Platzeck schlägt Wiederholung des Krim-Referendums unter OSZE-Aufsicht vor

Der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende hält eine Rückkehr abgespaltener Gebiete in die Ukraine für unwahrscheinlich

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Matthias Platzeck war vom 15. November 2005 bis zum 10. April 2006 Bundesvorsitzender der SPD und vom 26. Juni 2002 bis zum 28. August 2013 brandenburgischer Ministerpräsident. Nach einem Hörsturz und anderen gesundheitlichen Problemen zog er sich aus der aktiven Politik zurück. Nun reiht er sich in die Reihe jener deutschen Ruhestandspolitiker ein, die (wie Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Gerhard Schröder) ein Ende der Konfrontationspolitik mit Russland fordern, geht aber noch einen Schritt weiter.

In der Passauer Neuen Presse fordert der Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums nämlich: "Die Annexion der Krim muss nachträglich völkerrechtlich geregelt werden, so dass sie für alle hinnehmbar ist". Dafür wäre seiner Ansicht nach eine Wiederholung des Referendums vom Frühjahr unter der Kontrolle von OSZE-Beobachtern ein geeigneter Weg. Außerdem könne Russland der quasi bankrotten Ukraine als Ausgleich "finanzielle Leistungen" anbieten. Darüber hinaus meint Platzek, es sei "momentan kaum vorstellbar, dass Donezk und Lugansk nach allem, was passiert ist, einfach wieder in den ukrainischen Staatsverband zurückkehren".

Matthias Platzeck. Foto: Sebastian Gabsch. Lizenz: CC BY-SA 2.5.

Allgemein fordert er ein weniger reflexhaftes Vorgehen des Westens, sondern Reaktionen, die die langfristigen Folgen des eigenen Handelns mit einrechnen. Dazu gehört für ihn, dass eine Lösung gefunden werden muss "bei der Putin nicht als Verlierer vom Feld geht", auch wenn dafür "der Klügere einmal nachgeben" muss. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass die bei den russischen Wählern nach Putin beliebtesten Politiker Wladimir Schirinowski und Gennadi Sjuganow deutlich EU-kritischere und nationalistischere Töne an den Tag legen als der aktuelle Präsident der Russischen Föderation. Würde die zweitgrößte Nuklearmacht der Welt "politisch instabil", wäre das seiner Meinung nach "brandgefährlich" und hätte "unabsehbare Folgen".

In der aktiven SPD-Bundestagsfraktion lehnt man Platzecks Ratschläge allerdings dankend ab. Deren außenpolitischer Sprecher Niels Annen, der 2010 Senior Transatlantic Fellow beim German Marshall Fund in Washington war, meinte zu Platzecks Ausführungen, sie seien "kein guter Rat an die deutsche Politik", weil "die nachträgliche Anerkennung der Annexion der Krim […] ein Präzedenzfall mit destabilisierender Wirkung weit über die Ukraine hinaus" wäre.

Der SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der sich gestern in Moskau mit Putin traf, hat sich bislang noch nicht zum Vorstoß seines ehemaligen Parteivorsitzenden geäußert.

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