Sozialistischer Wohlstand siegt in Bolivien

Evo Morales wurde mit 60% mit deutlicher Mehrheit bis 2020 bestätigt und damit auch der von ihm eingeschlagene Weg, der über Verstaatlichungen, Wachstum und breiteren Wohlstand gebracht hat

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Ein zweiter Wahlgang ist unnötig, denn mit einer mehr als klaren Mehrheit wurde Evo Morales von der Bevölkerung in Bolivien erneut zum Präsidenten gewählt. Statt zum Kollaps führten seine Verstaatlichungen in dem Andenstaat zu starken Wachstumsraten und zu mehr Wohlstand für die breite Bevölkerung. Nach verschiedenen Nachwahlbefragungen erhielt er mehr als doppelt so viele Stimmen wie sein schärfster Widersacher Samuel Doria Medina. Morales widmete seinen Sieg "allen Völkern in Lateinamerika und der Welt, die gegen den Kapitalismus und den Imperialismus kämpfen". Der Opposition bot er eine Zusammenarbeit an, um gemeinsam aus dem Land mit seinen großen Gasreserven das "Energiezentrum" in Südamerika zu machen.

Präsident Evo Morales bedankte sich am Wahlabend für den Erfolg und sprach vom neuerlichen "Triumph gegen den Imperialismus und den Kolonialismus". Bild: Abi.bo

Zum dritten Mal in Folge wurde der Chef der "Bewegung für den Sozialismus" (MAS) nun in Bolivien mit deutlicher Mehrheit zum Präsidenten gewählt. 2005 wurde mit Morales erstmals ein Indio Präsident des Landes, in dem die indigene Bevölkerung eine klare Mehrheit stellt. Mit seiner Wahl und der des Movimiento al Socialismo vor neun Jahren wurde zugleich der Neoliberalismus abgewählt (Neoliberalismus abgewählt). Und das hatte eindeutig positive Folgen für die breite Bevölkerung. Die hat auch deshalb Morales eindeutig bei diesen Wahlen im Amt bestätigt.

Kaum jemand hätte es dem früheren Coca-Bauern und seiner MAS einst zugetraut, dass sie neun Jahre später einen so klaren Wahlsieg erringen würden, der sogar viel deutlicher ausfiel als beim ersten Mal. Doch die sechs Millionen Wahlberechtigten haben sich bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am Sonntag klar dafür entschieden, dass Morales seinen Weg weitergehen soll. Bolivien war lange in ein relativ reiches Tiefland und ein armes Hochland gespalten - auch bei Wahlergebnissen -, so ist jetzt klar, dass diese Polarisierung nun der Geschichte angehört.

Zwar konnte Morales bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2009 ein noch besseres Ergebnis mit etwa 64% der Stimmen erzielen, doch die Polarisierung zeigte sich damals noch deutlicher, auch wenn er schon vor fünf Jahren im Tiefland immer mehr Menschen überzeugen konnte. Damals konnte sich aber in Santa Cruz und in Beni der konservative Herausforderer noch durchsetzen, während Morales nur in Tarija siegte. Am gestrigen Sontag ist mit Santa Cruz nun die einstige Bastion der rechten Opposition gefallen. Aus Widerspruch zur Politik der MAS setzte der rechte Regierungschef von Santa Cruz einst sogar die Unabhängigkeit vom Rest des Landes auf die Tagesordnung (Reich und unabhängig).

Und die rechten Regierungschefs aller vier Tieflandregionen hatten sich hinter die Initiative aus Santa Cruz gestellt. Das Referendum über eine neue Verfassung 2008 hatte Konflikte weiter zugespitzt und das Land schien sogar am Rand eines Bürgerkriegs zu stehen. (Bolivien: "Aufruf zum Bürgerkrieg") Tatsächlich kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Opposition und der Regierung. In Pando wurden Anhänger von Morales regelrecht massakriert. Doch nun ist definitiv klargestellt, dass es für diese Politik der Opposition keine Basis mehr gibt. Morales hat die Wahlen in acht von neun Verwaltungsbezirken gewonnen. Nur in der Tieflandregion Beni dürfte sich der konservative Unternehmer Doria Medina mit seiner Demokratischen Einheit (DU) durchgesetzt haben, wobei hier noch die offiziellen Endergebnisse abgewartet werden müssen.

Vom einstigen Chaos, gewalttätigen Konflikten und Krawallen waren diese Wahlen weitgehend frei. Internationale Beobachter bestätigten den positiven und transparenten Wahlgang. Die Beobachter haben dafür dem Wahlrat ihre Anerkennung ausgesprochen. Der Vertreter der Mercosur-Staaten sprach von einer "freien, bewussten und souveränen" Entscheidung. Iván Rabalho sagte, damit schreibe Bolivien eine "neue Seite in seiner demokratischen Geschichte".

Unklar ist noch, ob die Regierung auch in Zukunft über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügen wird. Für diese Wahlen gab es im Vorfeld keine Umfragen. Erwartet wurden auch viele sogenannte gekreuzte Stimmen, die diese Mehrheit in Gefahr bringen könnten. Viele Wähler sind zwar von Morales überzeugt, doch nicht immer von den jeweiligen Parlamentariern der MAS. Vermutet wurde, dass einige deshalb zwar für den Präsidenten stimmen würden, aber ihre Stimme bisweilen dem jeweiligen MAS-Kandidaten verweigern könnten.

Verstaatlichung hat den Aufschwung befördert

Dass Morales auch in der Tiefebene auf immer größere Zustimmung stößt, hat vor allem damit zu tun, dass sich die Panikmache der rechten Opposition als solche herausgestellt hat. Nicht der wirtschaftliche Kollaps des Landes ging mit der Landreform, den Verstaatlichungen der Öl- und Gasförderung und anderer Bodenschätze und der Eisenbahn einher, sondern ein enormes Wirtschaftswachstum. Und die Gewinne daraus fließen nicht mehr nur einer kleinen Oberschicht zu. Auch über Sozialprogramme hat sich das Einkommen der breiten Bevölkerung verbessert und zudem investiert die Regierung viel in Bildung und Gesundheit. Diese Investitionen bilden die Grundlage für eine Verbesserung in der Zukunft, während die Umverteilung des Reichtums für mehr Nachfrage sorgt und darüber wird die Wirtschaft im Land seit Jahren angekurbelt.

So bekommt Bolivien sogar gute Noten von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Dabei lehnt Morales die IWF-Rezepte ab. Und er ist mit seiner Politik erfolgreich, während der IWF mit seinen Anpassungs- und Austeritätsprogrammen die Lage in den Ländern meist deutlich verschlechtert hat, wo sie zur Anwendung kamen. Bolivien verzeichnete aber 2013 ein Wirtschaftswachstum von 6,8%. Im ersten Quartal 2014 lag es erneut bei 5,6%. Das ist der zweithöchste Wert in Südamerika, wo das Wachstum im Durchschnitt 2,1% betragen hat. Wirtschaftsminister Luis Arce verwies auch darauf, dass das Wachstum dafür gesorgt hat, dass die extreme Armut von 38% im Jahr 2005 nun auf 18% gesunken ist. Schon 2011 stellte die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) fest, dass Bolivien nicht länger das ärmste Land Lateinamerikas ist.

Man muss sich nur anschauen, wie die deutsche GIZ die Erfolge des Landes lobt und darauf abhebt, dass "die Regierung seit 2006 eine staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik verfolgt, die durch die Verstaatlichung der nationalen Ressourcen, allem voran Erdgas und Erdöl, staatliche Investition und Einnahmenumverteilung, die Einführung von Importzöllen und Subventionen auf Treibstoffe sowie Preisregulierungen auf Lebensmittel gekennzeichnet ist. Diese Politik hat sich vorteilhaft auf die Wirtschaft ausgewirkt". Vor allem, das sagt die GIZ aber nicht, hat sich die Politik positiv für die breite Bevölkerung ausgewirkt. Die GIZ greift auf Daten des IWF zurück, der festgestellt hat, dass die Wirtschaft in Bolivien seit der Machtübernahme von Morales bis 2012 jährlich bei 4,7% gelegen habe:

Gleichzeitig haben sich die staatlichen Einnahmen durch Exporte verdreifacht, was wiederum die Steigerung der Exporte von hauptsächlich Erdgas, aber auch landwirtschaftlicher Produkte und Mineralien wiederspiegelt. Außerdem hat sich das Land in Bezug auf den IWF in ein Netto-Kreditland verwandelt, seitdem Boliviens internationale Finanzreserven bei 50% des BIP liegen und die Verschuldung nicht über 14% des BIP steigt.

GIZ

Zwar schreibt die GIZ auch, dass "nicht alle diese Entwicklungen allein der Regierung Morales angerechnet werden können", da auch die Preisentwicklung bei den Exporten mineralischer Rohstoffe, Erdgas und Erdöl eine Rolle spiele. Doch es ist klar, dass es auch für die Wirtschaft förderlich ist, wenn die vielen Armen vom Reichtum im Land profitieren, statt wie zuvor nur eine kleine Oberschicht und multinationale Unternehmen.

Ohnehin zielt die Regierung in Bolivien auch auf ein nachhaltiges Wirtschaften ab und setzt nicht allein auf steigende Rohstoffpreise, um die Sozialprogramme bezahlen zu können. Statt als Exportland von den internationalen Rohstoffpreisen abhängig zu sein, will Bolivien die eigenen Rohstoffe auch selbst weiterverarbeiten und veredeln. Der Sozialist Morales erkennt das freie Unternehmertum außerhalb der Schlüsselindustrien an und arbeitet mit großen Teilen der Unternehmerschaft inzwischen erfolgreich zusammen.

Morales hat für eine nachhaltige Entwicklung auch die Hand der Opposition nach seinem Wahlsieg ausgestreckt: "Unsere Opposition laden wir dazu ein, gemeinsam für Bolivien zu arbeiten." Man habe viel Geduld, betonte er und bot an, zum Teil heftige Streits und Konfrontationen zu vergessen und gemeinsam für die Zukunft des Landes einzutreten. Aus Bolivien soll zwischen 2015 und 2020 das Zentrum für Energie in Südamerika werden. Doch damit sprach er nicht nur an, dass das Land über die zweitgrößten Gasreserven in diesem Teil der Welt verfügt, sondern er will auch auf die friedliche Atompolitik setzen.

Für den Wahlsieg dankte Morales noch in der Wahlnacht der Bevölkerung. Er sprach von einem "neuen Triumph gegen den Imperialismus und den Kolonialismus und für die Integration aller Bolivianer und aller Lateinamerikaner". Den Sieg widmete er allen "allen Völkern in Lateinamerika und der Welt, die gegen den Kapitalismus und den Imperialismus kämpfen". Morales setzt auf eine Einheit in Lateinamerika, um der großen USA im Norden und deren Großmachtsinteressen erfolgreich entgegentreten zu können.