Mission impossible: Merkel und Hollande auf Friedensmission

Ohne die USA, an die sich aber die ukrainische Regierung anlehnt, versuchen Deutschland und Frankreich die Eskalation zu stoppen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.
Das sieht hoffnungsvoll aus, aber die Mission könnte nicht nur an Putin scheiern. Bild: president.gov.ua

Wohl nicht nur wegen des eskalierenden Konflikts in der Ostukraine, wo gerade die Separatisten Erfolge zu erzielen scheinen, sondern auch zur Einstimmung auf die Sicherheitskonferenz ist US-Außenminister Kerry gestern noch nach Kiew gereist. Auch Merkel und Hollande fuhren noch schnell nach Kiew und heute weiter nach Moskau, um einen neuen Vorschlag zur friedlichen Lösung zu erarbeiten, genannt: "diplomatische Offensive". In Moskau hat Putin deswegen den Sicherheitsrat einberufen. Die Ukraine könnte verhandlungsbereit sein, weil die Pleite näher rückt. Und Russland leidet auch wirtschaftlich.

Während in den USA die Stimmen lauter werden, Waffen an die Ukraine zu liefern, und auch der ukrainische Poroschenko dazu aufruft, widersetzen sich Deutschland und Frankreich dem Ansinnen und wollen stattdessen noch einmal einen anderen Weg als den offen militärischen suchen - offenbar unabhängig von der USA, was auch darauf hinweist, dass es in der transatlantischen Achse, die durch den Russland-Konflikt zusammengeschweißt wurde, durchaus Unstimmigkeiten gibt. Zwar schloss auch US-Vizepräsident Biden vorerst Waffenlieferungen aus, man will schließlich nicht direkt in die Kämpfe verwickelt werden und letztendlich in einem Krieg mit Russland landen, drückt aber weiter darauf, neue Sanktionen zu verhängen und Russland zurückzudrängen.

Während Poroschenko wieder einmal darüber nachdenkt, den Kriegszustand auszurufen, was aber schlecht für die Wirtschaft und Investoren sowie für Bürgerrechte und Demokratie wäre, fordert Kerry in alter einseitiger Manier nur Russland und die Separatisten auf, den Waffenstillstand einzuhalten und die schweren Waffen zurückzuziehen. Moskau spielt allerdings das Spiel der Eskalation mit, wenn man im Außenministerium mal wieder laut über eine "Friedensmission" nachdenkt, also über die offizielle Entsendung von Truppen in die Ostukraine.

Deutlich wird, dass Poroschenko vor allem auf die Hilfe der US-Regierung setzt, die den Konflikt über die Ukraine mit Russland schon länger strategisch vorantreibt. So sagte Poroschenko nicht nur, dass die USA die treibende Kraft der transatlantischen Gemeinschaft seien, um der Ukraine zu helfen, eine friedliche Lösung zu finden, sondern er übte auch Druck aus: "Diese Zeiten sind eine Zeit des Tests für die strategische Partnerschaft zwischen der Ukraine und den USA."

Merkel und Hollande, die einen Text in der Tasche haben sollen, werden es also nicht nur mit Putin, sondern auch mit Poroschenko schwer haben, der sich auf die amerikanische Unterstützung verlässt. Zweifellos sind Verhandlungen und Abkommen zwischen Moskau und Kiew wichtig, viel wichtiger wären aber Verhandlungen zwischen den Separatisten und Kiew. Man kann davon ausgehen, dass Moskau die Separatisten bis zu einem gewissem Grad beeinflussen kann, wie das auch die westlichen Staaten mit Kiew machen können, aber dass die Extremisten in der Ost- und Westukraine sitzen. Über deren Köpfe hinweg wird man keine Lösung zustandebringen, was aber auch hieße, endlich anzuerkennen, dass der Ukraine-Konflikt wesentlich ein Bürgerkrieg ist, der jetzt vor allem von Milizen auf beiden Seiten auf Kosten der Zivilbevölkerung geführt wird.

Es war ein großer Fehler des Westens, es zuzulassen, dass Kiew die aufflammenden Proteste in der Ostukraine mit der Ausrufung der "Antiterroroperation" und damit mit militärischer Gewalt unterdrücken wollte. Jetzt wäre höchste Zeit, den Fehler zu korrigieren, die Falken in der Westukraine einfach laufen zu lassen. Ohne direkte Verhandlungen mit den Separatisten und ohne Zusicherung großer Autonomie und Amnestie wird man keine friedliche Lösung finden, schon seit einiger Zeit breiten sich Terroranschläge aus, die zunehmen werden, wenn es eine gewaltsame Lösung geben sollte. Und Russland wird die Grenze nicht abriegeln, wenn es keine Autonomie der "Volksrepubliken" gibt. Wahrscheinlich wäre die Einrichtung einer unabhängigen "Wahrheitskommission" ein wichtiger Schritt - sobald ein wirksamer Waffenstillstand mit einem Rückzug der schweren Waffen garantiert ist.

Das Treffen mit Poroschenko dürfte keine großen Resultate erbracht haben. Poroschenko äußerte vorsichtigen Optimismus im Hinblick auf einen Waffenstillstand, in der Mitteilung seiner Behörde ist aber nur die Rede vom Einhalten des Minsker Abkommens, das aber nur noch Papier ist. Merkel und Hollande haben Waffenlieferungen an die Ukraine strikt ausgeschlossen. Vorgesehen ist offenbar, ein Abkommen zustande zu bringen, einen ausgearbeiteten Text sollen Hollande und Merkel auf ihrer "mission impossible" dabei haben. Eine europäische Initiative ist bekanntlich baden gegangen, als die mit den Oppositionsparteien und dem damaligen Präsidenten Janukowitsch ausgehandelte Übergangslösung von der Maidan-Bewegung einfach beiseite gewischt wurde. Die damals möglicherweise erzielte friedliche Lösung hätte vielleicht den Krieg verhindert.