US-Regierung: Waffenlieferung für Ukraine?

Ein ukrainischer Offizier bei einer Waffendemonstration 2012; Bild: Equipment Demonstrations/CC BY 2.0

Nach einem Zeitungsbericht soll in der Regierung Obama ein Umdenken stattfinden. Zugleich erscheint ein Bericht von mehreren Think Tanks, der für eine Waffenlieferung in Höhe von mehreren Milliarden Dollar plädiert

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Nach dem Scheitern der Gespräche in Minsk, wo keine Seite Interesse an einem Waffenstillstand im Osten der Ukraine bekundet hat (Gespräch der "Kontaktgruppe" in Minsk ergebnislos), streut ein Bericht der New York Times neues Pulver in den Konflikt. Seine Hauptaussage lautet, dass sich die Bereitschaft in der US-Regierung erhöht, Waffen an die ukrainischen Streitkräfte zu liefern. Zugleich wird heute ein Bericht einiger bekannter Think Tanks veröffentlicht, der die militärische Unterstützung der ukrainischen Verbände in Höhe von mehreren Milliarden Dollar zum Thema hat.

Gemeinsam ist beiden Berichten ein Element, das auch im kürzlich ausgestrahlten CNN-Interview mit dem US-Präsidenten heraussticht: Es geht vor allem um den Gegenspieler Putin. Die konkreten Streitpunkte zwischen der Kiewer Regierung und den Separatisten im Osten der Ukraine sind nachrangig und werden gar nicht eigens behandelt.

Die Separatisten und Putin werden in eins, als ein Block, gesetzt - mit Putin als verantwortlichen Drahtzieher. Interessensunterschiede zwischen Putin und den Separatisten, dass diese auf eigene Interessen hin operieren, solche Feinheiten kommen nicht zur Sprache. Es geht - telegen - um den Kampf gegen Putin. Bemerkenswert ist, dass Obama im Interview mit dem CNN-Journalisten Fareed Zakaria explizit von einem Deal spricht, den die USA während der Maidan-Proteste ausgehandelt hätten, der zum Machtwechsel in Kiew im Februar 2014 geführt hat.

Noch hat sich Obama nicht zu einer Waffenlieferung an die ukrainischen Streitkräfte - was wohl auch die Milizen einschließt, die von rechten Kräften dominiert werden - entschlossen, berichtet die New York Times, deren Bericht aber dessenungeachtet Spekulationen in dieser Richtung Aufwind gibt. Im Laufe dieser Woche will Außenminister Kerry nach Kiew reisen und möglicherweise stellt er dort eine Waffenhilfe in Aussicht, suggeriert der Bericht, der anhand ungenannter informierter Quellen innerhalb der Regierung von einem Umdenken spricht. Bislang verweigerten die USA die Lieferung von Waffen und stellten lediglich Ausrüstung zur Verfügung, so die Zeitung.

Allerdings würden nun eine Reihe von Regierungsmitgliedern und Militärs für eine Lieferung von "Verteidigungswaffen" plädieren, die Regierung würde einen "neuen Blick auf die Frage werfen", heißt es. John Kerry sei "offen für eine Diskussion", der Vorsitzende des Generalstabs (Joint Chiefs of Staff), Martin E. Dempsey, ein Befürworter wie auch der ehemalige Nato-General Breedlove. Obamas Sicherheitsberaterin Susan E.Rice soll ihre bisherige Abwehrhaltung gegen die "lethal assistance" neu bedenken.

Das ist, wie unschwer zu erkennen, kein Bericht, der mit harten Fakten aufwartet, sondern ein Klima sondiert und eine gewisse Stimmung verstärkt. Zumal dem Eingangsteil mit den Korridorflüstereien dann der ausführliche Bericht über das Ukraine-Papier der Think Tanks Atlantic Council, Brookings-Institute, Center for a New American Security und Chicago Council in Global Affairs folgt. So gewinnt der Leser den Eindruck, dass deren Empfehlungen mit der Haltung im Weißen Haus und im Pentagon korrespondieren.

In der Verfasserliste des Think-Tank-Empfehlungspapiers tauchen Persönlichkeiten auf, die in der Nato (Ivo Daalder, James Stavridis), in der US-Regierung (Storbe Talbott) oder als US-Botschafter in der Ukraine (John Herbst, Stephen Pifer) eine Rolle gespielt haben oder denen, wie der früheren Vizeverteidigungsministerin Michele Flournoy, ein künftiges Ministeramt unter einer Präsidentin Hillary Clinton in Aussicht gestellt wird. Die Verfasser empfehlen den USA - und ihren Nato-Verbündeten - der Ukraine Waffen- und Ausstattungshilfe im Wert von jeweils einer Milliarde Dollar für 2015, 2016 und 2017 zu liefern. Empfohlen werden leichte Panzerabwehrwaffen, Aufklärungsdrohnen, gepanzerte Humvees und hochwertige Radargeräte.

Bemerkenswert ist das Argument, mit dem die Vorschläge begründet werden. Es läuft im Grunde auf eine schlichte erzieherische Maßnahme hinaus: Putin soll Schmerz fühlen ("inflict signficant costs"). Nur wenn der Kreml die Kosten für seine militärische Aktionen kenne, würde er sich für politische Lösungen öffnen, heißt es in dem Papier:

Der Westen muss die Abschreckungsmöglichkeiten der Ukraine verstärken, indem er das Risiko und die Kosten für Russland für eine neue große Offensive erhöht. Dazu braucht es direkte militärische Unterstützung in weit größerem Ausmaß, als dies bislang geschieht, eingeschlossen tödliche Verteidigungswaffen.