Litauen löst sich aus der Abhängigkeit von russischem Gas

Der schwimmende Flüssiggashafen ist in Klaipeda eingetroffen, mit dem ab 2015 die drei baltischen Länder versorgt werden sollen

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Litauen feiert heute einen Unabhängigkeitstag der besonderen Art. "Litauen wird jetzt ohne das russische Gas überleben können", kündigte die konservative Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite letzte Woche an.

Der schwimmende Flüssiggashafen "Independence". Bild: urm.lt

Mit dem Start des schwimmenden Flüssiggashafen in Klaipeda (Memel) öffnet sich die Perspektive, in naher Zukunft für alle baltischen Länder, bis zu 75 bis 90 Prozent ihres bisherigen Gasbedarfes über den Seeweg zu beziehen. Das Gas wird durch Kühlung in einen flüssigen Zustand versetzt.

Bislang kamen die benötigten drei Milliarden Kubikmeter Gas ausschließlich aus Russland, wie auch die beiden anderen ehemaligen Sowjetrepubliken zu hundert Prozent von dem Kreml-nahen Konzern Gazprom abhängig sind.

In diesem Dezember sollen bereits Probelieferungen mit Statoil beginnen. Für 2015 wird Norwegens Energiekonzern Statoil mit 540 Millionen Kubikmetern erstmal 17 Prozent des litauischen Gasbedarfs decken. Mit dem Jahr 2015 enden auch die Verpflichtungen mit Gazprom, was eine Vergrößerung der Unabhängigkeit bedeutet. "Die Ukraine-Krise zeigt deutlich, wie anfällig Europa gegenüber dem politischen Druck eines monopolistischen Gaslieferer ist", heißt es in einem aktuellen litauischen Regierungsschreiben, das den Flüssiggashafen vorstellt. Nur vier Jahre von der Planung bis zur Fertigstellung habe es gedauert, die Kosten und die Finanzierung werden in dem Schreiben nicht offen gelegt.

Das neue litauische Selbstbewusstsein bekam Gazprom schon zu spüren. War das Land mit bis zu 480 US-Dollar für 1000 Kubikmeter Gas bis Juli der Abnehmer mit der höchsten Gebühr, konnte Vilnius durch ein Abkommen den Preis auf 370 US-Dollar bis Ende 2015 drücken. Der Preis der entsprechenden Gasmenge aus Norwegen wird zwischen 328 bis 366 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter liegen, berichtet die litauische Tageszeitung "Delfi".

Der 300 Meter lange Flüssiggas-Tanker mit dem bezeichnenden Namen "Independence" (Unabhängigkeit), der in einer südkoreanischen Werft gefertigt wurde, soll am Montag in Klaipeda unter großem Medienrummel einfahren. Doch nach der schwedischen "U-Boot-Affäre", bei der ein vermeintlich russisches Unterwasserobjekt in den Küstengewässern vor Stockholm die schwedische Marine zu einer erfolglosen Jagd provozierte, ist in Litauen nicht nur Feierlaune angesagt. "Unsere Leute werden seit einem Jahr von Norwegen und NATO-Truppen trainiert, wir nehmen das ernst und wir sind bereit", erklärte die litauische Präsidentin.

Der Hafen ist vor Sabotage nicht genügend geschützt, warnt die Tageszeitung "Lietuvos Rytas", zudem könnten russische U-Boot-Aktivitäten in der Ostsee das Schiff gefährden.

Im Hafen herrscht darum seit Tagen Ausnahmezustand, das Schiff, obwohl noch ohne Gaslast, wird von mehreren Hubschraubern begleitet. Sogar Delfine wollen die Sicherheitsbehörden als Schutz des Hafengewässers in Zukunft einsetzen.

Auch in Polen wird 2015 ein Flüssiggashafen in Swinouscie (Swinemünde) Gas transformieren, die Lieferungen kommen aus Katar. Dort wird mit einer Anfangskapazität von 5,3 Milliarden Kubikmeter jährlich etwa ein Drittel des polnischen Gasbedarfs abgedeckt. Eine Erweiterung ist bereits beschlossen.

Finnland und Estland planen noch einen gemeinsamen Hafen, eine Entscheidung soll im November fallen.