Keine Waffen nach Syrien

Johannes X., der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochia, kritisiert die Fixierung des Westen auf eine militärische Lösung in Syrien

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Der Westen ist entschlossen, den Kampf gegen den Islamischen Staat vor allem militärisch zu führen. Ob es andere Möglichkeiten geben könnte, wird gar nicht diskutiert. Gegen das Böse, das die islamistischen Kopfabschneider darstellen, ist Gewalt alternativenlos. Die hat den Vorteil, dass eine einfache Lösung präsentiert wird, die Vernichtung des Feinds, was dann geschieht, kann ja später angegangen werden. Zudem steigern Kriege das BIP und sind eine Förderung der privaten Rüstungswirtschaft, sichern also Arbeitsplätze.

Immer mehr Soldaten werden also als "Berater" in den Irak geschickt, während angeblich "gemäßigte" Kämpfer in Syrien ausgebildet und mit Waffen ausgestattet werden, um als Bodentruppen die Luftschläge zu ergänzen. Derweil lässt man das Assad-Regime weiter seinen Terrorkrieg führen und übersieht auch im Irak Menschenrechtsverletzungen. Mit Waffenlieferungen werden die Peschmerga-Milizen der irakischen Kurden und die irakische Armee versorgt, obgleich der Islamische Staat bereits schwere Waffen erbeutet hat und sich vermutlich auch über das korrupte irakische Militär, neue westliche Waffen gegen Geld besorgen kann.

Man pumpt also weiter Waffen in die Region, in der es schon mehr als genug gibt und in der bereits ein Regime-Change-Krieg zu einem Antiterrorkrieg wurde, der als Ergebnis die ganze Region instabil und zum Pulverfass werden lässt. Jetzt äußert auch einmal ein Syrer, unverdächtig jeder Beziehung zum Islamismus, Kritik am Vorgehen des Westens. Johannes X., der griechisch-orthodoxe Patriarch von Antiochia und dem gesamten Osten, fordert die USA und andere ausländische Mächte auf, keine Gruppen von Kämpfern in Syrien zu finanzieren und mit Waffen auszustatten, weil so das Land und die Region keine Chance haben, zu einer friedlichen Lösung zu kommen.

Bild: antiochpatriarchate.org

Wenn man den Christen helfen wolle, müsse eine friedliche Lösung für Syrien und die Region gefunden werden, sagte er Al-Monitor bei einem Interview, als er sich letzte Woche in den USA aufhielt, wo er auch mit Vertretern der Vereinten Nationen sprach. Man müsse die andern Religionen anerkennen, in diesem Geist würde man mit den Muslimen leben, anerkennen müsse man auch die syrische Selbstbestimmung.

Johannes X. sagte, es gebe 2 Millionen Christen in Syrien. Die Kirche würde versuchen, nicht zwischen Muslimen und Christen zu unterscheiden, wenn es um die Verteilung von Hilfsgeldern und Spenden geht. Man warte darauf, dass die Regierungen der Welt eine friedliche Lösung finden, eine "Lösung durch Dialog":

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Wir glauben nicht, dass die Lösung darin besteht, Kriegsschiffe oder Schiffe zu schicken, um uns wegzubringen. … Wenn ihr uns Christen helfen wollt, uns als Christen schützen wollt, dann müsst ihr eine friedliche Lösung für Syrien und den Mittleren Osten finden. Ihr könnt nicht nur mich schützen, wenn es meinen Nachbarn nicht gut geht.

Von der Ausbildung und der Aufrüstung der Rebellen hält der Geistliche nichts. Er beklagt auch, dass der Metropolit von Aleppo und ein orthodoxer Bischof letztes Jahr entführt wurden, aber die internationale Gemeinschaft dazu schweige und keine Informationen weitergebe. Offensichtlich ist er enttäuscht und hofft darauf, dass es doch noch Regierungen oder Institutionen gibt, die wirklich eine Lösung finden wollen und nicht nur ihre jeweiligen geopolitischen Interessen verfolgen, was er aber, diplomatisch, natürlich nicht explizit sagt.