Smart Cities - Städte der Zukunft?

Mehr Technik soll das Leben leichter machen

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Wenn es nach den Vorstellungen der Industrie geht, könnte das Leben künftig viel komfortabler werden, weil die Technik dem Menschen immer mehr Arbeit und immer mehr Entscheidungen abnimmt. Es werden dem Nutzer gezielt Lösungen angeboten, von welchen angenommen wird, dass sie in seinem Interesse sind.

Bei Smartphones und Tablets sowie im Automobil konnte sich die sogenannte intelligente Technik aufgrund des gefühlten Komfortgewinns in den letzten Jahren durchsetzen, weil die Nutzer in der neuen Technik zumeist nur Vorteile sahen. So steigert die elektronische Assistenz im Auto das Sicherheitsgefühl des Fahrers. Auch die Implementierung von eCall ab 2015 wird offensichtlich von der Mehrheit der Automobilisten als positives Feature akzeptiert. Selbst die Auswertung des Fahrverhaltens im Interesse der Risikominimierung und der nachfolgenden Versicherungsprämienoptimierung scheint auf positives Interesse zu stoßen, weil man wohl hofft, damit Geld sparen zu können.

Deutlich gemächlicher verläuft die Entwicklung im Smart Home. Dies mag damit zu tun haben, dass im Bestandsbau heute die energetische Optimierung im Vordergrund steht und die Komfortsteigerung daher eher nachrangig behandelt wird. Da sich die Hausautomatisierung im Smart Home weitgehend auf eine Komfortoptimierung fokussiert, hat sie auch im Neubau bei seinem üblicherweise nur begrenzte verfügbaren Budget derzeit nur geringe Chancen für eine flächendeckende Verbreitung. Somit erscheint es nur konsequent, wenn der Schwerpunkt fürs Erste eher auf den Bereich der Infrastrukturmaßnahmen gelegt wird. Bei der Infrastruktur hat der Nutzer nur sehr begrenzt Einfluss auf die Entscheidungen - auch wenn er letztlich für die Kosten aufkommen darf.

Investitionen in die technische Infrastruktur machen sich dort am schnellsten bezahlt, wo viele Kunden auf kleinem Raum bedient werden können. Städte bieten damit deutlich mehr Potential als nur dünn besiedelte ländliche Regionen. Da die Idee der modernen, intelligenten Stadt heute davon ausgeht, dass die Mehrheit der Bevölkerung künftig in den Stadtregionen angesiedelt ist, bündelt man die Initiativen zum Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur gerne in den Metropolregionen.

Nun hat Deutschland, das sich beim technischen Fortschritt gerne als Speerspitze der Entwicklung sieht, praktisch keine hochverdichteten Agglomerationen wie sie in Japan oder China üblich sind. Auch verfügt die Idee vom Leben auf dem Lande hier noch über eine gewisse Attraktivität, wie die zahlreichen Magazine für Landleben und -lust zeigen. Und so wird im politischen Umfeld immer wieder mantraartig betont, dass man den ländlichen Raum beim Gestalten der smarten Umwelt nicht vergessen dürfe. Betrachtet man jedoch die Verfügbarkeit von schnellen Internetzugängen auf dem Land, zeigen sich die Forderungen nach Berücksichtigung der Landbewohner beim Ausbau mit schnellen Netzen ganz schnell als reine Lippenbekenntnisse, die wohl in erster Linie der Ruhigstellung der betroffenen Bevölkerung geschuldet sind.

Die für die Entwicklung von Smart Cities wirklich attraktiven Agglomerationen befinden sich heute in Fernost. So wurde in einem Außenbezirk von Tokio mit Fujisawa SST unter der Federführung des japanischen Elektrokonzerns Panasonic eine smarte Modellstadt errichtet. Und auch die deutschen Elektrotechnik-Konzerne wie Bosch oder Siemens haben ihre aktuellen Pläne für eine Realisierung von Smart Cities meist in Fernost angesiedelt.

In Falle dieser beiden Unternehmen geht der Blick in die Volksrepublik China. Dort ist nicht nur die Technikbegeisterung deutlich größer als in Europa - auch die Entscheidungsprozesse laufen deutlich schneller ab als hierzulande. Sie sind offensichtlich weniger von umständlichen mehr oder weniger demokratisch geprägten Prozeduren und Einspruchsmöglichkeiten geprägt. Entschieden wird an der Spitze der Hierarchie - und die Untergebenen haben die Entscheidungen umzusetzen. Für die Einführung einer weitgehend neuen Infrastruktur scheint der chinesische Weg der effizienteste zu sein.

Kongress "Smart Cities - Intelligente Lösungen für das Leben in der Zukunft". Foto: VDE

Nun wünscht wohl kaum jemand die Übernahme chinesischer Strukturen in Europa -und so versucht man hierzulande die möglichen Kunden vom Nutzen intelligenter Städte zu überzeugen. Bislang sind die Vorstellungen von einer Smart City in Deutschland noch ziemlich diffus. Dies zeigte auch eine vom VDE zusammen mit dem Marktforschungsinstitut SMR durchgeführte repräsentative Umfrage:

Auf der Wunschliste der smarten Anwendungen ganz oben stand mit 74 % das Smart Metering, von welchem man sich die Möglichkeit verspricht, den Verbrauch von Strom, Gas oder Wasser intelligent zu steuern und damit Kosten zu sparen. Dass dies in der Praxis bei den bisher durchgeführten Feldversuchen weitgehend als Illusion entpuppt hat, ist beim Endanwender noch nicht angekommen.

Man setzt seine Hoffnungen zudem ein wenig unscharf auf eine Verbesserung der Sicherheit, mehr Ressourceneffizienz und eine höhere Lebensqualität. Dazu zählt offensichtlich auch eine vernetzte Steuerung von PV-Anlage, Energiespeicher und Heizung. Wenn es dann jedoch um die Fernüberwachung und die Fernsteuerung von Haustechnik und Haushaltsgeräten geht, ist die Zustimmung deutlich reduziert - und knapp zwei Drittel der Befragten wünschen sich definitiv keine Hausautomation mit Einbindung von Haushaltsgeräten. Der vor Jahren schon vorgestellte Kühlschrank, der automatisch online nachbestellt, was fehlt, hat auch heute noch keine Marktchance.

So entwickelt man derzeit bei den Möchtegern-Service-Providern Modelle, von denen man glaubt, dass sie dem angezielten Kunden Arbeit abnehmen und sich daher auch verkaufen lassen. Eines dieser Modelle beginnt beispielsweise bei einem Arztbesuch. Die Diagnose wird in das System eingegeben, die benötigten Medikamente werden danach online bestellt und frei Haus geliefert. Wenn die Diagnose auch zum Einhalten einer bestimmten Diät rät, werden entsprechende Kochrezepte vorgeschlagen und nach Auswahl die Zutaten beim Lieferservice in der passenden Menge bestellt. Dass die Zubereitung zuhause über eine Smartphone oder ein Tablet angezeigt und begleitet wird, versteht sich in diesem Zusammenhang von selbst. Was jedoch völlig ungeklärt ist, ist die Tatsache, ob persönliche Daten wie die ärztliche Diagnose in irgendeiner Weise geschützt werden und wie dieser Schutz umgesetzt werden soll.

Der Autor nahm auf Einladung des VDE am VDE-Kongress Smart Cities - Intelligente Lösungen für das Leben in der Zukunft in Frankfurt teil. Der VDE hat die Teilnahmegebühren für die Veranstaltung übernommen.

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