Als das Universum noch jung, wild und frei war

Eine so genannte Starburst-Galaxis im Bild des Hubble-Weltraumteleskops; Bild: NASA, ESA, R. Overzier (ON/MCTI), T. Heckman (JHU)

Mit Hilfe der Galaxis J0921+4509 werfen Astronomen einen Blick in die Frühzeit des Universums, als das Weltall dank einer Flut neu geborener Sterne endlich wieder durchsichtig wurde

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Heute wirkt der Kosmos beim nächtlichen Blick ins sternenklare Schwarz ungeheuer leer. Doch zu Anbeginn der Zeit sah das noch ganz anders aus. Immerhin musste das Universum 380.000 Jahre alt werden, damit die darin umherflitzenden Photonen bei einer Temperatur von gut 2.700 Grad nicht mehr genug Energie besaßen, Elektronen aus ihren Umlaufbahnen um Atomkerne zu stoßen. Ab diesem Zeitpunkt konnte sich Licht (beinahe) ungehindert ausbreiten. Das Zeitalter der neutralen Atome begann - durchsichtig wurde das Weltall allerdings erst einmal nur für sichtbares Licht.

Ultraviolettes Licht hingegen wird nach wie vor von den Wasserstoffkernen absorbiert wird, die das Weltall zu dieser Zeit zum großen Teil füllen. Durch die Expansion des Universums verschiebt sich die Wellenlänge des sichtbaren Lichts. Der zunächst hell gleißende Kosmos färbt sich allmählich rötlich. Das Rot wird dunkler und dunkler, purpur und schließlich infrarot, also für das Auge schwarz. Forscher sprechen deshalb nun vom "Dunklen Zeitalter".

Mitten in dieser Zeit flackern jedoch die ersten Sterne auf - das muss etwa 100 Millionen Jahre nach dem Urknall passiert sein. Der Wasserstoff ballt sich in Halos Dunkler Materie zusammen. Temperatur und Druck im Inneren der Wolke wachsen, bis diese im Infrarotbereich zu strahlen beginnt.

Damit ist das Stadium des Protosterns erreicht - noch vollziehen sich aber keine Kernreaktionen. Der künftige Stern besteht aus ionisierten Atomen, aus Plasma. Je schwerer die Wolke wird, desto schneller zieht sie sich zusammen - und irgendwann sind Temperatur und Druck so hoch (nämlich 3 Millionen Kelvin), dass ein atomarer Fusionsprozess gezündet wird.

Das Licht dieser ersten Sterne hat einen Nebeneffekt: die Strahlung ionisiert das Wasserstoffgas in der Umgebung. Das interstellare Gas kann dadurch kein ultraviolettes Licht mehr aufnehmen - und das Weltall wird erneut heller. Diese Reionisationsphase muss etwa 200 Millionen Jahre nach dem Urknall begonnen haben. Sie vollzog sich zunächst in Blasen, es sollte noch bis zu 800 Millionen Jahre dauern, bis das Universum wieder komplett durchsichtig war.

Querschnitt durch die Galaxis J0921+4509 (nicht maßstäblich). Interstellares Gas wird vom starken Strahlungsdruck nach außen getrieben - ähnliche Verhältnisse müssen in der Reionisationsphase des Universums geherrscht haben; Bild: Science/AAAS, Borthakur et al. 2014

Doch auch wenn der Vorgang so lange andauerte, ist er nun doch schon über 12 Milliarden Jahre her. Trotzdem ist es Astronome nun gelungen, gleichsam dabei zuzusehen. In einem Paper in Science beschreiben sie, wie sie dabei vorgegangen sind. Das Fenster in die Vergangenheit eröffnen so genannte Starburstgalaxien - das sind Galaxien mit einer besonders hohen Sternentstehungsrate.

J0921+4509 ist so ein Objekt. In der Galaxis entstehen pro Jahr Sterne im Gewicht von etwa 50 Sonnenmassen. Im Teleskop zeigte sich, dass das hoch ionisierte interstellare Gas der Galaxis langsam verloren geht. Es wird in die Ungebung geblasen von überaus starken Sternenwinden, die die hohe Zahl neu geborener Sterne im Inneren von J0921+4509 erzeugt. Genau so, nur in noch wesentlich größerem Maßstab, muss sich demnach die Reionisationsphase im frühen Universum abgespielt haben.