"Kiffen für die Schwarze Null"

Der Grünen-Abgeordnete Dieter Janecek rechnet vor, wie man mit einer Legalisierung von Cannabis den Staatshaushalt sanieren könnte

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Seit der Wahlniederlage im Herbst 2013 versuchen die deutschen Grünen das Image der Verbotspartei abzuschütteln. Nun unternimmt ein Grünen-Politiker den ersten praktischen Schritt in diese Richtung: Der Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek rechnet in der Bild-Zeitung vor, wie man mit einer Legalisierung von Cannabis den Staatshaushalt sanieren könnte.

Dabei geht er von Schätzungen aus, nach denen die Zahl der regelmäßigen Cannabis-Konsumenten unter den gut 80 Millionen Einwohnern der Bundesrepublik bei etwa 2,5 Millionen liegen könnte. Wenn diese 2,5 Millionen durchschnittlich 20 Gramm Cannabis monatlich konsumieren, dann ergibt sich daraus ein jährlicher Gesamtverbrauch von 600 Tonnen. Die vom Focus und von anderen Medien abgeschriebene Angabe der Bild-Zeitung, es wären 6.000 Tonnen, stammt nach Auskunft des Büros von Dieter Janecek nicht von ihm, sondern ist wahrscheinlich ein Tippfehler.

Auf dem Schwarzmarkt kostet ein Gramm Cannabis aktuell etwa sechs Euro. Errechnet man aus diesem Preis und aus dem Gesamtverbrauch eine Steuer in Höhe von 50 Prozent, dann ergeben sich daraus theoretische Einnahmen von 1,8 Milliarden Euro, die ein wesentlicher Beitrag zur Sicherstellung der Bundes- und Länderhaushalte ohne Neuverschuldung sein könnten, weshalb der Grünen-Politiker von "Kiffen für die schwarze Null" spricht.

Ob diese theoretischen Einnahmen auch den praktischen entsprechen würden, hängt von mehreren Faktoren ab: Der durchschnittliche Verbrauch von 20 Gramm im Monat wirkt eher großzügig angesetzt, dafür dürften zu den 2,5 Millionen Dauerkonsumenten noch zahlreiche Bürger dazukommen, die Marihuana eher gelegentlich rauchen. Herausrechnen müsste man dagegen wahrscheinlich die minderjährigen Konsumenten, denen der Kauf von Marihuana auch in denjenigen US-Bundesstaaten verboten ist, die die Substanz nach Volksabstimmungen legalisierten.

Dieter Janecek. Foto: Gerd Seidel. Lizenz: CC BY-SA 3.0/de.

Eine größere Unwägbarkeit könnte der Preis sein: Wird eine Ware legalisiert, dann sinkt deren Preis potenziell, weil das Angebot steigt. Das liegt daran, dass dann auch Anbieter auf den Markt drängen, die vorher aufgrund des Risikos einer Strafe fernblieben. Zudem dürften nicht alle Anbieter einer Ware die Steuern darauf sauber deklarieren, wie dies aktuell beispielsweise bei Zigaretten der Fall ist, die vor allem in Großstädten und im Grenzgebiet nach Osteuropa häufig "schwarz" verkauft werden.

Dafür gibt es wahrscheinlich zahlreiche ältere und gutsituierte Konsumenten, denen Sicherheit und Bequemlichkeit etwas wert sind. Das zeigt beispielsweise der Erfolg von Streaming-Diensten wie Netflix, die etwas anbieten, was man über Sharehoster auch umsonst beziehen könnte. Zahlen solche Konsumenten für diese Sicherheit und Bequemlichkeit in der Apotheke nebenan einen deutlich höheren als den Cannabis-Schwarzmarktpreis, würde dies auch zu entsprechend mehr Steuereinnahmen führen.

Sicherer als die Einnahmen aus einer Verkaufssteuer auf Cannabis wären die Einsparungen bei Polizei und Justiz, die ebenfalls bei knapp zwei Milliarden liegen sollen. Allerdings handelt es hier nur um theoretische Einnahmen, weil die hier eingesparten Ressourcen wahrscheinlich sofort in andere Abteilungen fließen, in denen Richter und Beamte überlastet sind, weshalb fraglich ist, ob es überhaupt zu einem Stellenabbau kommt.

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