Testet Russland Weltraumwaffen?

Das im Mai in eine Umlaufbahn gebrachte "Objekt 2014-28E" führt Manöver aus

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Laut einem Artikel in der Financial Times steckt hinter dem Objekt 2014-28E, zunächst eingestuft als Weltraumschrott von einer russischen Rockot-Rakete, möglicherweise Waffentechnik. Am 23. Mai war eine Rakete vom Plesetsk Kosmodrom gestartet und hatte drei militärische Rodnick-Kommunikationssatelliten in die Umlaufbahn gebracht. Aber es gab dazu eben auch Kosmos 2499, Object 2014-28E oder NORAD 39765. Was zunächst als Weltraumschrott erschien, vollführte dann aber deutliche Manöver, wie Beobachter entdeckten.

Ab Juni begann Objekt 2014-28E seine Umlaufbahn leicht abzusenken. Dabei querte das Objekt die Flugbahn von Bris-KM, der obersten bzw. dritten Stufe der Rakete, die es in die Umlaufbahn gebracht hatte. Bis Ende Oktober blieb es auf der Höhe von 1500 km Höhe, um dann scharf auf fast 900 km zu sinken. Bis Ende August blieb es auf dieser Höhe, um dann wieder höher zu steigen. Zu einer Begegnung mit der Bris-KM auf der Umlaufbahn in 1150 km Höhe kam es noch nicht, aber möglicherweise ist dies das Ziel, meint jedenfalls Sam Jones von der FT, um zu suggerieren, es könne sich um einen "russischen Satellitenkiller" handeln.

Schon im Dezember hatte eine russische Rakete drei Satelliten und ein weiteres Objekt in eine Umlaufraum gebracht. Auch hier wurde beobachtet, dass es Manöver ausführte. Was diese Objekte sind, wurde von Russland nicht erklärt, es gab auch keine Angaben darüber. Und der Verdacht besteht, dass Russland wie die USA oder China auch manövrierbare Satelliten oder Raumfahrzeuge entwickelt, die Satelliten reparieren, sie aber auch aus der Bahn schubsen oder funktionsunfähig machen können.

Wer hier die Nase vorne hat, hat zweifellos einen Vorteil bei militärischen Konflikten, könnte aber auch im Sinne des Cyberwar mit der Störung von Satelliten Kommunikations-, Lokalisierungs- und Datenströme für eine Region unterbrechen. Als George W. Bush seine Präsidentschaft antrat, stand dies noch im Zeichen des Suprematie-Konflikts mit China. Eine Kommission unter Vorsitz von Rumsfeld, der unter Bush Verteidigungsminister wurde, warnte vor einem neuen Pearl Harbor im Weltraum, vor einem Angriff auf amerikanische Weltraumsysteme. Das war im Übrigen ein Grund, den umstrittenen Raketenabwehrschild zu entwickeln und aufzubauen, das zu einem der Auslöser der Krise mit Russland wurde.

Interessant ist, dass die USA - wie in vielen anderen Fällen auch - kein Interesse an Initiativen zeigte, die vor allem von Russland, aber auch von China (China warnt vor Aufrüstung im Weltall) ausgingen und ein internationales Abkommen zur Verhinderung der Militarisierung des Weltraums anstrebten. Der Outer Space Treaty fordert zwar eine friedliche Nutzung des Weltalls, verbietet aber nur die Stationierung von Atom- und anderen Massenvernichtungswaffen auf Umlaufbahnen oder Himmelskörpern. Auf dem Mond sind nach dem Abkommen militärische Stützpunkte und Waffentests verboten. Anfang 2001 wurde vom Pentagon ein Space Command eingerichtet und verkündet, man verfüge über "futuristische offensive und defensive Waffensysteme" (Von der US-Freiheit im Weltraum).

Wo auch immer, die USA wollten sicherstellen, dass sie überall militärisch überlegen sind, ebenso wie sie die absolute Informationshoheit beanspruchen. Rumsfeld, damals schon Verteidigungsminister, betonte, die USA müssten ihre militärischen Interessen auch im Weltraum sichern, weil das Land wirtschaftlich, militärisch und gesellschaftlich immer abhängiger von Satelliten würde (Die nationale Sicherheit verlagert sich in den Weltraum). Auch nach 9/11 wurde daran festgehalten: Das Pentagon strebt absolute militärische Dominanz im Weltraum an, Mit SUMO Satelliten aus der Umlaufbahn schieben. Und natürlich wurden Programme zur Militarisierung des Weltraums weiter getrieben (Laserwaffe gegen Satelliten). Boeing X-37 oder das Orbital Test Vehicle (OTV), das erstmals vom Pentagon 2006 getestet wurde, war bereits mehrmals im Weltraum auf unbekannter Mission (Pentagon setzt auf Weltraumdrohne). Zuletzt wurde es 2012 in den Weltraum gebracht und kehrte im Oktober 2014 wieder auf die Erde zurück. Mission unbekannt.

Zu einem Showdown zwischen China und den USA kam es 2007, als ein alter chinesischer Wettersatellit durch eine chinesische Rakete abgeschossen wurde (China testete Antisatellitenwaffe). China machte dadurch klar, dass es auch andere Satelliten zerstören kann. Die USA ließ nicht lange auf sich warten und schoss 2008 mit dem seegestützten Aegis-System des Raketenabwehrsystems einen alten Spionagesatelliten ab. Das sollte nicht nur demonstrieren, dass man das auch kann, sondern zudem belegen, wie gut das Raketenabwehrsystem ist, unter dessen Schirm die USA die Alliierten bringen will (Update: Erfolgreiche Demonstration). Es kam zu einem Schlagabtausch zwischen China und den USA (China wirft der US-Regierung Doppelzüngigkeit vor), wenig verwunderlich ist, dass andere Staaten wie Nordkorea und Iran, aber auch Indien ihre Anstrengungen intensivierten, Weltraummächte zu werden.

Gut möglich also, dass auch Russland wieder versucht, seine Asat-Programme aus dem Kalten Krieg wieder anzuwerfen, zumal nach Beginn des Ukraine-Konflikts. Die FT zitiert Patricia Lewis vom US-Thinktank Chatham House und Expertin in "Weltraumsicherheit". Sie meint, dass das Objekt viele Funktionen haben könne, u.a. eben auch, einen Satelliten zu beschießen oder zu stören. Im Juli 2014 hat China wieder einen Test für sein Raketenabwehrsystem durchgeführt und eine Rakete abgeschossen. Von der US-Regierung wurde dies - man weiß, wovon man spricht - als ein Antisatellitentest bezeichnet. China wurde gewarnt, diese "destabilisierenden" Aktionen, die man selbst ausführt, zu unterlassen.

Noch scheint die EU keine Interessen zu haben, Waffen für den Weltraum zu entwickeln. Es wäre eine gute Aufgabe, deshalb für ein internationales Abkommen zu werben, um die Militarisierung des Weltraums zu verhindern. Aber davon hört man nichts. Die Vasallentreue zur USA scheint zu groß zu sein.