Seriöse Radikalität 2.0

Die NPD hat einen neuen Parteivorsitzenden, der die rechtsextreme Partei "sympathischer" machen will

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Rund zehn Monate, nachdem die NPD ihren damaligen Parteichef Holger Apfel auch wegen dessen "seriöser Radikalität" zum Teufel jagte und mit Udo Pastörs ein "völkischer Taliban" (NPD-Aussteiger Andreas Molau) das Ruder übernahm (Unseriöse Radikalität), übernimmt mit Frank Franz ein smart wirkender Nachwuchskader die Führerschaft der Partei. Der bisherige NPD-Pressesprecher steht wieder für einen Apfel-ähnlichen Stil, meint: radikale Politik betreiben, aber nach außen hin seriös und bürgerlich auftreten. Ob das die von einem Verbot bedrohte NPD weiter von der extremer auftretenden Neonazi-Szene entfernt, wird sich zeigen.

Die rechtsextreme Partei hat den Saarländer am Samstagabend zu ihrem neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Der 35-Jährige löst Pastörs ab, der Chef der NPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern ist und der die Partei eigentlich fast ein Jahr lang mit einer harten Hand führen wollte. Wie die NPD auf ihrer Internetseite mitteilte, wurde Franz am späten Samstagabend beim Bundesparteitag im badischen Weinheim mit großer Mehrheit gewählt. Gegen das zweitägige Treffen der Rechtsextremisten demonstrierten am Samstag und Sonntag hunderte Menschen.

Schon im Vorfeld hatte Franz angekündigt, die NPD "sympathischer" machen und nicht mehr "jeden Idioten mit seinem Krawallotheater" in der nun seit 50 Jahren bestehenden Partei akzeptieren zu wollen. "Der Wähler will nicht das Überradikale", sagte Franz kürzlich der Parteizeitung "Deutsche Stimme" zudem. Auf dem Parteitag soll es wegen seiner Pläne nun schon zu Spannungen gekommen sein. Dennoch hat sich der neue Parteichef nach Parteiangaben mit 86 Stimmen gegen seine Mitbewerber Sigrid Schüßler (17 Stimmen) und Peter Marx (32 Stimmen) durchgesetzt.

Schüßler - die ehemalige Vorsitzende des "Rings Nationaler Frauen" (RNF) war kürzlich zudem von ihrem Amt als stellvertretende Landesvorsitzende in Bayern zurückgetreten - gilt in der Partei als schwierig. Der ehemalige Generalsekretär der NPD, Marx, gilt in Teilen der braunen Szene als intrigant, gerade in Neonazi-Kreisen nannte man ihn wiederholt bei seinem vollen Namen Peter Jacob Marx und wollte so auf dessen angebliche Nähe zum Judentum anspielen. Marx war im Frühjahr über den Besuch einer Feier mir Peniskuchen, Stripperin und einer ehemaligen Pornodarstellerin, die sich im NPD-Umfeld tummelte, gestolpert (Die NPD und der Peniskuchen).

Aussichtsreiche und einflussreiche Gegenkandidaten hatte Franz also nicht zu fürchten am Wochenende. Daher soll nun der 35-Jährige die NPD wieder in bessere Zeiten führen. Das dürfte angesichts des drohenden Verbots und den Ewiggestrigen, Hitleristen sowie dem Typ Straßenkampf in der Partei nicht leicht werden, zumal andere Parteigranden immer wieder für Negativschlagzeilen sorgen. Der zeitweise ebenso als Kandidat für den Parteivorsitz gehandelte bayerische NPD-Landesvize Sascha Roßmüller, der zugleich führendes Mitglied des Rockerclubs Bandidos MC ist, war erst im Oktober in Untersuchungshaft genommen worden.

Zuvor hatte es die Partei bei den Wahlen in Sachsen nicht wieder geschafft, in den Landtag gewählt zu werden. Auch in Brandenburg und Thüringen zog man nicht in die Landtage ein, der damalige Spitzenkandidat und Thüringer Landeschef Patrick Wieschke geriet statt dessen in die Schlagzeilen, weil er viele Jahre zuvor Mutter und Schwester verprügelt haben soll. Offenbar wendeten sich bei den letzten Wahlen auch gemäßigtere Wähler von der NPD ab und stimmten dann teilweise für die "Alternative für Deutschland" (AfD). Für die finanziell angeschlagene NPD bedeutet dies auch den Verlust von Staatsgeldern.

Manch einer findet daher, Franz sei als "Ziehsohn des gescheiterten Holger Apfel" für die desolate Partei eine "Verlegenheitslösung". Fraglich dürfte also sein, ob der 35-Jährige, der auf Bildern auch gerne wie für ein Fotoshooting bei der Produktion des Versandhauskatalogs eines Herrenausstatter posiert, bürgerliche Wähler ansprechen kann - sollte der NS-Flügel der NPD ihm dafür überhaupt eine Chance geben.