François Hollande: Treffen in Minsk ist letzte Chance

Putin akzeptiert Treffen unter Bedingungen

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Bringt die "Mission impossible" von Merkel und Hollande (Mission impossible: Merkel und Hollande auf Friedensmission) doch einen, zumindest zeitweiligen, Erfolg? Der russische Präsident Putin ließ in seinen gestrigen Äußerungen erkennen, dass er einem Treffen, wie es im letzten Jahr bereits in der Normandie stattgefunden hat, zwischen Poroschenko, Hollande, Merkel und ihm - ohne amerikanische Vertreter, dies ist das Kennzeichnende - eine "gewisse Aussicht" bemisst. Es könnte zu einem solchen Treffen am kommenden Mittwoch in Minsk kommen, wenn bis dahin Absprachen zu "intensiv diskutierten wichtigen Punkten" verabredet werden.

Die Spannungen, die sich am Ukraine-Konflikt hochschrauben, wurden auf der Münchner Sicherheitskonferenz nicht heruntergefahren. Besucher sprachen von einem sehr gereiztem Klima ("Wie im Vorfeld des Irak-Kriegs", François Heisbourg, IISS- Präsident), das wenig Hoffnung für eine Deeskalation des Konflikts verbreitete; die jeweiligen Lager-Positionen sind festgefahren. Der französische Präsident sprach davon, dass die Minsker Gespräche eine letzte Chance wären, um einen Krieg zu verhindern. Sein Außenminister, Laurent Fabius, und sein Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, bekräftigten in ihren Äußerungen, die von der russischen Nachrichtenagentur Tass wiedergegeben wurden: Eine militärische Lösung sei unmöglich.

Aber wie sehen die Vorschläge zur Deeskalierung aus? Konkret umrissene, spruchreife Vorschläge sind nicht bekannt. Nach bisherigen Informationen soll ein entmilitarisierte Gebiet im Osten eingerichtet werden, deren Demarkationslinie, den neuen Realitäten angepasst, ein größeres Gebiet der Separatisten umfassen als im September, als das Minsker Waffenstillstands-Abkommen ausgehandelt wurde.

Ist der Verlauf einer solchen Linie schon schwer zu verhandeln, so gibt es auch beim anderen neuralgischen Punkt, dem verwaltungstechnischen Status der Region im Osten der Ukraine, große Hindernisse, weil es hier um das bedeutungsschwere Konzept der Integrität der Ukaine geht. Bekanntlich weigert sich Kiew, auch nur mit den Separatisten, die man als Terroristen begreift, in direkte Verhandlungen zu treten. Autonomie ist nicht verhandelbar, so die bisher unverrückbare Position der Regierung.

Selbst wenn sich Poroschenko - falls es überhaupt zu einem Minsker Treffen kommt - im "Normandie-Format" flexibler zeigt, bleibt noch immer die Frage, wie viel Deckung für entgegenkommende Zusagen in Fragen des Verlaufs einer "Demarkationslinie" oder eines besonderen Status der Regionen in der Ostukraine (Laurent Fabius) von Regierungskollegen in Kiew bekommt, zum Beispiel vom politischen Lager um den Ministerpräsidenten Jazenjuk. Zugeständnisse an die Separatisten werden als Schwächung der Zentralregierung interpretiert, gegen diese Vorwürfe wird sich Poroschenko schwer tun. Zumal Putin kaum Garantien geben wird.

Er vertritt russische Interessen, die er mit der Option, dass die Sicherheitsinteressen der Bewohner der Ostukraine auch eine russische Angelegenheit sind. Dass er damit einigen Spielraum hat, haben sich Kiew und die ausländischen Unterstützer der Regierung selbst zu einem beträchtlichen Teil zuzuschreiben - die Anti-Terroroffensive war ein grober politischer Fehler, der eine bürgerkriegsähnliche Entwicklung in Gang setzte. Putin kann Zusagen geben, was die russisch-ukrainische Grenze betrifft.

Sein Einfluss über die Kommandeure der separatistischen Kampfeinheiten ist aber wahrscheinlich begrenzter, als dies in manchen Berichten dargestellt wird. Auch auf der Seite der ukrainischen Armee und ihren Verbündeten, der Nationalgarde und diverser Freikorps ist keine eindeutige Kontrolle gegeben. So stellt sich die Frage, wer den lokalen Kriegsverbänden, die wie ihre Geldgeber ganz eigene politische Agenden verfolgen, Einhalt gebieten kann, vor allem, wenn sich auf dem Kriegsschauplatz eindeutige Machtverhältnisse herstellen lassen. Scheitern die beiden europäischen Regierungschefs, so wird es kaum mehr Widerstand gegen amerikanische Lösungen geben.