Gutachten empfiehlt Abschaffung des Rundfunkbeitrags

Experten des Bundesfinanzministeriums schlagen eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Fernsehens vor

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Im Oktober 2014 lieferte der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums der Finanzen ein Gutachten zu "Aufgaben und Finanzierung" der öffentlich-rechtlichen Medien ab, das vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit gelangte. In den 44-seitigen Papier konstatieren die 32 Professoren unter anderem, dass die "technischen Gründe, mit denen einst das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerechtfertigt wurde", heute "weitgehend verblasst" sind und dass es "angesichts der technischen Entwicklung [….] kaum noch Gründe [gibt], warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt".

Nach Ansicht des Beirats sollten die ARD- und ZDF-Sender deshalb grundlegend reformiert werden. Konkret macht er dazu vier Vorschläge: Erstens sollten öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft nur mehr in Bereichen aktiv werden, in denen "das privatwirtschaftliche Angebot klare Defizite aufweist" und "Lücken im Programmspektrum füllen". Zweitens sollten sie keine Werbung mehr ausstrahlen, da diese "Fehlanreize der Programmgestaltung" setzt, was besonders gut beim Schlager-, Soap- und Schmonzetten-Spartensender Das Erste sichtbar wird.

Drittens empfiehlt der Beirat eine Abschaffung des wie eine Wohnungssteuer gestalteten Rundfunkbeitrags und eine Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt oder eine "moderne Nutzungsgebühr", die Sender wie Sky, Netflix oder HBO inzwischen etabliert haben. Solche Subskriptionsmodelle "geben den Konsumenten eine Exit-Option und übermitteln so wichtige Signale über Konsumentenpräferenzen an die Sender". Auf dieser Weise könnten sie dem Gutachten zufolge für Wettbewerb innerhalb der öffentlich-rechtlichen Sender sorgen.

Und viertens sollten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genau offenlegen, wofür sie die ihre Mittel verwenden. Dazu schlagen die Experten eine "Publikationspflicht von standardisierten Kenngrößen" vor, die für mehr Transparenz und mehr Kosteneffizienz sorgen soll.

In einer Verbesserung der Kosteneffizienz sehen die Wissenschaftler viel Potenzial: In einem Weltvergleich kommen sie nämlich zum Ergebnis, dass die Ausgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland mit 94 Euro pro Kopf sehr viel höher sind als anderswo: In Neuseeland liegen sie beispielsweise bei 16, in Japan bei 50 und in Österreich bei 70 Euro. Nur im Ölkönigreich Norwegen und in der viersprachigen Schweiz gibt man pro Einwohner noch mehr Geld für öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radioangebote aus.

Dass die im Gutachten gemachten Vorschläge umgesetzt werden, ist nicht zu erwarten: Das liegt zu einen daran, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland nicht in den Händen des Bundesfinanzministers, sondern im Kompetenzbereich der Länder liegt. Deren Politiker müssen sich in Staatsverträgen einigen, weshalb grundlegende Reformen leicht von wenigen blockiert werden können. Hinzu kommt ein Näheverhältnis der Anstalten zu den Parteien, die die Sender über ihre Freundeskreise in den Aufsichtsgremien kontrollieren und nutzen können. Dieses Näheverhältnis sorgt für gegenseitige Abhängigkeiten - und damit potenziell dafür, dass nichts geschieht, was die derzeitigen Belegschaften von ARD und ZDF nicht wollen.

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