Ungarn: Unangekündigte "freiwillige" Drogentests

Um Drogenkriminalität zu bekämpfen, sollen Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren jährlich einen Drogentest absolvieren müssen. Vorgeschlagen wird auch, dass sich Politiker und Journalisten einem Test unterziehen

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Aus Ungarn, von der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz, stammt ein neuer Vorschlag zur Überwachung der Volksgesundheit: Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren sollen jährlich einen Drogentest absolvieren.

Die Idee zum Test stammt ursprünglich von einem Facebook-Eintrag des Fidesz-Parteisprechers und Budapester Bezirksbürgermeisters Máté Kocsis, bekam aber am vergangenen Montag politisches Gewicht, als der Fidesz-Fraktionschef Antal Rogan erklärte, dass die Fraktion den Vorschlag unterstütze.

Fidesz hält zusammen mit der Christlich-Demokratischen Volkspartei KDNP nach den Wahlen Anfang April dieses Jahres eine knappe Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament. Damit hätte man genug politische Macht, um ein entsprechendes Gesetz durchzusetzen. Doch machte sich Opposition gegen den Vorschlag bemerkbar, zumal er dann auch Tests für Politiker und Journalisten umfassen sollte - im Namen des Kampfes gegen und des Schutzes vor Drogenkriminalität und organisiertes Verbrechen. Fidesz-Fraktionschef Rogan teilte mit, dass man noch "rechtlich prüfen werde, ob diese Berufsgruppen in das Gesetz einbezogen werden können".

Gestern berichtete die regierungskritische, deutschprachige Zeitung Pester Lloyd von Modifikationen. Rogan habe erklärt, dass die Drogentests an Jugendlichen freiwillig sein sollten. Die Erlaubnis der Eltern sei dazu notwendig. Das Ergebnis würden auch nur die Eltern und der Arzt erhalten.

Allerdings würden die Tests unangekündigt durchgeführt, um ein "realistisches Ergebnis" zu erhalten. Was den Vorschlag der Drogentests bei Politikern und Journalisten betrifft, so hole man sich noch Rat beim "Justizminister und beim Datenschutzamt". Obwohl die Tests damit teurer werden, soll auch auf den Konsum von Designerdrogen getestet werden.

Einwände, wonach das Gesetz gegen Verfassungsgrundsätze oder gegen internationale Menschenrechtsabkommen verstoßen könnte, begegnete der Fideszpolitiker nach Informationen von Pester Lloyd mit dem Argument, dass die Sache sei im "nationalen Interesse" sei. Dazu ließ er demnach schon am Montag verstehen, dass derjenige, der "gegen die Tests sei, für Drogen sei". "Welche Eltern werden es wagen, ihr Kind nicht testen zu lassen?", fragt sich wohl nicht nur der Kommentator des österreichischen Standard.

Der Gesetzesentwurf soll im Februar oder März 2015 eingebracht werden. Falls nicht doch darüber eine Diskussion in Ungarn entsteht, die Fidesz davon abrücken läßt.