EU: Auch Prostitution und Drogenkonsum werden ins BIP eingerechnet

Die britische Statistikbehörde hat erstmals die Höhe dieser "illegalen", aber "einvernehmlichen" Aktivitäten für 2013 erhoben

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Seit September wird EU-weit mit einer "Methodischen Weiterentwicklung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen" das BIP erhöht, während das Defizit gesenkt wird. So werden nun militärische Waffensysteme als Anlagegüter und damit als Investition gebucht. Zur Erhöhung wird vor allem die Einstufung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) als Investitionen und nicht mehr als Vorleistungen führen. Und neu ist auch die Einbeziehung von illegalen wirtschaftlichen Vorgängen, sofern sie "einvernehmlich" geschehen:

Eine Interaktion zwischen institutionellen Einheiten ist definitionsgemäß nur dann eine Transaktion, wenn sie einvernehmlich stattfindet, d. h., wenn sie mit Wissen und Zustimmung der beteiligten institutionellen Einheiten erfolgt. Die Zahlung von Steuern, Geldstrafen und gebührenpflichtigen Verwarnungen erfolgt einvernehmlich, da der Zahlende ein den Gesetzen des Landes unterliegender Bürger ist. Bei der entschädigungslosen Enteignung handelt es sich allerdings, auch wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht um eine Transaktion.

Illegale wirtschaftliche Vorgänge gelten als Transaktionen, wenn alle beteiligten Einheiten einvernehmlich an ihnen teilnehmen. Beim illegalen Kauf, Verkauf oder Tausch von Drogen oder Diebesgut handelt es sich daher um Transaktionen, bei Diebstahl dagegen nicht.

Verordnung Nr. 549/2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union

Die Zahlung von Steuern oder Strafen als einvernehmlich zu bezeichnen, dürfte nicht immer auf das Einverständnis derjenigen stoßen, die dies bezahlen müssen. Dass Diebstahl, Raub oder Vergewaltigung nicht einvernehlich sind, liegt auf der Hand. Bei Prostitution müsste freilich unterschieden werden zwischen einvernehmlicher und erzwungener. Aber das dürfte wohl den Statistikern zu weit gehen.

In Großbritannien hat das Statistische Amt schon die ersten Zahlen vorgelegt. Sie zeigen noch nicht die Auswirkungen der illegalen Aktivitäten auf das BIP, sondern geben nur die geschätzten Ausgaben der Briten für Prostitution und den Erwerb von Drogen (Heroin, Cannabis, Kokain, Crack, Ecstasy und Amphetamine) aufgrund der Auswertung verschiedener Quellen wieder.

Erfreulich ist gesamtwirtschaftlich, dass die Briten im zweiten Vierteljahr 2014 2,1 Prozent mehr ausgegeben haben als im selben Zeitraum 2013 zuvor. Die Wirtschaft zieht also wieder an und/oder die Menschen trauen sich, wieder mehr zu konsumieren. Seit 2011 steigen die Konsumausgaben kontinuierlich. Am meisten ausgegeben wird für "Verschiedenes", Freizeit und Erholung, Transport und Kleidung. Beim Essen und Trinken sowie bei Haushaltsgütern wurde am meisten gespart. Insgesamt sind die Konsumausgaben im zweiten Vierteljahr gegenüber dem ersten um 0,6 Prozent angestiegen, das Gesamtwirtschaftswachstum um 0,9 Prozent.

Durchschnittlich werden jährlich 11 Milliarden Pfund für Drogen und illegale Drogen ausgegeben, für die Prostitution alleine 4,3 Milliarden. 2013 lag mit inflationsbereinigten 12,3 Milliarden über dem Durchschnitt. Für Wein und Bier gaben die Briten 2013 11 Milliarden aus. Allerdings ist der Anteil der Ausgaben für illegale Aktivitäten von 2,4 Prozent an den Gesamtausgaben eines Haushalts nicht sonderlich hoch. Zum BIP wird dies auch nicht viel beitragen, vielleicht ein paar Zehntel.