EU-Kommission widerspricht Bundeslandwirtschaftsminister

Ziel der TTIP-Verhandlungen ist angeblich die Ausdehnung des Europäischen Herkunftsschutzsystems auf die USA

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Am Wochenende sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, wenn man "die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen" wolle, dann könne man "nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen". Seiner Ansicht nach wäre es "unseren amerikanischen Handelspartnern schwer vermittelbar, dass sie keinen Tiroler Speck oder Holländischen Gouda zu uns exportieren dürften, wenn wir in Europa selbst den Schutz nicht konsequent durchsetzen".

Diese Äußerung sorgte für Kritik von Lebensmittelerzeugerverbänden, Verbraucherschutzorganisationen und anderen Politikern: Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter warnte beispielsweise vor Tiroler Speck aus Texas und der stellvertretende Linkspartei-Fraktionsvorsitzende Klaus Ernst vor Nürnberger Rostbratwürsten aus Kentucky. "Das", so Ernst, gehe "zulasten der Hersteller in Europa, die Spitzenqualität auf den Markt bringen."

Gestern schaltete sich die EU-Kommission in die Debatte ein und verlautbarte, man habe bei den bisherigen TTIP-Verhandlungen "nicht vereinbart […], dass der Schutz unserer geografischen Angaben in Europa vermindert wird". Dies sei auch nicht Ziel der Gespräche. Stattdessen wolle man das Europäische Herkunftsbezeichnungssystem auf die USA ausdehnen. Dann allerdings könnte das Fleisch für den Schwarzwälder Schinken tatsächlich aus Kentucky oder Texas kommen - so wie es heute häufig aus Niedersachsen kommt.

"Geschützte geografische Angabe" (g.g.A): Spreewaldgurken. Foto: Kungfuman. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Schmidt selbst ließ erklären, mit ihm werde es "keine Nürnberger Rostbratwurst made in Kentucky geben" und deshalb setze er sich dafür ein, "dass es weder Parmaschinken made in USA gibt, noch Feta-Käse aus Dänemark". Damit werde der Schutz von Herkunftskennzeichnung nicht verringert, sondern sogar verstärkt.

Aus dem Hinweis des Bundeslandwirtschaftsministers, er habe dem Spiegel nur darlegen wollen, dass die Amerikaner sich wundern, dass es in Europa drei verschiedene Abstufungen des Herkunftsschutzes gibt, lässt sich eine Möglichkeit ableiten, wie dies erreicht werden könnte: Dadurch, dass es statt der "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.), der "geschützten geografischen Angabe" (g.g.A) und der "garantiert traditionellen Spezialität" (g.t.S.) nur noch die g.U. als Herkunftsschutzinstrument gibt.

Bei dieser g.U. ist die komplette Produktion einer Spezialität in der namensgebenden Region vorgeschrieben. Deshalb müssten sich möglicherweise auch deutsche Schinkenhersteller andere Namen für ihre Produkte überlegen. Für eine Stellungnahme dazu war im Bundeslandwirtschaftsministerium gestern niemand erreichbar.

Vorher hatte das Ministerium die Medien daran erinnert, dass TTIP europäischen Lebensmittelerzeuger einen großen neuen Markt öffnen könne. Das gelte beispielsweise für Äpfel und bestimmte Käsesorten, die derzeit überhaupt nicht in die USA exportiert werden dürften. Auf andere Nahrungsmittel würden Zölle von bis zu 139 Prozent erhoben.

Allerdings beschränkt auch die EU Lebensmitteleinfuhren aus der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA, zu der die USA, Kanada und Mexiko gehören. Heimische Lebensmittelhersteller müssten deshalb im Falle eines Freihandelsabkommens damit rechnen, Marktanteile in Europa an billiger produzierende Konkurrenz jenseits des Atlantiks zu verlieren.

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