere Frauen exekutiert. Besonders Frauen mit guter Bildung scheinen im Visier zu stehen. Mit Bildung, Aufklärung, Emanzipation und Reflexion haben es die Islamisten sowieso nicht, die wie die Bibelgläubigen einfach nur die Umsetzung des einmal Geschriebenen verlangen, also den Gehorsam gegenüber dem, was jeweils als Gott gegeben definiert wird.

Frauen wurden von den Kämpfern des Islamischen Staats gerne auch vergewaltigt, versklavt oder zwangsverheiratet. Die überflüssigen Männer mit ihrer gebrochenen Identität brauchen die rohe Macht über die Frauen, die sie auch mit brutaler Gewalt gegenüber allen demonstrieren, die nicht ihrem Weltbild angehören. Erschreckend ist, dass auch junge Männer und einige Frauen aus dem Westen der alten religiösen Ideologie verfallen, die auch die Geschlechterverhältnisse zementiert. Die Angst der Männer vor neuen Beziehungen mit den Frauen scheint größer als der Tod zu sein. Lieber sprengt man sich in die Luft, als gleichberechtigt mit unverhüllten Frauen umzugehen, die kein persönlicher Besitz sind. Eigentlich ziemlich erbärmlich, wenn dies nicht so brutal ausagiert würde, was aber wieder nur die Schwäche der salafistischen Männer belegt.