Militärfirma sucht Drohnenpiloten

Schiebel Camcopter S-100 auf der ILA 2006. Bild: Stahlkocher. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Ein deutsches Unternehmen suchte vor kurzem Drohnen-Piloten: die Ausbildung solle in den USA und in der Ukraine stattfinden, der Einsatz im Irak und in anderen Krisenregionen

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"Wir suchen dringend, ab sofort und schnellst möglich mindestens 3/5 Hubschrauberpiloten und 4/6 Fluggerätemechaniker, nach Möglichkeit mit militärischer Erfahrung", hieß es vor wenigen Wochen auf der Facebook-Seite eines deutschen Militärdienstleisters. Bewerber würden auf eine Helikopter-Drohne umgeschult: Die Piloten der Aufklärungsdrohne, die gestochen scharfe Bilder liefert, sollen laut Stellenausschreibung zwei Monate bei "Boeing" in den USA ausgebildet werden und anschließend einen "Praxis-Ausbildungsmonat in der Ukraine" durchlaufen. Ein deutscher Militärdienstleister mit Drohnen im Krisenland Ukraine?

Der private Sicherheitsdienstleister wollte sich dazu nicht äußern. Man habe in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit der Presse gemacht, teilte der Geschäftsführer telefonisch mit. Als 2010 bekannt wurde, dass das Unternehmen plane, Söldner nach Somalia zu schicken (Ehemalige Bundeswehrsoldaten als Söldner in Krisengebieten), begann die Staatsanwaltschaft Münster sich wegen des Verdachts gegen das bestehende Waffenembargo dafür zu interessieren.

Mittlerweile fordert die Staatsanwaltschaft Münster nach telefonischer Auskunft für zwei Beschuldigte ein bzw. ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung. Von den Beschuldigten wurde dagegen Einspruch eingelegt, weshalb das Verfahren aktuell bei Gericht anhängig ist. Das Verfahren scheint das Unternehmen aber nicht daran zu hindern, weiterhin kritischen Geschäften nachzugehen. Allerdings wurde der Posten des Geschäftsführers neu besetzt, der Firmensitz aus dem Münsterland nach Aachen verlegt und nun sucht man neues Personal.

Was genau der deutsche Militärdienstleister mit den Drohnen vor hat, ist nicht bekannt. Der 3,10 Meter lange und 110 Kilo schwere Camcopter S-100 kann mit allerlei Aufklärungssensorik wie See- und Bodenradar sowie optischen Kameras ausgestattet werden. Die Einsatzdauer beträgt über 10 Stunden und die Reichweite des Camcopters aus Österreich soll 200 Kilometer betragen. Der unbemannte Helikopter braucht keine Start- und Landebahn, kann ruhig über einem Ort schweben und zudem auch in engen Tälern und Schluchten eingesetzt werden.

Bisher wurden die Drohnen u.a. von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Libyen, Jordanien und der chinesische Volksbefreiungsarmee geordert. Auch die Bundeswehr möchte die Hubschrauber-Drohne bald einsetzen - die sechs Camcopter S-100 sollen 30 Millionen Euro kosten (Auch Bodentruppen der Bundeswehr wollen größere Helikopter-Drohnen). Der hohe Stückpreis wirft die Frage auf, wie der zumindest nach außen sehr klein wirkende deutsche Militärdienstleister die Drohnen bezahlen und auch refinanzieren möchte.

Laut der eingangs genannten Stellenausschreibung seien für die Drohnen-Piloten und Mechaniker Einsätze "im Irak und anderen Krisengebieten" möglich. Man arbeite "in einem Team, eingebettet in und im Auftrag einer großen Organisation", hieß es dazu auf der Facebook-Seite der Militärfirma. Während des Einsatzes würden die Angestellten "offizielle Mitarbeiter der OECD, mit entsprechendem Ausweis", heißt es in der Stellenbeschreibung. Das kann aber nicht sein. Wie die Berliner Pressestelle der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Telepolis mitteilte, habe man mit Militär nichts zu tun.

Gemeint war in der Stellenausschreibung wahrscheinlich die im Ukraine-Konflikt aktive "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE). Die Organisation plant in der umkämpften Ost-Ukraine "Camcopter S-100" einzusetzen (Helikopter-Drohnen aus Österreich für internationale Missionen in Krisenregionen), um die Einhaltung der Waffenruhe zu überprüfen. Allerdings gibt es, wie eine Sprecherin der OSZE Telepolis mitteilte, keinen Kontakt zwischen der Organisation und der deutschen Firma - wohl aber zum Drohnen-Hersteller "Schiebel" aus Wien. Handelt der deutsche Militärdienstleister also nur als Sub-Unternehmer für "Schiebel" und stellt für die unbemannten Hubschrauber die Piloten?

Strikter gesetzlicher Rahmen für die Tätigkeiten privater Sicherheitsfirmen nötig

Immerhin soll die dreimonatige Ausbildung der Mechaniker in Österreich stattfinden und die Piloten teilweise beim "Schiebel"-Kooperationspartner "Boeing" ausgebildet werden. Der österreichische Drohnen-Hersteller antwortete auf eine Frage nach möglichen Kooperationen mit der deutschen Söldnerfirma allerdings eindeutig: "Schiebel hat keinerlei Geschäftsbeziehung zu der Firma."

Das wirft weitere Fragen auf: Wo in der Ukraine sollen die Drohnen-Piloten ausgebildet werden? Und welche Missionen von welchen Auftraggebern sind geplant?

Lühr Henken von der bundesweiten Kampagne gegen militärische Drohnen bemängelt im Gespräch mit Telepolis die schwache Informationslage bei den Drohnen-Plänen: "Eine Garantie für den Nichteinsatz von Waffen - der Schiebel Camcopter S-100 kann mit kleinen Luft-Boden Raketen bewaffnet werden - gibt es nicht, denn das Mandat ist völlig spekulativ." Die Stellenausschreibung der deutschen Militärfirma würden viele Fragen aufwerfen. Henken warnt daher vor unkontrollierten Einsätzen militärischer Drohnen durch private Militärfirmen:

Wenn hier nicht von den Regierungen in Berlin und Wien ein Riegel vorgeschoben wird, ist dieser Grauzone Tür und Tor geöffnet.

Dies sieht auch die Bundestags-Opposition so: "Das ist hoch problematisch und sehr gefährlich", warnt etwa die Grüne-Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger gegenüber Telepolis vor den Aktivitäten privater Militärunternehmen: "Die Firmen können leider immer noch abseits von demokratischer Kontrolle und Öffentlichkeit operieren", so die Sprecherin für Sicherheitspolitik ihrer Fraktion. Sie fordert von der Bundesregierung zum Umgang mit Privat-Firmen eine umfassende Reform:

Diese muss einen strikten gesetzlichen Rahmen für die Tätigkeiten privater Sicherheitsfirmen schaffen - von einer Registrierungspflicht, über ein Lizenzierungsverfahren bis hin zu einer Zertifizierung, die sowohl Qualitätsstandards für die Ausbildung der Sicherheitskräfte als auch Transparenz der unternehmerischen Aktivitäten sicherstellt.

Auch der Linke-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko fordert gegenüber Telepolis ein härteres Vorgehen: "Dass nach der Verletzung des Waffenembargos in Somalia nur die individuell Verantwortlichen belangt werden, ist ein Skandal", empört sich der Bundestagsabgeordnete. Die strukturellen Risiken und Probleme solcher Firmen seien bisher von der Bundesregierung ignoriert worden. Hunko, dessen Wahlkreisbüro in Aachen nur wenige hundert Meter vom Firmensitz entfernt liegt, fordert die Regierung daher zur Beobachtung deutscher Militärfirmen auf: "Nur so könnte sie auch bei sensiblen Einsätzen aktiv werden."

Auch Verbote hält er für möglich. An erster Stelle müssen aber "Aufklärung" stehen. Die scheint angesichts der vielen offenen Fragen an die schweigsamen Söldner und Ungereimtheiten etwa bei der Stellenausschreibung für die Drohnen-Piloten auch dringend nötig.