Pazifischer Freihandelswettbewerb

Mit TPP, RCEP und FTAAP existieren im pazifischen Raum mindestens drei konkurrierende Freihandelskonzepte

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Was TTIP (die "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft") über den Nordatlantik erreichen will, soll mit TPP ("Trans Pacific Partnership") in Fernost gelingen. Dreh- und Angelpunkt beider Freihandelsabkommen sind die USA, die zu den treibenden Kräften dieser Abkommen gehören. China und die ASEAN-Staaten der Association of South-East Asian Nations arbeiten als Gegenpol an RCEP ("Regional Comprehensive Economic Partnership") und der FTAAP ("Free Trade Area of the Asia-Pacific").

Während bei den von den USA lancierten Freihandelszonen die BRICS-Staaten außen vor bleiben, weil der geplante Freihandel sowohl China als auch Russland ausschließen soll, sitzen bei TTP neben den USA die folgenden Staaten am Tisch: Australien, Mexico, Neuseeland, Singapur, Chile, Malaysia, Peru, Vietnam, Brunei und seit 2013 auch Japan.

Die USA hegten die Hoffnung, auf dem letzten Jahrestreffen der Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) in Beijing im November dieses Jahres ihrem TPP-Konzept zum Durchbruch zu verhelfen. Aber sie zogen gegenüber der chinesischen FTAAP-Roadmap den Kürzeren - und so wurde dort die Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Entwicklung einer Free Trade Area of the Asia-Pacific (FTAAP) beschlossen, die in zwei Jahren vorliegen soll.

Unter dem gleichen Kürzel geistert schon seit 2006 ein Free Trade Agreement for the Asia-Pacific durch die Lande, das ebenfalls von China gefördert wird. Daneben laufen seit gut zwei Jahren die Verhandlungen über die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) weiter. RCEP umfasst neben den zehn ASEAN-Mitgliedern auch die Länder Australien, China, Indien, Japan, Neuseeland und Südkorea (ASEAN+6). Die USA sind ebenso wenig Teil der RCEP-Verhandlungen wie die EU. Firmen aus Europa und Nordamerika könnten jedoch von der asiatischen Freihandelszone profitieren, wenn sie dort über Tochterfirmen verfügen.

Die Schlappe für TPP gegenüber FTAAP war für die USA (deren Präsident die APEC-Jahresversammlung 2013 auf Bali mit seiner Abwesenheit düpiert hatte) in mehrfacher Hinsicht bitter: Einerseits waren die chinesischen Vorstellungen einer Freihandelszone offensichtlich attraktiver als TPP - und andererseits ist Russland Mitglied bei APEC. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Sanktionsstrategie gegen Russland ist es schwer vorstellbar, dass die USA sich mit FTAAP in einer Freihandelszone mit Russland wiederfinden wollen. Auf der anderen Seite stellen die 21 APEC-Mitgliedsstaaten einen gewaltigen Markt dar, denn dort lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung.

22. APEC-Wirtschaftsführertreffen. Foto: APEC

China hat mit den ASEAN-Staaten ein Rahmenabkommen, das unter den Bezeichnungen China-ASEAN FTA oder CAFTA läuft (aber nichts mit der gleichnamigen Zentralamerikanischen Freihandelszone zu tun hat). Es wurde 2002 unterzeichnet und anschließend sukzessive erweitert. Inzwischen umfasst es neben dem Warenhandel die Bereiche Dienstleistungen und Investitionen.

Zu Beginn des freien Warenverkehrs waren vor allem die Bauern in den ASEAN-Staaten von der neuen Freizügigkeit wenig begeistert, weil sehr preiswerte chinesische Agrarprodukte auf die Märkte Südostasiens drängten und den Anbau dort in manchen Segmenten nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll erscheinen ließen. Inzwischen scheint sich der Handel zwischen China und den ASEAN-Staaten jedoch erfolgreich etabliert zu haben und soll im vergangenen Jahr ein Volumen von 346,6 Milliarden US$ erreicht haben - bei einem jährlichen Wachstum von 7,5 %.

Wem nutzen die Freihandelsabkommen?

Freihandelsabkommen präsentiert man zumeist als Handelserleichterungen zwischen den beteiligten Staaten. Tatsächlich werden sie jedoch vor allem deshalb abgeschlossen, um den Handel innerhalb multinationaler Konzerne zu erleichtern, weil unterschiedliche Vorschriften in den einzelnen Ländern für diese Unternehmen zu einem erhöhten Abstimmungsaufwand führen.

Auch beim China-ASEAN FTA waren die dortigen Konzerne die treibende Kraft. Für mittelständische Unternehmen ergibt sich aufgrund der erhöhten Dokumentations- und Nachweispflicht meist ein erheblicher Mehraufwand beim Export in Länder, mit denen ein Freihandelsabkommen besteht. Denn nur wenn die geforderten Nachweise erbracht wurden und dokumentiert sind, lassen sich die Zollvorteile des Freihandelsabkommens nutzen.

Am Beispiel des im Jahre 2011 vorläufig eingeführten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Südkorea (EU-Korea FTA) hat sich gezeigt, dass bei kleineren Exporteuren der zusätzliche Aufwand so groß wurde, dass sich der Export nicht mehr lohnte. Der wirtschaftliche Nutzen durch entfallene Einfuhrzölle wäre nur dem koreanischen Importeur zugefallen. Das nur vorläufig EU-Korea FTA birgt übrigens einen Hinweis auf die mögliche Entwicklung von CETA und TTIP: Ein Freihandelsabkommen muss nämlich nicht von beiden Seiten ratifiziert sein, um etabliert zu werden.

Freihandelsabkommen sind zudem in der Regel keine abgeschlossenen und fixen Systeme, sondern werden immer wieder neu verhandelt und überarbeitet. So laufen derzeit neue Verhandlungen für eine Überarbeitung von CAFTA. Welche Änderungen sich bei der Überarbeitung ergeben, lässt sich nicht vorhersagen und hängt von den jeweiligen Verhandlungspartnern und deren Positionen ab. Nur wer diese Verhandlungen kontinuierlich verfolgen und begleiten kann, hat auch eine Chance entsprechenden Nutzen daraus zu ziehen. Und was bei einer Verhandlungsrunde erfolgreich aus der Verhandlungsmasse geboxt wurde, kann in der nächsten Runde plötzlich wieder hineinkommen.

Wenn die deutsche Bundesregierung jetzt davor warnt, dass Deutschland den wirtschaftlichen Anschluss verlieren würde, wenn TTIP nicht möglichst schnell unterzeichnet würde (und dabei auf das von den USA angestoßene TPP verweist), dann ist sie entweder ziemlich schlecht über die aktuelle Entwicklung informiert - oder man hofft in Berlin, dass die Nachrichten vom APEC-Gipfel in Beijing in Deutschland nicht gelesen werden.

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