Kommt eine Interimsregierung in Syrien?

Laut unterschiedlicher Regierungsquellen gibt es dazu Pläne in Russland, Ägypten und den USA

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Russlands Regierung plant laut der in Beirut ansässigen Zeitung al-Akhbar ein Treffen von Mitgliedern der syrischen Regierung mit ausgewählten Oppositionellen, Ziel soll die Bildung einer Interimsregierung sein.

Die Zeitung hat sich im syrischen Konflikt einige Glaubwürdigkeit verschafft, weil sie schon sehr früh Distanz zur 2012 wie auch im Jahr 2013 noch weit verbreiteten Rede von der "syrischen demokratischen Revolution" nahm und den Oppositionsgruppen sehr kritisch gegenüberstand, wie sie auch die Regierung Baschar al-Assad nicht von kritischen Kommentaren verschonte. Laut ihrem Bericht ist der Plan der russischen Regierung, statt in Genf die nächste Friedenskonferenz in Moskau abzuhalten, "fast bestätigt".

Als Quellen werden Personen genannt, die mit der Vorbereitung der Konferenz beschäftigt sind. Angemerkt wird dazu, dass Ägypten ebenfalls eine maßgebliche Vermittlerrolle spielen soll und auch die UN soll mitmachen.

Überraschende Teilnehmer bei den Oppositionellen

Nach den Informationen gibt es eine kleine Überraschung bei der Delegation der eingeladenen Oppositionellen. So soll sich darunter Ahmed Mouaz al-Khatib befinden, der den Titel eines Scheichs trägt. Die israelische Zeitung Ha'aretz bestätigt den namen und entsprechende Pläne und fügt dem aber an, dass sich der US-Außenminister Kerry und sein russischer Kollege in Peking über ein Treffen zwischen syrischer Regierung und Oppsoitionellen verständigt hätten. Dazu ist bei al-Akbhar aber nichts zu erfahren.

Sheikh Ahmed Moaz Al Khatib; Bild: Wikipedia/CC BY-SA 2.0

Ahmed Mouaz al-Khatib ist keine Person, die dem Regierungslager nahe steht oder mit einer derartigen Sympathie verbunden ist, dass er leichthin als steuerbare Figur für die alte Mannschaft bezeichnet werden könnte. Al-Katib wurde Ende 2012 zum Chef des damaligen Oppositionsbündnisses der "Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte" gewählt worden; er war populär und seine Wahl war damals von großen Hoffnungen begleitet - nicht nur in Syrien, sondern auch von westlichen Staaten: der damalige Bundesaußenminister Westerwelle lud ihn nach Berlin ein.

Der dem Sufismus nahestehende al-Khattib, der schon zu Regierungszeiten des Vaters Baschar al-Assads, Hafez, gegen diesen opponierte, nahm Anfang 2013 an der Münchner Sicherheitskonfernenz teil und sparte nicht mit deutlichen Vorwürfen: "Die Regierung von Staatschef Bashar al-Assad lasse gezielt Frauen vergewaltigen und foltere Kinder, selbst Fünfjährige würden zu Tode gequält. Es gebe eine 'unglaubliche Brutalität in diesem Regime'", zitierte ihn damals der Schweizer Tagesanzeiger. Der internationalen Staatengemeinschaft warf er demnach vor, "nicht auf die moralisch gebotene Weise" mit den Massakern in seinem Land umzugehen.

Kurze Zeit später wurde Al-Katib an der Spitze der "Nationalen Koalition" abgelöst; Ghassan Hitto ersetzte ihn, laut Exiloppositionellen auf Betreiben Katars. Möglich aber auch, dass auch andere "Freunde Syriens" nicht mehr mit ihm einverstanden waren.

Dass er nun zusammen mit Qadri Jamil, der sich als nicht korrupter Regierungskritiker - Jamil war zeitweise Mitglied der Regierung - eine Reputation verschafft hat, als Oppositionsvertreter nach Moskau eingeladen wird, kann man als deutliches Signal dafür sehen, dass man dem "Kaiser nicht nur neue Kleider anziehen" will, sondern ernsthaft über eine Veränderung an der Spitze Syriens nachdenkt. Gleichwohl soll dies gemäßigt ablaufen.

Assad soll Machtbefugnisse behalten; bei Neuwahlen darf er kandidieren

Die syrische Interimsregierung, die laut al-Akhbar aus Mitgliedern der bestehenden Regierung und der Opposition gebildet werden soll, soll von einer "nicht provozierenden Persönlichkeit" geführt werden. Der amtierende Staatspräsident Baschar al-Assad soll seine Machtbefugnisse über die Armee und den Sicherheitsapparat behalten.

Ein verfassungsgebendes Gremium soll gegründet werden, entweder nach Wahlen oder durch Nominierung, und die eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Nach zwei Jahren soll es erst das Parlament neu gewählt werden, danach der Präsident. Baschar al-Assad dürfe kandidieren.

USA: Absetzung Assads als Teil der Anti-IS-Strategie

Geht es nach Informationen von CNN, angeführt werden anonyme Teilnehmer von Treffen mit dem Präsidenten und andere Regierungsquellen, so beschäftigen sich die Lagebesprechungen immer öfter mit der Frage eines "politischen Übergangs" in Syrien. Die Entfernung von Assad wird demnach als Ziel für eine erfolgreichere Strategie im Kampf gegen den IS neu ins Spiel gebracht. Die Türkei und andere Golfstaaten sollen in diese Richtung puschen, werden US-Vertreter zitiert.

Die Frage bei beiden Ansätzen ist, wie sich die Führung in Iran, die sich bislang auf die Seite der Regierung al-Assad gestellt hat, zu solchen Plänen verhält. Im Irak zeigte sich Teheran zur Ablösung des Regierungschefs bereit.